Astronomen finden neu geborene Sterne am Rand der Milchstraßen-Galaxie

Ein Negativbild des neu entdeckten Sternhaufens Camargo 438. Der Sternhaufen ist etwa 16.000 Lichtjahre entfernt, der Bildausschnitt hat damit eine Breite von 24 Lichtjahren. Die schwarzen Punkte sind einzelne Sterne. (D. Camargo / NASA / WISE)
Ein Negativbild des neu entdeckten Sternhaufens Camargo 438. Der Sternhaufen ist etwa 16.000 Lichtjahre entfernt, der Bildausschnitt hat damit eine Breite von 24 Lichtjahren. Die schwarzen Punkte sind einzelne Sterne. (D. Camargo / NASA / WISE)

Brasilianische Astronomen haben eine bemerkenswerte Entdeckung gemacht: zwei Sternhaufen, die sich am äußersten Rand der Milchstraßen-Galaxie bilden. Das Team unter Leitung von Denilso Camargo von der Federal University of Rio Grande do Sul in Porto Alegre (Brasilien) veröffentlicht seine Ergebnisse im Journal Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.

Die Milchstraßen-Galaxie (die Galaxie, in der wir leben) hat die Form einer Balkenspirale mit Armen aus Sternen, Gas und Staub, die von einem zentralen Balken ausgehen. Von der Seite betrachtet, würde die Galaxie relativ flach erscheinen. Der größte Teil der Materie würde sich in einer Scheibe und den Zentralregionen befinden. Sterne entstehen in massereichen und dichten Gasvorkommen in sogenannten Riesenmolekülwolken (Giant Molecular Cloud, GMC), die hauptsächlich in den inneren Bereichen der galaktischen Scheibe liegen. Bei vielen lokalen Gasansammlungen in einer einzigen Riesenmolekülwolke werden die meisten (wenn nicht alle) Sterne gemeinsam in Sternhaufen geboren.

Camargos Team schaute sich Daten des NASA-Weltraumobservatoriums WISE (Wide-Field Infrared Survey Explorer) an. Die Wissenschaftler fanden aber nicht nur Riesenmolekülwolken, die tausende Lichtjahre oberhalb und unterhalb der galaktischen Scheibe liegen. Sie stellten auch fest, dass eine von ihnen unerwarteterweise zwei Sternhaufen enthält. Dies ist das erste Mal, dass Astronomen Sterne entdeckt haben, die an einem derart abgelegenen Ort geboren werden.

Die beiden neuen Sternhaufen namens Camargo 438 und Camargo 439 liegen in der Molekülwolke HRK 81.4-77.8. Diese Molekülwolke ist vermutlich etwa zwei Millionen Jahre alt und befindet sich ungefähr 16.000 Lichtjahre unterhalb der galaktischen Scheibe in Richtung des Sternbildes Cetus (Walfisch). Das ist weit entfernt von den gewöhnlichen Sternentstehungsregionen.

Camargo zufolge gibt es zwei mögliche Erklärungen: In dem ersten Fall, dem „Schornsteinmodell“, schleudern gewaltige Ereignisse wie Supernova-Explosionen Staub und Gas aus der galaktischen Scheibe heraus. Die Materie fällt dann zurück und vereinigt sich bei dem Prozess zu Riesenmolekülwolken. Die andere Theorie besagt, dass die Wechselwirkungen zwischen unserer Galaxie und ihren Satellitengalaxien, den Magellanschen Wolken, das in die Galaxie zurückfallende Gas gestört haben könnten, was wiederum zu der Entstehung von Riesenmolekülwolken und Sternen führte.

„Unsere Arbeit zeigt, dass der Weltraum in der Nähe unserer Galaxie viel weniger leer ist, als wir dachten. Die neuen Sternhaufen sind wirklich exotisch. In wenigen Millionen Jahren würden potenzielle Bewohner auf Planeten um diese Sterne einen großartigen Ausblick auf die Milchstraßen-Galaxie haben. Das ist etwas, das wahrscheinlich kein Mensch jemals erleben wird. Jetzt wollen wir verstehen, wie es die für die Sternentstehung notwendigen Rohmaterialien bis an einen so entfernten Ort geschafft haben. Wir brauchen mehr Daten und etwas ernsthafte Arbeit an Computermodellen, um zu versuchen, diese Frage zu beantworten“, sagte Camargo.

Das Schornsteinmodell würde mehrere hundert massereiche Sterne erfordern, die im Verlauf mehrerer Generationen als Supernovae explodierten und einen „Superwind“ erzeugten, der die Molekülwolke HRK 81.4-77.8 in ihre jetzige Position blies. Die von den Explosionen verursachten Blasen könnten über Millionen Jahre selbst Materie komprimiert haben, wodurch mehr Sterne entstanden und das Ausstoßen von Materie in einem „galaktischen Springbrunnen“ angetrieben wurde, wo Staub und Gas letztendlich auf die galaktische Scheibe zurückregnen.

Quelle: https://www.ras.org.uk/news-and-press/2592-astronomers-find-newborn-stars-at-the-edge-of-the-galaxy

(THK)

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