
Bei der Untersuchung von Wasserstoff-MASERn um den seltsamen Stern MWC 349A mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) entdeckten Wissenschaftler etwas Unerwartetes: einen bislang unbeobachteten Materiejet, der mit hoher Geschwindigkeit aus der Gasscheibe des Sterns schießt. Sie vermuten, dass der Jet durch starke magnetische Kräfte in der Umgebung des Sterns erzeugt wird. Die Entdeckung könnte Forschern helfen, die Natur und die Entwicklung massereicher Sterne zu verstehen und wie Wasserstoff-MASER im Weltraum gebildet werden. Die neuen Beobachtungen wurden am 9. Januar 2023 im Rahmen einer Pressekonferenz auf dem 241. Treffen der American Astronomical Society (AAS) in Seattle (Washington) vorgestellt.
MWC 349A liegt rund 3.900 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt in Richtung des Sternbildes Cygnus (Schwan) und besitzt einzigartige Merkmale, die ihn zu einem Hotspot für wissenschaftliche Forschung in optischen, infraroten und Radiowellenlängen machen. Der massereiche Stern (etwa 30 Sonnenmassen) ist eine der hellsten Radioquellen am Himmel und nur einer von einer Handvoll Objekte, von denen bekannt ist, dass sie Wasserstoff-MASER besitzen. Diese MASER verstärken Mikrowellenradioemissionen, was die Untersuchung von Prozessen leichter macht, die ansonsten zu klein für die Beobachtung wären. Es ist diese ungewöhnliche Eigenschaft, die Wissenschaftlern ermöglichte, die Scheibe von MWC 349A erstmals detailliert zu kartieren.
„Es ist ein Gebiet im Weltraum, das eine wirklich helle Form von Licht emittiert. Wir können dieses Licht sehen und zurückverfolgen, woher es stammt, was uns einen Schritt näher daran bringt herauszufinden, was dort wirklich passiert“, sagte Sirina Prasad, eine Studentin am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und Erstautorin der Studie.
Das Team machte sich das Auflösungsvermögen von ALMAs Band 6 zunutze, das vom National Radio Astronomy Observatory (NRAO) der US National Science Foundation entwickelt wurde. Die Forscher verwendeten die MASER, um die bisher unbeobachteten Strukturen in der direkten Umgebung des Sterns zu enthüllen.
Qizhou Zhang, ein Seniorastrophysiker am CfA und der leitende Wissenschaftler des Projekts, sagte: „Wir nutzten die von Wasserstoff erzeugten MASER, um die physikalischen und dynamischen Strukturen in dem Gas um MWC 349A zu untersuchen und enthüllten eine abgeflachte Gasscheibe mit einem Durchmesser von 50 Astronomischen Einheiten, was etwa der Größe des Sonnensystems entspricht und die fast horizontale Scheibenstruktur um den Stern bestätigt. Wir fanden auch eine sich schnell bewegende Jetkomponente, die in den Winden des Sterns verborgen ist.“
Der beobachtete Jet schleudert Materie mit einer Geschwindigkeit von 500 Kilometern pro Sekunde von dem Stern weg. Das entspricht der Distanz zwischen San Diego in Kalifornien und Phoenix in Arizona sprichwörtlich in einem Augenblick. Den Wissenschaftlern zufolge ist es wahrscheinlich, dass ein derart schneller Jet von einer magnetischen Kraft angetrieben wird. Im Fall von MWC 349A könnte die Kraft ein magnetohydrodynamischer Wind sein – eine Art Wind, dessen Bewegung von dem Wechselspiel zwischen dem Magnetfeld des Sterns und Gasen in seiner umgebenden Scheibe bestimmt wird.
„Unser bisheriges Verständnis von MWC 349A besagte, dass der Stern von einer rotierenden Scheibe und fotoerodierenden Winden umgeben ist. Starke Belege für einen zusätzlichen gebündelten Jet wurden in diesem System nicht festgestellt. Obwohl wir nicht sicher wissen, woher er stammt oder wie er erzeugt wird, könnte es sein, dass ein magnetohydrodynamischer Wind den Jet produziert. In diesem Fall wäre das Magnetfeld für das Fortkatapultieren von rotierender Materie aus dem System verantwortlich“, sagte Prasad. „Das könnte uns helfen, die Scheiben-Wind-Dynamiken von MWC 349A und das Wechselspiel zwischen zirkumstellaren Scheiben, Winden und Jets in anderen Sternsystemen besser zu verstehen.“
(THK)
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