Gammastrahlungsausbrüche – auf englisch Gamma-Ray Bursts (GRBs) genannt – gehören zu den energiereichsten Ereignissen, die im Universum beobachtet werden können. Man unterscheidet dabei zwischen langen und kurzen GRBs, für deren Entstehung es mehrere Modelle gibt.
Heute nimmt man an, dass lange GRBs mit dem Tod eines massereichen Sterns einhergehen, der zu einem Schwarzen Loch kollabiert. Die einfallende Materie heizt sich beim Sturz in das Schwarze Loch extrem auf und es entstehen zwei Gasjets, die entlang der Rotationsachse ausgestoßen werden und die GRBs erzeugen. Derartige GRBs konnten schon direkt mit einer Supernova in Verbindung gebracht werden, was diese Theorie bestätigt. Weil die GRBs nur einen recht schmalen Öffnungswinkel besitzen und nicht in alle Richtungen gleichmäßig strahlen, kann auch nicht bei jeder Supernova ein begleitender GRB beobachtet werden. Das ist nur dann der Fall, wenn der Strahlungskegel des GRB direkt auf die Erde gerichtet ist, was logischerweise relativ selten vorkommt.
Die Entstehung der kurzen GRBs ist noch nicht vollständig geklärt, momentan werden verschiedene Szenarien in Betracht gezogen: Die Kollision zweier Neutronensterne, die Kollision eines Neutronensterns mit einem Schwarzen Loch und der Kollaps eines Weißen Zwergs, der seine Grenzmasse aufgrund der Ansammlung von Materie eines Begleitsterns überschritten hat.
Da GRBs nach der gängigen Meinung direkt mit dem Tod von Sternen oder Kollisionsprozessen von Sternleichen wie Neutronensternen in Zusammenhang stehen, kann ihre Häufigkeit auch Einblicke in die Entwicklung von ausgedehnten Sternentstehungsregionen geben. Bei der Datenauswertung stieß man allerdings auf eine Anomalie: Während die GRB-Rate und die Sternentstehungsrate in vergleichsweise nahen Galaxien in etwa übereinstimmte, zeigte sich bei der GRB-Rate ab einer Rotverschiebung von z > 6 ein deutlicher Anstieg. Die Rotverschiebung von Objekten wird zur Berechnung der ungefähren Entfernung benutzt – je höher die Rotverschiebung, desto weiter ist das Objekt entfernt. Da man mit zunehmender Distanz zugleich immer tiefer in die Vergangenheit des Universums blickt, ergibt sich daraus ein Problem: Die Sternentstehungsrate im frühen Universum war nicht so hoch wie die GRB-Rate, was bedeutet, dass diese GRBs mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht alle durch den Tod eines Sterns oder die Kollision von Sternleichen erzeugt wurden.
Ein Forschungsteam um Yu Wang und Da-Ming Wei vom Purple Mountain Observatory in Nanjing (China) hat sich eingehender mit diesem Sachverhalt auseinandergesetzt. Ihre Abhandlung konzentriert sich dabei auf einen anderen Ansatz zur Erklärung bestimmter GRBs. Manche Modelle sehen eine mögliche Ursache für diese hochenergetischen Strahlungsausbrüche in so genannten supraleitenden kosmischen Strings.
Supraleitende kosmische Strings (Superconducting Cosmic Strings, SCSs) sind bisher nur theoretische Konstrukte, deren Existenz noch nicht direkt nachgewiesen werden konnte. Sie ergeben sich aus bestimmten Formeln und Modellen, welche die Entstehung des Universums beschreiben. Demnach handelt es sich dabei um nahezu eindimensionale Defekte in der Topologie der Raumzeit. Sie könnten – theoretisch – durch den Symmetriebruch entstanden sein, als sich die vereinheitlichte Grundkraft in die heute bekannten Grundkräfte (Gravitation, elektromagnetische Kraft, schwache Kernkraft und starke Kernkraft) aufgespalten hat. Der Durchmesser dieser Objekte wäre extrem klein, etwa ein Trillionstel vom Durchmesser eines Wasserstoffatoms. Dagegen wäre ihre Masse und Länge immens groß. Verschiedene Abhandlungen lassen die Schlussfolgerung zu, dass sie auch wie gigantische supraleitende “Drähte” agieren und starke elektrische Ströme leiten könnten. Die Bewegung solcher Strukturen innerhalb von magnetisiertem Plasma würde die Emission elektromagnetischer Strahlung verursachen – beispielsweise GRBs.
Die Wissenschaftler untersuchten speziell den GRB 090423, der am 23. April 2009 von dem Swift-Satelliten registriert wurde. Man errechnete für das Objekt eine Rotverschiebung von z = 8,2, womit es zu den ältesten Objekten im beobachtbaren Universum gehört. Das Licht des GRB wurde emittiert, als das Universum gerade 630 Millionen Jahre alt war.
Um das beim GRB 090423 beobachtete Nachglühen im optischen, Radio-, und Röntgenspektrum zu erklären, muss der Öffnungswinkel des GRB einen Wert von etwa 0,2 rad betragen haben. Ein supraleitender kosmischer String hätte jedoch einen Öffnungswinkel, der um mehrere Größenordnungen kleiner gewesen wäre. Sie analysierten ebenfalls die Möglichkeit, dass der GRB zwar einen sehr weiten Öffnungswinkel besessen haben könnte, der Jet aber sehr strukturiert war. Auch dieser Erklärungsansatz deckte sich nicht mit der Analyse der Beobachtungen vom Nachglühen des GRB.
Daraus schlussfolgerten Wang und seine Kollegen, die Modelle, welche supraleitende kosmische Strings als Ursache von weit entfernten GRBs ansehen, nicht mit den vorliegenden Beobachtungsdaten in Einklang zu bringen sind. Allerdings könnte ein noch unbekannter Prozess die dabei ablaufenden physikalischen Vorgänge derart beeinflussen, so dass die heute verwendeten SCS-Modelle von nicht ganz korrekten Voraussetzungen ausgehen und supraleitende kosmische Strings als Ursache für GRBs nicht vollkommen ausgeschlossen werden dürfen.
Referenz: http://arxiv.org/abs/1105.5147: Are GRB 090423 and similar bursts due to Superconducting Cosmic Strings?
(THK)
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