
Wir schätzen Gold aus vielen Gründen: seiner Schönheit, seiner Verwendbarkeit als Schmuck und seiner Seltenheit wegen. Das Gold auf der Erde ist deshalb ungewöhnlich, weil es im Universum so selten vorkommt. Im Gegensatz zu Elementen wie Kohlenstoff oder Eisen kann es nicht innerhalb eines Sterns erschaffen werden. Stattdessen muss es durch ein katastrophaleres Ereignis gebildet werden – zum Beispiel durch eines, das vergangenen Monat stattfand: einen kurzen Gammastrahlenausbruch (Gamma-ray Burst, GRB).
Beobachtungen dieses Gammastrahlenausbruchs liefern Anhaltspunkte dafür, dass er durch die Kollision zweier Neutronensterne erzeugt wurde. Neutronensterne sind die toten Kerne von Sternen, die zuvor als Supernova explodierten. Ein einzigartiges Leuchten, das für mehrere Tage an der Position des Gammastrahlenausbruchs vorzufinden war, zeigt möglicherweise die Erschaffung großer Mengen schwerer Elemente an – darunter auch Gold.
„Wir schätzen, dass die Menge des erzeugten und ausgestoßenen Goldes bei der Verschmelzung der beiden Neutronensterne bis zu zehn Mondmassen beträgt – das sind ziemlich viele Klunker“, sagte der leitende Autor Edo Berger vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA). Berger präsentierte die Ergebnisse am 17. Juli 2013 auf einer Pressekonferenz am CfA in Cambridge (Massachusetts).
Ein Gammastrahlenausbruch ist ein Blitz aus hochenergetischem Licht (Gammastrahlen) von einer extrem energiereichen Explosion. Die meisten werden im entfernten Universum entdeckt. Berger und seine Kollegen untersuchten GRB 130603B, der mit einer Entfernung von 3,9 Milliarden Lichtjahren einer der bislang nächstgelegenen Gammastrahlenausbrüche ist. Gammastrahlenausbrüche gibt es in zwei Typen – lang und kurz -, abhängig davon, welche Dauer der Gammablitz hat. GRB 130603B wurde am 3. Juni 2013 vom NASA-Satelliten Swift entdeckt und dauerte weniger als eine Fünftelsekunde.
Obwohl die Gammastrahlen schnell verschwanden, zeigte GRB 130603B auch ein von infrarotem Licht dominiertes Leuchten, das sich langsamer abschwächte. Dessen Helligkeit und Verhalten entsprachen nicht dem typischen „Nachglühen“, das erzeugt wird, wenn ein Teilchenjet mit hohen Geschwindigkeiten auf das umgebende Umfeld trifft. Stattdessen verhielt sich das Leuchten so, als stammte es von exotischen radioaktiven Elementen. Die neutronenreiche Materie, die von kollidierenden Neutronensternen fortgeschleudert wird, kann solche Elemente erschaffen. Die Elemente durchlaufen anschließend radioaktive Zerfallsprozesse und ein emittieren ein Leuchten, das von infrarotem Licht dominiert wird – genau wie das Team beobachtet hatte.
Video-Link: https://youtu.be/tjd_eyHe6PQ
Diese Animation zeigt die Kollision und Verschmelzung zweier Neutronensterne. Verschmelzende Neutronensterne können kurze Gammastrahlenausbrüche erzeugen. (Dana Berry, SkyWorks Digital, Inc.)
„Wir haben nach einem entscheidenden Beweis gesucht, um einen kurzen Gammastrahlenausbruch mit einer Neutronenstern-Kollision in Zusammenhang zu bringen. Das radioaktive Leuchten von GRB 130603B ist möglicherweise dieser entscheidende Beweis“, erklärte Wen-fai Fong, ein Student am CfA und Co-Autor der Studie.
Das Team berechnete, dass etwa ein Hundertstel der Sonnenmasse an Materie durch den Gammastrahlenausbruch ausgestoßen wurde, darunter auch Gold. Das gesamte Gold im Universum könnte von Gammastrahlenausbrüchen stammen, wenn man die geschätzte Menge Gold von einem einzigen Gammastrahlenausbruch zu der Anzahl dieser Explosionen in Bezug setzt, die sich seit der Existenz des Universums ereignet haben. „Um es mit den Worten von Carl Sagan zu sagen: Wir sind alle aus Sternen gemacht – und unser Schmuck besteht aus kollidierenden Sternen“, sagte Berger.
Die Ergebnisse des Teams wurden zur Veröffentlichung in den Astrophysical Journal Letters eingereicht und sind online verfügbar. Bergers Co-Autoren sind Wen-fai Fong und Ryan Chornock vom CfA.
Das Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) mit seinem Hauptquartier in Cambridge (Massachusetts) ist eine Gemeinschaftsarbeit zwischen dem Smithsonian Astrophysical Observatory und dem Harvard College Observatory. Wissenschaftler aus sechs Forschungsabteilungen studieren hier den Ursprung, die Entwicklung und das endgültige Schicksal des Universums.
Quelle: http://www.cfa.harvard.edu/news/2013/pr201319.html
(THK)
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