Fermi findet Hinweise auf Sternbeben im “Sturm” eines Magnetars

Ein Bruch in der Kruste eines hochgradig magnetisierten Neutronensterns, hier in einer künstlerischen Darstellung, kann hochenergetische Eruptionen auslösen. Fermi-Beobachtungen dieser Ausbrüche enthalten Informationen darüber, wie die Sternoberfläche vibriert, was neue Einblicke in den inneren Aufbau dieser Objekte ermöglicht. (NASA / Goddard Space Flight Center / S. Wiessinger)
Ein Bruch in der Kruste eines hochgradig magnetisierten Neutronensterns, hier in einer künstlerischen Darstellung, kann hochenergetische Eruptionen auslösen. Fermi-Beobachtungen dieser Ausbrüche enthalten Informationen darüber, wie die Sternoberfläche vibriert, was neue Einblicke in den inneren Aufbau dieser Objekte ermöglicht. (NASA / Goddard Space Flight Center / S. Wiessinger)

Das Fermi Gamma-ray Space Telescope der NASA registrierte am 22. Januar 2009 eine “Schnellfeuersalve” hochenergetischer Ausbrüche von einem hochgradig magnetisierten Neutronenstern, einem sogenannten Magnetar. Jetzt haben Astronomen bei der Analyse dieser Daten darunter liegende Signale entdeckt, die mit seismischen Wellen zusammenhängen, welche den Magnetar durchlaufen.

Solche Signale hatte man erstmals während der Abschwächung seltener Riesenflares identifiziert, die von Magnetaren erzeugt wurden. Während der vergangenen 40 Jahre wurden Riesenflares nur dreimal beobachtet: 1979, 1998 und 2004. Signale, die mit Sternbeben in Zusammenhang stehen, und die die Neutronensterne wie eine Glocke klingen lassen, wurden nur in den beiden jüngsten Ereignissen identifiziert.

“Fermis Gamma-ray Burst Monitor (GBM) hat dieselben Anzeichen von kleineren und viel häufigeren Eruptionen empfangen, was Potenzial für eine Fülle neuer Daten eröffnet, um uns dabei zu helfen, den inneren Aufbau von Neutronensternen zu verstehen”, sagte Anna Watts, eine Astrophysikerin von der University of Amsterdam in den Niederlanden. Sie ist Co-Autorin einer neuen Studie über die Explosionssalve. “Es hat sich herausgestellt, dass Fermis GBM das perfekte Werkzeug für diese Arbeit ist.”

Neutronensterne sind die dichtesten, magnetischsten und am schnellsten rotierenden Objekte im Universum, die Wissenschaftler direkt beobachten können. Jeder von ihnen ist der komprimierte Kern eines massereichen Sterns, der seinen Brennstoff aufgebraucht hat, unter seinem eigenen Gewicht kollabierte und als Supernova explodierte. Ein Neutronenstern vereinigt das Massenäquivalent von einer halben Million Erden in einer Kugel mit nur circa 19 Kilometern Durchmesser, das entspricht etwa der Länge von Manhattan Island in New York City. Obwohl typische Neutronensterne Magnetfelder besitzen, die Billionen Mal stärker als das Erdmagnetfeld sind, erfordert die bei Magnetaren beobachtete Eruptionsaktivität noch 1.000 Mal stärkere Felder. Bislang haben Astronomen nur 23 Magnetare bestätigt.

Weil die feste Kruste eines Neutronensterns an sein starkes Magnetfeld gebunden ist, wirkt sich eine Störung des einen sofort auf das andere aus. Ein Bruch in der Kruste wird zu einer Umstrukturierung des Magnetfeldes führen, oder eine plötzliche Neuausrichtung des Magnetfeldes könnte die Oberfläche aufbrechen lassen. In jedem Fall lösen die Veränderungen eine plötzliche Freisetzung gespeicherter Energie aus, und zwar in Form energiereicher Ausbrüche (engl. Burst), die die Kruste vibrieren lassen. Eine solche Bewegung wird den Gamma- und Röntgensignalen des Ausbruchs eingeprägt.

Es ist eine unglaubliche Energiemenge erforderlich, um einen Neutronenstern zu erschüttern. Der beste Vergleich auf der Erde ist das Erdbeben der Stärke 9,5 in Chile von 1960, das als das stärkste, jemals aufgezeichnete Beben auf der von Seismologen verwendeten Standardskala gilt. Auf dieser Skala würde ein Sternbeben, das mit dem Riesenflare eines Magnetars in Zusammenhang steht, die Stärke 23 erreichen.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
Video-Link: https://youtu.be/YEKf3Vi-uuU

Während der Ausbruchssalve des Magnetars SGR J1550-5418 im Jahr 2009 registrierte Swifts Röntgenteleskop einen expandierenden Halo, der von den hellsten Ausbrüchen erzeugt wurde. Die Ringe entstanden, als Röntgenstrahlen der hellsten Ausbrüche an Staubwolken gestreut wurden. Staubwolken, die näher an der Erde liegen, produzierten größere Ringe. (NASA /Swift / Jules Halpern, Columbia University)

Die Ausbruchssalve stammte von SGR J1550-5418, einem Objekt, das vom Einstein Observatory (in Betrieb von 1978 bis 1981) der NASA entdeckt wurde. Der Magnetar liegt ungefähr 15.000 Lichtjahre entfernt in Richtung des Sternbildes Norma (Winkelmaß), und er war bis Oktober 2008 ruhig. Dann trat er eine Phase eruptiver Aktivität ein, die im April 2009 endete. Zeitweise erzeugte das Objekt hunderte Ausbrüche in nur 20 Minuten, und die stärksten Explosionen emittierten mehr Gesamtenergie als die Sonne im Zeitraum von 20 Jahren. Instrumente an Bord vieler Satelliten, darunter der Swift-Satellit und der Rossi X-ray Timing Explorer, registrierten hunderte Gamma- und Röntgenausbrüche.

Watts sagte am 21. Oktober 2014 auf dem Fünften Fermi International Symposium in Nagoya (Japan), dass die neue Studie 263 einzelne, von Fermis GBM registriere Ausbrüche untersucht und Vibrationen in jenen Frequenzbereichen bestätigt, die bereits zuvor bei Riesenflares beobachtet wurden. “Wir denken, dass dies wahrscheinlich verdrehte Schwingungen des Sterns sind, wo die Kruste und der Kern, die durch das superstarke Magnetfeld verbunden sind, gemeinsam vibrieren”, erklärte sie. “Wir fanden bei einem einzelnen Ausbruch auch eine Frequenz, die nie zuvor gesehen wurde und die wir noch nicht verstehen.”

Ein Schlüsselelement der Forschungsarbeit ist eine neue Analysetechnik, die von der Wissenschaftlerin Daniela Huppenkothen an der University of Amsterdam entwickelt wurde. Normalerweise suchen Forscher nach Schwingungen in Hochenergiedaten, indem sie nach Variationen Ausschau halten, die mit einer bestimmte Frequenz verbunden sind. Solche Methoden sind bestens geeignet, um ein starkes Signal mit wenig Konkurrenz zu finden. Aber sie eignen sich nicht gut für ein schwaches Signal, das in eine helle und sich schnell verändernde Umgebung eingebettet ist, wie es bei einem Ausbruch der Fall ist.

Huppenkothen vergleicht das Problem mit dem Nachweis von Wasserkräuselungen eines Steins, der in einen ruhigen Weiher geworfen wird. “Stellen Sie sich vor, sie sind in der Mitte des Nordatlantiks während eines Sturms und suchen nach diesen Kräuselungen neben riesigen Wellen in einem tosenden Meer”, erklärte sie. “Unsere alten Methoden waren dafür wirklich nicht geeignet, aber ich habe eine Möglichkeit entwickelt, um die raue See zu berücksichtigen, so das wir sogar unter stürmischen Bedingungen die Kräuselungen finden können.” Eine Abhandlung, die die von Huppenkothen geleitete Forschungsarbeit beschreibt, erschien am 1. Juni 2014 im Astrophysical Journal.

Obwohl es viele Ansätze zur Beschreibung des inneren Aufbaus von Neutronensternen gibt, fehlt es Wissenschaftlern an ausreichenden Beobachtungsdetails, um zwischen abweichenden Modellen zu entscheiden. Neutronensterne erreichen Dichten, die weit jenseits des im Labor Möglichen liegen und ihr Inneres könnte die Dichte eines Atomkerns um mehr als das Zehnfache übertreffen. Mehr darüber zu wissen, wie solche Ausbrüche die Sterne erschüttern, wird Theoretikern ein wichtiges, neues Fenster öffnen, um ihre innere Struktur zu verstehen. “Jetzt warten wir auf weitere Ausbrüche – und wenn wir Glück haben einen Riesenflare -, um die ausgezeichneten Fähigkeiten des GBM zu nutzen”, ergänzte Watts.

Quelle: http://www.nasa.gov/content/goddard/nasas-fermi-satellite-finds-hints-of-starquakes-in-magnetar-storm/index.html

(THK)

Werbung

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*