NASA-Forscher haben bei der Erstellung der ersten Karte geholfen, auf der zu sehen ist, welche Gebiete am Boden des mächtigen Grönländischen Eisschildes getaut sind. Das sind Schlüsselinformationen, um besser vorauszusagen, wie der Eisschild auf ein wärmer werdendes Klima reagieren wird.
Der dicke Eisschild Grönlands isoliert das darunter liegende Gestein vor den kalten Temperaturen an der Oberfläche. Der Eisschild ist unten am Boden oft einige Grad wärmer als oben, weil das Eis am Boden langsam durch Hitze aus dem Erdinneren erwärmt wird. Zu wissen, ob das Grönländische Inlandeis auf nassem, glitschigen Boden liegt, oder auf trockenem, gefrorenen Gestein verankert ist, ist entscheidend für Voraussagen, wie sich dieses Eis in der Zukunft bewegen wird.
Aber Wissenschaftler haben nur sehr wenige Daten über die thermalen Bedingungen unter dem Eisschild, die mittels weniger als zwei Dutzend Bohrlöchern gesammelt wurden, welche den Boden erreichten. Jetzt kombiniert eine neue Studie mehrere Methoden, um den thermalen Grundzustand des Grönländischen Eisschildes abzuleiten – da heißt, ob der Boden des Eises geschmolzen ist oder nicht. Das führte zur ersten Karte, die gefrorene und getaute Gebiete über den gesamten Eisschild hinweg identifiziert.
“Wir sind schließlich daran interessiert zu verstehen, wie sich der Eisschild bewegt und wie er sich in Zukunft verhalten wird”, sagte Joe MacGregor, ein Glaziologe am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland) und Hauptautor der Studie. “Wenn das Eis am Boden den Schmelzpunkt erreicht hat oder getaut ist, dann könnte es dort genug flüssiges Wasser geben, damit das Eis schneller fließen kann. Das könnte Einfluss darauf haben, wie schnell es auf den Klimawandel reagiert.”
Für die Studie kombinierte MacGregors Team vier unterschiedliche Ansätze, um den thermalen Grundzustand zu untersuchen. Erstens sichteten die Forscher die Ergebnisse von acht neuen Computermodellen des Eisschildes, die die Temperaturen am Boden vorhersagen.
Zweitens studierten sie die Schichten, aus denen der Eisschild selbst besteht. Die Schichten wurden mit Radar an Bord des Flugzeugs der NASA-Mission Operation IceBridge registriert, und die Daten lassen darauf schließen, wo der Boden des Eises schnell abschmilzt.
Drittens schauten sich die Wissenschaftler an, wo die von Satelliten gemessene Oberflächengeschwindigkeit des Eises sein Tempolimit überschritt – das ist die maximale Geschwindigkeit, mit der das Eis fließen kann, obwohl es noch an dem Gestein darunter festgefroren ist.
Viertens betrachteten sie Bilder der Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer an Bord der NASA-Satelliten Terra und Aqua und suchten nach schroffem Gelände an der Oberfläche, welches normalerweise darauf hinweist, dass Eis über einen getauten Untergrund fließt.
“Jede dieser Methoden hat Stärken und Schwächen. Wir gehen davon aus, dass eine nicht ausreicht. Durch die Kombination haben wir den ersten großräumigen Zugang zum thermalen Grundzustand des Grönländischen Eisschildes bekommen”, sagte MacGregor.
Für jede Methode suchte MacGregors Team nach Gebieten, bei denen die jeweilige Methode zuverlässig schlussfolgerte, dass der Boden des Grönländischen Eisschildes getaut oder gefroren war. Dann betrachteten sie die Orte, an denen die Ergebnisse der Methoden übereinstimmten und klassifizierten diese Gebiete als wahrscheinlich getaut oder wahrscheinlich gefroren. Die Zonen, in denen die Daten nicht ausreichten oder die Ergebnisse der Methoden nicht übereinstimmten, klassifizierten sie als unsicher.
Anhand dieser Kombination bestimmten MacGregor und seine Kollegen, dass der Untergrund unter dem Eisschild im südwestlichen und nordöstlichen Grönland wahrscheinlich getaut ist, während er im Zentrum und westlich der zentralen Eisteilung wahrscheinlich gefroren ist. Für ein Drittel des Grönländischen Eisschildes sind nicht genug Daten verfügbar, um seinen thermalen Grundzustand festzustellen.
MacGregor sagte, die Karte des Teams sei nur ein Schritt, um den thermalen Grundzustand am Boden des Grönländischen Eisschildes vollständig zu erfassen. “Ich nenne es die Piñata, weil es ein erster Zugang ist, der von anderen Gruppen geschlagen wird, wenn sich die Techniken verbessern oder neue Daten verfügbar werden. Aber selbst dann ist unser Ansatz noch bedeutend, weil wir vor unserer Studie nur wenig Anhaltspunkte hatten”, sagte MacGregor.
Quelle: https://www.nasa.gov/feature/goddard/2016/nasa-first-map-of-thawed-areas-under-greenland-ice-sheet
(THK)
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