Neue Erkenntnisse über die Ursache des langen solaren Aktivitätsminimums

Die Sonne. (NASA/SOHO)
Die Sonne. (NASA/SOHO)

Die Sonne war in der letzten Zeit oft in den Nachrichten, weil sie damit beginnt, mehr Ausbrüche und Sonnenstürme zu entwickeln. Ihre kürzlichen Turbulenzen sind besonders erwähnenswert, weil die Sonne für eine ungewöhnlich lange Zeit sehr ruhig war. Astronomen fiel es schwer, das ausgedehnte Aktivitätsminimum der Sonne zu erklären. Neue Computersimulationen deuten darauf hin, dass die lange Ruheperiode der Sonne das Ergebnis aus sich verändernden Strömen heißen Plasmas in ihrem Inneren war.

“Die Sonne enthält riesige Plasmaströme, vergleichbar mit den Meeresströmungen auf der Erde”, sagt Andrés Muñoz-Jaramillo, ein Gastwissenschaftler am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA). “Diese Plasmaströme beeinflussen die solare Aktivität auf Wegen, die wir gerade erst anfangen zu verstehen.”

Die Sonne besteht aus dem vierten Materiezustand – Plasma, in dem negativ geladene Elektronen und positiv geladene Ionen frei fließen. Fließendes Plasma erzeugt Magnetfelder, die den Kern der solaren Aktivität wie Flares, Eruptionen und Sonnenflecken bilden.

Astronomen ist seit Jahrzehnten bekannt, dass die Sonnenaktivität mit einem durchschnittlich elf Jahre andauernden Zyklus ansteigt und abfällt. Bei ihrer höchsten Aktivität, dem Sonnenmaximum, sprenkeln dunkle Sonnenflecken die Oberfläche der Sonne und häufige Eruptionen schleudern Milliarden Tonnen heißen Plasmas in den Weltraum. Wenn das Plasma die Erde trifft, kann es Kommunikationswege und Elektrizitätswerke außer Kraft setzen und Satelliten beeinträchtigen.

Während des Sonnenminimus beruhigt sich die Sonne und Sonnenflecken sowie Eruptionen treten selten auf. Die Auswirkungen auf die Erde – wenn auch weniger dramatisch – sind dennoch signifikant. Zum Beispiel schrumpft die äußere Erdatmosphäre näher an die Oberfläche, was bedeutet, dass weniger Reibung auf umkreisenden Weltraummüll ausgeübt wird. Außerdem schwächt sich der Sonnenwind ab, der durch das Sonnensystem (und sein Magnetfeld) weht, wodurch mehr kosmische Strahlung aus dem interstellaren Raum uns auf der Erde erreichen kann.

Die letzte Sonnenminimum hatte eine ungewöhnlich große Anzahl von sonnenfleckenfreien Tagen: 780 Tage zwischen 2008 und 2010. In einem typischen Sonnenminimum ist die Sonne für rund 300 Tage frei von Sonnenflecken, was das letzte Sonnenminimum zum längsten seit 1913 macht.

“Das letzte Sonnenminumum hatte zwei Schlüsselmerkmale: eine lange Periode ohne Sonnenflecken und ein schwaches polares Magnetfeld”, erklärt Muñoz-Jaramillo. (Ein polares Magnetfeld ist das Magnetfeld an den Nord- und Südpolen der Sonne.) “Wir müssen beide Faktoren erklären, wenn wir das Sonnenminimum verstehen wollen.”

Muñoz-Jaramillo benutzte Computersimulationen, um das Problem zu untersuchen und das Verhalten der Sonne über 210 Aktivitätszyklen (rund 2.000 Jahre) nachzubilden. Er schaute besonders auf die Rolle der Plasmaströme, welche vom Sonnenäquator zu höheren Breiten zirkulieren. Diese Ströme fließen ähnlich wie Meeresströmungen auf der Erde: sie steigen am Äquator auf, fließen zu den Polen, sinken dort herab und fließen zurück zum Äquator. Bei einer typischen Geschwindigkeit von gut 60 Kilometern pro Stunde benötigen sie elf Jahre für einen Kreislauf.

Muñoz-Jaramillo und seine Kollegen entdeckten, dass die Plasmaströme der Sonne schneller und langsamer werden wie ein defektes Förderband. Sie fanden heraus, dass ein schnellerer Strom während der ersten Hälfte eines Zyklus, gefolgt von einem langsameren Strom während der zweiten Hälfte des Zyklus, zu einem erweiterten Sonnenminimum führen kann. Die Ursache der Beschleunigung und der Verlangsamung erzeugt wahrscheinlich ein kompliziertes Feedback zwischen dem Plasmafluss und den solaren Magnetfeldern.

“Es ist wie bei einer Produktionslinie – eine Verlangsamung bringt zusätzliche Zeit zwischen das Ende des letzten Sonnenzyklus und den Beginn des nächsten”, sagt Muñoz-Jaramillo.

Das ultimative Ziel solcher Studien ist es, die Stärke und den Zeitpunkt kommender Solarmaxima und Minima vorherzusagen. Die Wissenschaftler des Teams konzentrierten sich auf die Simulation von Solarminima und sagten, dass sie das nächste Sonnenminimum (welches für 2019 erwartet wird) noch nicht vorhersagen können.

“Wir können nicht voraussagen, wie sich diese Plasmaströme verändern werden”, erklärte Hauptautor Dibyendu Nandy vom Indian Institute of Science Education and Research in Kalkutta (Indien). “Stattdessen können wir die Auswirkungen vorhersagen, wenn wir erst einmal sehen, wie die Ströme sich verändern.”

Ihre Ergebnisse erscheinen in der Ausgabe vom 3. März des Journals Nature. Als Co-Autoren arbeiteten Muñoz-Jaramillo und Petrus Martens von der Montana State University und dem CfA an der Abhandlung.

Quelle: http://www.cfa.harvard.edu/news/2011/pr201107.html

(THK)

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