Die Eruptionen von Supervulkanen mit ihren potenziell globalen Auswirkungen scheinen nicht der konventionellen Vulkanmechanik des Aufbaus von innerem Druck bis zum Ausbruch des Vulkans zu folgen. Stattdessen, so stellt eine neue Studie fest, könnten derart große Magmakammern ausbrechen, wenn die Decke über ihnen aufreißt oder kollabiert.
Das Wissen um die auslösenden Mechanismen ist entscheidend für die Überwachung von Supervulkansystemen, darunter jenen unter dem Yellowstone National Park und in Long Valley (Kalifornien). Die Studie wurde von Patricia Gregg geleitet, einer Geologie-Professorin an der University of Illinois in Urbana-Champaign. Sie arbeitete mit Professor Eric Grosfils vom Pomona College und Professor Shan de Silva von der Oregon State University zusammen. Die Studie wurde im Journal of Volcanology and Geothermal Research veröffentlicht. Gregg präsentierte die Ergebnisse außerdem diese Woche auf dem Jahrestreffen der Geological Society of America.
“Wenn wir Supervulkane überwachen wollen, um zu sehen, ob sich einer in Richtung einer Eruption entwickelt, brauchen wir ein besseres Verständnis hinsichtlich des Auslösers einer Supereruption”, sagte Gregg. “Es ist sehr wahrscheinlich, dass Supereruptionen durch einen externen Mechanismus ausgelöst werden müssen und nicht durch einen inneren Mechanismus, wodurch sie sich sehr von den typischen, kleineren Vulkanen unterscheiden, die wir überwachen.”
Ein Supervulkan wird als solcher klassifiziert, wenn er mehr als 500 Kubikkilometer eruptives Magma ausstößt. Zum Vergleich: Der Mount St. Helens stieß etwa einen Kubikkilometer Material aus – ein Supervulkan ist also mehr als 500 Mal größer.
“Ein typischer Vulkan kann dauerhafte Auswirkungen auf den Globus haben, wenn er explodiert. “Wir haben das in Island gesehen, als wir große Ascheeruptionen verfolgten, die den Luftverkehr über Europa komplett lahmgelegt haben. Eine Supereruption hätte zigfach stärkere Auswirkungen.”
Die Ergebnisse der neuen Studie widersprechen einer Reihe von Abhandlungen, die 2014 im Journal Nature Geoscience erschienen und einen Zusammenhang zwischen der Eruptionswahrscheinlichkeit und dem Auftrieb des Magmas herstellen. Die Auftriebshypothese besagt, dass Magma weniger dicht als das umgebende Gestein sein und dadurch gegen die Decke drücken könnte – wie ein Eiswürfel, der sich in Wasser auf- und abbewegt. Dadurch steigt der Druck in der Kammer und löst eine Eruption aus.
“Wenn wir darüber nachdenken, wie eine vulkanische Eruption ausgelöst wird, lautet die übliche Theorie, dass der Druck in der Magmakammer ansteigt, bis er eine Explosion hervorruft und der Vulkan ausbricht”, sagte Gregg. “Das ist die vorherrschende Hypothese über den Auslöser von Eruptionen. Bei Supervulkanen sehen wir allerdings nicht viele Hinweise auf einen Druckanstieg. Als ich den Auftrieb in meine numerischen Modelle miteinbezog, konnte ich die Studienergebnisse aus dem Jahr 2014 nicht reproduzieren.”
Greggs numerische Modelle berücksichtigen die gesamte Physik – Erhaltung von Masse, Energie und Impuls -, um zu berechnen, was geschähe, wenn sich ein großer schwimmender Magmakörper in der dünnen Kruste bilden würde. Das Modell zeigte, dass der Auftrieb nur sehr wenig Druck auf das System ausüben würde, sogar wenn die Kammer riesig und der Dichteunterschied zwischen dem Magma und dem umgebenden Gestein sehr groß wäre.
“Die Tatsache, dass mein numerisches Modell nicht mit ihren analytischen Lösungen übereinstimmte, sprach dafür, dass in der analytischen Lösung etwas fehlte. Das brachte mich dazu, genauer hinzuschauen”, sagte Gregg. “Was sie bei dem Auftriebsmodell nicht berücksichtigt hatten, war die Newtonsche Physik: Das Magma mag nach oben drücken, aber die Decke drückt zurück nach unten.”
Die neue Studie besagt, dass die Größe der Magmakammer ein viel wichtigerer Faktor für das Auslösen von Supervulkaneruptionen ist. Die Auftriebsstudien ließen darauf schließen, dass der Zusammenhang darauf zurückzuführen ist, dass mehr Material nach oben drückt. Die Studie unter Leitung der University of Illinois stellte jedoch fest, dass die Größe der Kammer die Stabilität des Gesteins beeinflusst, in dem sich die Kammer befindet.
“Frühere Studien haben ergeben, dass die Magmakammer die Decke hochdrückt während sie expandiert und dadurch Risse erzeugt”, erklärte Gregg. “Wenn diese sehr großen Magmakammern wachsen, könnte die Decke darüber instabil werden, und es wird leichter, eine Eruption durch Rissbildung oder Defekte innerhalb des Gesteins auszulösen.”
Laut dem Modell geschieht folgendes: Wenn ein Riss oder Graben in der Decke die Magmakammer durchzieht, nutzt das Magma den Riss als einen Kamin, um an die Oberfläche zu schießen. Dies könnte eine Kettenreaktion auslösen, die den gesamten Supervulkan “aufreißt”.
Als nächsten Schritt hofft Greggs Gruppe, die modernen Computereinrichtungen der University of Illinois nutzen zu können, beispielsweise den Supercomputer Blue Waters am National Center for Supercomputing Applications. Die Wissenschaftler arbeiten an der Erstellung von 4D-Modellen, welche die Entwicklung der Long-Valley-Magmakammer im Lauf der Zeit in genaueren Details verdeutlichen sollen.
“Wenn wir einen Zusammenhang zwischen der Größe der Magmakammer und der Eruptionsfähigkeit sehen, ist es wichtig zu wissen, ob die Eruptionen von Supervulkanen durch innere Faktoren ausgelöst werden oder durch Rissbildung in der Decke. Es könnte bedeuten, dass wir diese Vulkane unterschiedlich überwachen müssen”, erläuterte Gregg. “Falls der Auslöser eine externe Kraft ist, sei es ein Erdbeben oder ein Riss, dann sollten wir die Seismik betrachten, etwa welche Risstypen gebildet werden, wie die Stabilität der Decke aussieht und welche Arten von Aktivitäten auf der Oberfläche ablaufen, die eine Rissbildung verursachen könnten.”
Die National Science Foundation unterstützte diese Forschungsarbeit.
Quelle: https://news.illinois.edu/blog/view/6367/273769
(THK)
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