Das NASA-Weltraumteleskop Fermi hat die bislang fernsten Gammastrahlenblazare identifiziert – das ist ein Galaxientyp, dessen starke Emissionen von supermassiven Schwarzen Löchern angetrieben werden. Das Licht der fernsten Objekte begann seine Reise zu uns, als das Universum 1,4 Milliarden Jahre alt war, oder knapp zehn Prozent seines heutigen Alters.
„Trotz ihrer Jugend enthalten diese weit entfernten Blazare einige der massereichsten bekannten Schwarzen Löcher“, sagte Roopesh Ojha, ein Astronom vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). „Dass sie sich so früh in der kosmischen Geschichte entwickelten, stellt die aktuellen Theorien über die Entstehung und das Wachstum supermassiver Schwarzer Löcher infrage, und wir wollen mehr dieser Objekte finden, um den Prozess besser zu verstehen.“
Ojha präsentierte die Ergebnisse am 30. Januar 2017 auf dem Treffen der American Physical Society in Washington. Eine Abhandlung, die die Ergebnisse beschreibt, wurde bei den Astrophysical Journal Letters eingereicht.
Blazare machen fast die Hälfte der von Fermis Large Area Telescope (LAT) registrierten Gammastrahlungsquellen aus. Astronomen denken, dass ihre hochenergetischen Emissionen von aufgeheizter und auseinandergerissener Materie stammen, wenn selbige aus einer Akkretionsscheibe in Richtung eines supermassiven Schwarzen Lochs mit mehr als einer Million Sonnenmassen fällt. Ein kleiner Teil der einfallenden Materie wird in zwei Partikeljets umgeleitet, die mit annähernd Lichtgeschwindigkeit in entgegengesetzte Richtungen ausgestoßen werden. Blazare leuchten hell in allen Lichtformen (darunter Gammastrahlen, dem energiereichsten Licht), wenn einer dieser Jets fast direkt in unsere Richtung weist.
Die bis dato fernsten von Fermi registrierten Blazare emittierten ihr Licht, als das Universums etwa 2,1 Milliarden Jahre alt war. Frühere Beobachtungen zeigten, dass die am weitesten entfernten Blazare den Großteil ihres Lichts in Energien produzieren, die genau zwischen dem vom LAT und aktuellen Röntgensatelliten erfassten Wellenlängenbereich liegen. Das macht ihre Beobachtung extrem schwierig.
Dann veröffentlichte das Fermi-Team im Jahr 2015 eine vollständige Verarbeitung aller LAT-Daten namens Pass 8, die zu so vielen Verbesserungen führte, dass Astronomen sagten, es sei so gewesen, als hätte man ein völlig neues Instrument. Die gesteigerte Empfindlichkeit des LAT in niedrigeren Energiebereichen erhöhte die Wahrscheinlichkeit, noch weiter entfernte Blazare zu entdecken.
Das Forschungsteam wurde von Vaidehi Paliya und Marco Ajello von der Clemson University in South Carolina geleitet. Ojha sowie Dario Gasparrini vom Science Data Center der Italian Space Agency in Rom gehörten ebenfalls zum Team. Sie begannen die Suche nach den fernsten Quellen in einem Katalog mit 1,4 Millionen Quasaren – eine Galaxienklasse, die eng mit Blazaren verwandt ist. Weil nur die hellsten Quellen in kosmischen Distanzen identifiziert werden können, eliminierten sie alle Objekte von der Liste, bis auf diejenigen, die im Radiowellenlängenbereich am hellsten waren. Mit einer abschließenden Stichprobe von rund 1.100 Objekten suchten die Forscher dann in den LAT-Daten nach diesen Objekten, was zur Entdeckung von fünf neuen Gammastrahlenblazaren führte.
Video-Link: https://youtu.be/SVIY2sbw0uo
Mittels der Rotverschiebung ausgedrückt, der von Astronomen bevorzugten Art für Distanzmessungen im fernen Universum, rangieren die neuen Blazare zwischen 3,3 und 4,31. Das bedeutet, das Licht, welches wir jetzt von ihnen empfangen, begann seine Reise, als das Universum zwischen 1,9 Milliarden und 1,4 Milliarden Jahre alt war.
„Als wir erst einmal diese Quellen gefunden hatten, sammelten wir alle verfügbaren Multiwellenlängendaten über sie und leiteten ihre Eigenschaften ab, beispielsweise die Masse des Schwarzen Lochs, die Helligkeit der Akkretionsscheibe und die Energie der Jets“, sagte Paliya.
Zwei der Blazare enthalten Schwarze Löcher mit einer Milliarde Sonnenmassen oder mehr. Alle Objekte besitzen extrem helle Akkretionsscheiben, die über zwei Billionen Mal mehr Energie abgeben als unsere Sonne. Das bedeutet, dass die Materie kontinuierlich nach innen fällt und in einer Scheibe angesammelt und aufgeheizt wird, bevor sie letztendlich in dem Schwarzen Loch verschwindet.
„Die Hauptfrage ist jetzt, wie diese gigantischen Schwarzen Locher in einem so jungen Universum entstehen konnten“, sagte Gasparrini. „Wir wissen nicht, welche Mechanismen ihre rasche Entwicklung anstießen.“ In der Zwischenzeit plant das Team, eine tiefere Suche nach weiteren Beispielen fortzusetzen. „Wir denken, dass Fermi nur die Spitze des Eisbergs freigelegt hat – die ersten Beispiele einer Galaxienpopulation, die bisher nicht im Gammastrahlenbereich registriert wurde“, sagte Ajello.
Das Fermi Gamma-ray Space Telescope der NASA ist eine Partnerschaft von Astrophysik und Teilchenphysik, entwickelt in Zusammenarbeit mit dem US-Energieministerium und mit wichtigen Beiträgen von akademischen Institutionen und Partnern in Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Schweden und den Vereinigten Staaten.
(THK)
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