
Ein Forschungsteam des Southwest Research Institute (SwRI), der NASA und des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung hat netzähnliche Plasmastrukturen in der mittleren Korona der Sonne entdeckt. Die Forscher beschreiben ihre innovative neue Beobachtungsmethode, welche die mittlere Korona in ultravioletten Wellenlängen abbildet, in einer neuen Studie im Journal Nature Astronomy. Die Ergebnisse könnten zu neuen Erkenntnissen über den Ursprung des Sonnenwindes und dessen Interaktionen mit dem Rest des Sonnensystems führen.
Seit 1995 hat die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) die Sonnenkorona mit dem Large Angle and Spectrometric Coronagraph (LASCO) an Bord des Weltraumobservatoriums SOHO (Solar and Heliospheric Observatory) beobachtet, um das Weltraumwetter zu überwachen, das die Erde beeinflussen könnte. Aber LASCO hat eine Beobachtungslücke, die unseren Blick auf die mittlere Sonnenkorona verwehrt, wo der Sonnenwind seinen Ursprung hat.
„Wir kennen seit den 1950er Jahren die Abströmungen des Sonnenwinds. Während sich der Sonnenwind entwickelt, kann er Weltraumwetterphänomene verursachen und dann Stromnetze, Satelliten und Astronauten beeinflussen“, sagte der leitende Forscher vom SwRI, Dr. Dan Seaton, einer der Autoren der Studie. „Die Ursprünge des Sonnenwinds selbst und seine Struktur bleiben etwas rätselhaft. Obwohl wir ein grundlegendes Verständnis der Prozesse haben, hatten wir bislang keine Beobachtungen wie diese, daher mussten wir mit einer Informationslücke arbeiten.“
Um neue Möglichkeiten zur Beobachtung der Sonnenkorona zu finden, schlug Seaton vor, ein anderes Instrument – den Solar Ultraviolet Imager (SUVI) an Bord des GOES-Satelliten (Geostationary Operational Environmental Satellites) – auf jede Seite der Sonne zu richten, anstatt direkt zentral auf sie, und einen Monat lang UV-Beobachtungen zu machen. Was Seaton und seine Kollegen sahen, waren längliche, netzähnliche Plasmastrukturen in der mittleren Sonnenkorona. Wechselwirkungen innerhalb dieser Strukturen setzen gespeicherte magnetische Energie frei und schleudern Teilchen in den Weltraum.
„Niemand hatte überwacht, was die Sonnenkorona in der Höhe in dem Zeitraum im UV-Bereich tut. Wir hatten keine Ahnung, ob es funktionieren würde oder was wir sehen würden“, sagte er. „Die Ergebnisse waren sehr spannend. Erstmals haben wir hochqualitative Beobachtungen, die unsere Beobachtungen der Sonne und der Heliosphäre als ein einziges System vereinen.“
Seaton vermutet, dass diese Beobachtungen zu umfassenderen Einblicken und zu sogar noch spannenderen Entdeckungen von Missionen wie PUNCH (Polarimeter to Unify the Corona and Heliosphere) führen könnten. PUNCH ist eine NASA-Mission unter Leitung des SwRI, die abbilden wird, wie die äußere Sonnenkorona zum Sonnenwind wird.
„Jetzt wo wir uns die mittlere Korona der Sonne vorstellen können, können wir die PUNCH-Beobachtungen damit verbinden und ein vollständigeres Bild dessen bekommen, wie der Sonnenwind mit dem Rest des Sonnensystems interagiert“, sagte Seaton. „Vor diesen Beobachtungen glaubten nur sehr wenige Menschen, dass man die mittlere Korona bis in diese Distanzen im UV-Bereich beobachten kann. Diese Studien haben einen ganz neuen Ansatz zur Beobachtung der Korona in großen Maßstäben eröffnet.“
Die Studie mit dem Titel „Direct observations of a complex coronal web driving highly structured slow solar wind“ erschien im Journal Nature Astronomy.
(THK)
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