Cassini gelingt eine 360-Grad-Ansicht der Polarlichter auf Saturn

Ultraviolett- und Infrarotbilder der NASA-Sonde Cassini und des Hubble Space Telescope zeigen aktive und ruhige Auroras an den Nord- und Südpolen Saturns. (NASA / JPL-Caltech / University of Colorado / Central Arizona College and NASA / ESA / University of Leicester and NASA / JPL-Caltech / University of Arizona / Lancaster University)
Ultraviolett- und Infrarotbilder der NASA-Sonde Cassini und des Hubble Space Telescope zeigen aktive und ruhige Auroras an den Nord- und Südpolen Saturns. (NASA / JPL-Caltech / University of Colorado / Central Arizona College and NASA / ESA / University of Leicester and NASA / JPL-Caltech / University of Arizona / Lancaster University)

Als der Saturn eine Lichtshow an seinen Polen aufführte, richtete die NASA verschiedene Augenpaare auf ihn: Während das erdumkreisende Hubble Space Telescope die nördlichen Polarlichter in ultravioletten Wellenlängen beobachten konnte, machte die den Saturn umkreisende NASA-Raumsonde Cassini ergänzende Nahaufnahmen in infraroten, optischen und ultravioletten Wellenlängen. Cassini konnte außerdem nördliche und südliche Bereiche des Saturn sehen, die nicht in Richtung Erde zeigten.

Das Ergebnis ist eine Art Schritt-für-Schritt-Choreografie, die detailliert beschreibt, wie sich die Auroras bewegen. Es demonstriert die Komplexität dieser Auroras und zeigt Wissenschaftlern, wie sie einen Ausbruch auf der Sonne und dessen Auswirkungen auf die magnetische Umgebung des Saturn miteinander verbinden können. Ein neues Video zeigt Hubble- und Cassini-Aufnahmen der Auroras (siehe unten).

“Saturns Polarlichter können wechselhaft sein – man kann ein Feuerwerk sehen, oder man kann nichts sehen”, sagte Jonathan Nichols von der University of Leicester in England, der die Untersuchungen der Hubble-Bilder leitete. “Im Jahr 2013 hatten wir ein regelrechtes Sammelsurium tanzender Polarlichter, von beständig leuchtenden Ringen bis zu superschnellen Lichtausbrüchen an den Polen.”

Die Hubble- und Cassini-Aufnahmen wurden im April und Mai 2013 gemacht. Bilder von Cassinis Ultraviolet Imaging Spectrometer (UVIS) aus einer ungewöhnlich kleinen Entfernung von etwa sechs Saturnradien lieferten einen Blick auf die sich verändernden Muster aus schwachen Emissionen in Größenordnungen von wenigen hundert Kilometern. Sie setzten die Veränderungen in den Auroras zu dem fluktuierenden Wind aus geladenen Teilchen in Beziehung, der von der Sonne ausgeht und am Saturn vorbeiströmt.

“Dies ist unser bislang bester Blick auf die sich schnell verändernden Muster der Aurora-Emissionen”, sagte Wayne Pryor, ein Forscher des Cassini-Teams vom Central Arizona College in Coolidge (Arizona). “Einige helle Bereiche kommen und gehen von Bild zu Bild. Andere helle Strukturen bleiben bestehen und rotieren um den Pol, aber mit einer langsameren Geschwindigkeit als Saturns Rotationsgeschwindigkeit.”

Die UVIS-Bilder, die auch von Aikaterini Radioti von der University of Liege (Belgien) analysiert wurden, lassen darauf schließen, dass eine Möglichkeit zur Erzeugung der hellen Aurorastürme die Bildung neuer Verbindungen zwischen magnetischen Feldlinien sein könnte. Der gleiche Prozess erzeugt auch Stürme in der magnetischen Blase um die Erde. Das Video zeigt ein beständiges, helles Gebiet der Aurora, das im Gleichschritt mit der orbitalen Position des Saturnmondes Mimas rotiert. Während vorherige UVIS-Bilder einen unregelmäßigen, hellen Punkt der Aurora gezeigt hatten, der magnetisch mit dem Mond Enceladus in Verbindung steht, spricht das neue Video dafür, dass ein anderer Saturnmond das Licht ebenfalls beeinflussen kann.

Die neuen Daten geben Forschern zudem Anhaltspunkte über ein lange bestehendes Rätsel über die Atmosphären der äußeren Riesenplaneten. “Wissenschaftler haben sich gefragt, warum die oberen Atmosphären von Saturn und anderen Gasriesen weit stärker erwärmt werden, als man aufgrund ihrer Entfernung von der Sonne normalerweise erwarten würde”, sagte Sarah Badman von der Lancaster University in England, ein Mitglied des Cassini-Teams, das für das Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS) zuständig ist. “Indem wir diese langen Bildsequenzen betrachten, die von verschiedenen Instrumenten erstellt wurden, können wir herausfinden, wo die Aurora die Atmosphäre erwärmt, wenn die Teilchen in sie eintreten, und wie lange die Erwärmung andauert.”

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
Video-Link: https://youtu.be/UzjnlWO9ZoU

Neue Aufnahmen der Polarlichter auf Saturn. (NASA / JPL-Caltech / University of Colorado / Central Arizona College and NASA / ESA / University of Leicester and NASA / JPL-Caltech / University of Arizona / Lancaster University)

Die optischen Daten haben Wissenschaftlern geholfen, die Farben von Saturns Polarlichtern herauszufinden. Während die vorhangähnlichen Polarlichter auf der Erde unten grün und oben rot sind, haben uns Cassinis Kameras vergleichbare, vorhangähnliche Auroras gezeigt, die unten rot und oben violett sind, sagte Ulyana Dyudina, ein Teammitglied vom California Institute of Technology in Pasadena (Kalifornien). Der Farbunterschied entsteht, weil die irdischen Polarlichter von angeregten Stickstoff- und Sauerstoffmolekülen dominiert werden, aber Saturns Polarlichter dagegen von angeregten Wasserstoffmolekülen dominiert werden.

“Obwohl wir erwartet hatten, etwas Rot in Saturns Polarlichtern zu sehen, weil Wasserstoff bei Anregung rotes Licht emittiert, wussten wir auch, dass es Farbvariationen geben könnte, die von der Dichte der Atmosphäre und den Energien der geladenen Teilchen abhängt, welche die Atmosphäre bombardieren”, sagte Dyudina. “Wir waren aufgeregt, etwas über dieses farbenfrohe Aussehen zu erfahren, das noch niemand zuvor gesehen hatte.” Die Wissenschaftler hoffen, dass weitere Untersuchungen mit Cassini ergeben werden, wie sich Wolken aus geladenen Teilchen um den Planeten bewegen, während er rotiert und Ausbrüche solarer Materie von der Sonne erhält.

“Die Polarlichter auf Saturn gehören zu den eindrucksvollsten Strukturen auf dem Planeten und es gab kein Entkommen vor der paparazzimäßigen Aufmerksamkeit der NASA”, sagte Marcia Burton, die bei der Koordinierung dieser Beobachtungen half. Burton ist eine Feld- und Teilchenwissenschaftlern des Cassini-Teams vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena (Kalifornien). “Weil wir uns in den Abschnitt des elfjährigen Sonnenzyklus begeben, in dem die Sonne mehr Plasma abstößt, hoffen wir, die Unterschiede zwischen den Auswirkungen der Sonnenaktivität und den internen Dynamiken des Saturnsystems ausarbeiten zu können.”

Es gibt noch viel zu tun. Eine Forschungsgruppe unter Leitung von Tom Stallard von der University of Leicester ist damit beschäftigt, ergänzende Daten zu analysieren, die im selben Zeitfenster von zwei bodenbasierten Teleskop-Einrichtungen auf Hawaii gesammelt wurden, dem W.M. Keck Observatory und der Infrared Telescope Facility der NASA. Die Ergebnisse werden ihnen helfen zu verstehen, wie Teilchen in Saturns oberer Atmosphäre ionisiert werden. Sie helfen, ein Jahrzehnt der Saturn-Beobachtungen durch bodenbasierte Teleskope in einen Zusammenhang zu bringen, weil sie ermitteln können, welche Störungen in den Daten von der Erdatmosphäre stammen.

Die Cassini-Huygens-Mission ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA, der European Space Agency (ESA) und der Italian Space Agency. Das Jet Propulsion Laboratory, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena, leitet die Mission für das Science Mission Directorate in Washington.

Quelle: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?release=2014-044

(THK)

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