
Neutronensterne sind die Überbleibsel von Supernova-Explosionen und enthalten bei Durchmessern von nur wenigen Kilometern Massen zwischen einer und mehreren Sonnenmassen. Ein Pulsar ist ein rotierender Neutronenstern mit einem starken Magnetfeld. Geladene Teilchen innerhalb des Magnetfelds leuchten ähnlich wie der Strahl eines Leuchtturms, und können mit extremer Regelmäßigkeit alle paar Sekunden oder weniger die Erde überstreichen.
Ein Pulsar besitzt auch einen Wind, und geladene Teilchen, die manchmal bis auf annähernd Lichtgeschwindigkeit beschleunigt wurden, bilden einen Nebel um den Pulsar: einen Pulsarwindnebel. Die hohen Energien der Teilchen lassen sie zu starken Röntgenstrahlern werden, und der Nebel kann mit Röntgenobservatorien beobachtet und untersucht werden. Das bekannteste Exemplar eines Pulsarwindnebels ist der schöne und spektakuläre Krebsnebel.
Wenn sich ein Pulsar durch das interstellare Medium bewegt, kann der Nebel eine bogenförmige Schockfront ausbilden. Die meisten der Windteilchen sind auf eine Richtung entgegensetzt zur Bewegung des Pulsars beschränkt und bilden einen nebulösen Schweif. Kürzliche Röntgen- und Radiobeobachtungen von schnellen Pulsaren bestätigen die hellen, langgezogenen Schweife und die kompakten Nebel in der Nähe der Pulsare. Die Länge eines Röntgenschweifs kann die Größe des kompakten Nebels deutlich überschreiten; er kann sich über mehrere Lichtjahre hinter dem Pulsar herziehen.
Der Astronom Patrick Slane vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) war Mitglied eines Teams, das das Chandra X-ray Observatory nutzte, um den Nebel um den etwa 3.400 Lichtjahre entfernten Pulsar PSR B0355+54 zu untersuchen. Die beobachtete Bewegung des Pulsars am Himmel beträgt Messungen zufolge rund 60 Kilometer pro Sekunde. Frühere Chandra-Beobachtungen hatten ergeben, dass der Nebel des Pulsars einen langen Schweif aufweist, der sich mindestens sieben Lichtjahre weit erstreckt. Er könnte noch etwas länger sein, aber das Gesichtsfeld des Detektors war auf diese Größe beschränkt. Der Nebel besitzt auch einen hellen, kompakten Kern.
Die Wissenschaftler nutzten tiefe Chandra-Beobachtungen, um die schwachen Emissionsstrukturen des Nebels zu erforschen. Sie stellten fest, dass die Form des Nebels, wenn man sie mit der Richtung der Pulsar-Bewegung durch das Medium vergleicht, dafür spricht, dass die Rotationsachse des Pulsars fast direkt in unsere Richtung zeigt. Sie schätzten außerdem viele der grundlegenden Parameter des Nebels, darunter die Stärke seines Magnetfelds, die geringer ist als erwartet (oder Turbulenzen beschleunigen die Teilchen erneut und modifizieren das Feld). Andere Schlussfolgerungen beziehen sich auf die Eigenschaften des kompakten Kerns und die Details der physikalischen Mechanismen, welche die Röntgen- und Radiostrahlung antreiben.
Abhandlung: „Deep Chandra Observations of the Pulsar Wind Nebula Created by PSR B0355+54“ von Klingler, Noel; Rangelov, Blagoy; Kargaltsev, Oleg; Pavlov, George G.; Romani, Roger W.; Posselt, Bettina; Slane, Patrick; Temim, Tea; Ng, C.-Y.; Bucciantini, Niccolò; Bykov, Andrei; Swartz, Douglas A.; Buehler, Rolf, ApJ 2016 (in press).
(THK)
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