Die Milchstraßen-Galaxie plündert nahegelegene Zwerggalaxien

Künstlerische Darstellung der Milchstraßen-Galaxie. Ihr heißer Halo scheint den sternbildenden, atomaren Wasserstoff aus ihren begleitenden, sphäroiden Zwerggalaxien wegzufegen. (NRAO / AUI / NSF)
Künstlerische Darstellung der Milchstraßen-Galaxie. Ihr heißer Halo scheint den sternbildenden, atomaren Wasserstoff aus ihren begleitenden, sphäroiden Zwerggalaxien wegzufegen. (NRAO / AUI / NSF)

Astronomen haben entdeckt, dass unsere nächstgelegenen galaktischen Nachbarn – sphäroide oder linsenförmige Zwerggalaxien – kein sternbildendes Gas besitzen und dass unsere Milchstraßen-Galaxie schuld daran ist. Dafür verwendeten die Forscher das Green Bank Telescope (GBT) der National Science Foundation und Daten anderer großer Radioteleskope.

Diese neuen Beobachtungen sind die empfindlichsten ihrer Art, die bislang gemacht wurden, und enthüllen, dass Zwerggalaxien innerhalb einer gut definierten Grenze um unsere Galaxie vollständig frei von Wasserstoffgas sind. Jenseits dieser Grenze enthalten Zwerggalaxien viel sternbildende Materie.

Die Milchstraßen-Galaxie ist das größte Mitglied einer kompakten Ansammlung von Galaxien, die durch die Gravitation zusammengehalten werden. Um unsere Heimatgalaxie kreist eine Menagerie kleinerer Zwerggalaxien, welche die übrig gebliebenen Bausteine der Galaxienentwicklung darstellen könnten. Die kleinsten sind die relativ nahe gelegenen, sphäroiden Zwerggalaxien. Weiter entfernt gibt es eine Anzahl vergleichbar großer und etwas deformierter, irregulärer Zwerggalaxien, die Neuankömmlinge in unserer galaktischen Nachbarschaft sein könnten.

„Astronomen haben sich gefragt, ob die nahen, sphäroiden Zwerggalaxien nach Milliarden Jahren der Interaktion alle die gleiche sternbildende Materie besitzen, die wir in entfernteren Zwerggalaxien finden“, sagte die Astronomin Kristine Spekkens, eine Dozentin am Royal Military College of Canada. Sie ist die leitende Autorin einer Studie, die in den Astronomical Journal Letters veröffentlicht wurde.

Frühere Studien haben gezeigt, dass die weiter entfernten, irregulären Zwerggalaxien große Vorräte an neutralem Wasserstoffgas enthalten, dem Grundstoff für die Sternentstehungsprozesse. Diese früheren Beobachtungen waren allerdings nicht empfindlich genug, um die Präsenz dieses Gases in den kleinsten, sphäroiden Zwerggalaxien auszuschließen.

Durch die kombinierte Leistungsfähigkeit des GBT (dem weltweit größten vollbeweglichen Radioteleskop) und anderer Großteleskope auf der ganzen Welt waren Spekkens und ihr Team in der Lage, die Zwerggalaxien, welche seit Milliarden Jahren unsere Galaxie umkreisen, nach winzigen Mengen atomaren Wasserstoffs zu durchsuchen.

„Was wir festgestellt haben ist, dass dort eine klare Grenze existiert – ein Grenze nahe unserer Heimatgalaxie, wo Zwerggalaxien vollständig frei von jeglichen Spuren neutralen, atomaren Wasserstoffs sind“, sagte Spekkens. Diese Grenze erstreckt sich etwa 1.000 Lichtjahre weit vom Rand der sternreichen Scheibe der Milchstraßen-Galaxie bis zu einem Punkt, von dem man annimmt, dass er mit dem Rand ihrer Dunkle-Materie-Verteilung übereinstimmt. Jenseits dieser Grenze werden sphäroide Zwerggalaxien selten, während ihre gasreichen, irregulären Gegenstücke aufblühen.

Es gibt viele Möglichkeiten, wie größere, ältere Galaxien ihre sternbildende Materie verlieren können, aber dies wird hauptsächlich mit intensiven Sternentstehungsprozessen oder energiereichen Materiejets von supermassiven Schwarzen Löchern in Verbindung gebracht. Die Zwerggalaxien, welche die Milchstraßen-Galaxie umkreisen, zeigen keinen dieser energiereichen Prozesse. Sie sind jedoch anfällig für die breiteren Einflüsse der Milchstraßen-Galaxie, die sich ihrerseits wiederum in einem ausgedehnten, diffusen Halo aus heißem Wasserstoffplasma befindet.

Die Forscher vermuten, dass dieser Halo dicht genug ist, um die Zusammensetzung von Zwerggalaxien bis zu einer bestimmten Entfernung von der galaktischen Scheibe zu beeinflussen. Innerhalb dieser „Gefahrenzone“ kann der durch die hohen Orbitalgeschwindigkeiten der sphäroiden Zwerggalaxien ausgeübte Druck jegliche nachweisbaren Spuren von neutralem Wasserstoff wegfegen. Die Milchstraßen-Galaxie fährt auf diese Weise die Sternentstehungsprozesse in ihren kleinsten Nachbarn herunter.

„Diese Beobachtungen offenbaren daher viel über die Größe des heißen Halos und darüber, wie die Begleitgalaxien die Milchstraßen-Galaxie umkreisen“, schlussfolgerte Spekkens.

Quelle: https://public.nrao.edu/news/pressreleases/dwarf-galaxies-gbt

(THK)

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