Unsere sich ständig verändernde Sonne schießt kontinuierlich solare Materie in den Weltraum. Die größten dieser Ereignisse sind massereiche Wolken, die aus der Sonne ausbrechen, und werden als koronale Massenauswürfe (Coronal Mass Ejection, CME) bezeichnet. Diese Sonnenstürme treten meist mit einer Art Vorwarnung auf: dem hellen Blitz eines Flares, einem Hitzeausbruch oder einer Flut von energiereichen Sonnenteilchen. Aber ein anderer Sturmtyp bereitete Wissenschaftlern Kopfzerbrechen aufgrund des Fehlens von typischen Warnzeichen. Sie scheinen aus dem Nichts zu kommen, und Wissenschaftler nennen sie Stealth CMEs.
Jetzt hat ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Space Sciences Laboratory an der University of California in Berkeley und teilweise von der NASA finanziert ein Modell entwickelt, das die Entwicklung dieser unvorhersehbaren Sonnenstürme simuliert. Die Wissenschaftler stützten sich für diese Arbeit auf die NASA-Missionen STEREO und SOHO und verfeinerten ihr Modell, bis die Simulationen mit den weltraumbasierten Beobachtungen übereinstimmten. Ihre Arbeit zeigt, wie ein langsamer, ruhiger Prozess unerwarteterweise eine Reihe verdrillter Magnetfelder auf der Sonne erzeugen kann, die sich dann abschnüren und in den Weltraum schießen – alles ohne jede vorherige Warnung.
Verglichen mit normalen koronalen Massenauswürfen, die mit bis zu 2.900 Kilometern pro Sekunde von der Sonne eruptieren, bewegen sich Stealth CMEs mit einer moderaten Geschwindigkeit – zwischen 400 und 700 Kilometer pro Sekunde. Das entspricht etwa der Geschwindigkeit des vertrauten Sonnenwinds, dem kontinuierlichen Strom aus geladenen Teilchen, der von der Sonne ausgeht. Bei der Geschwindigkeit sind Stealth CMEs normalerweise nicht stark genug, um große Weltraumwetterereignisse auszulösen, aber wegen ihrer inneren Magnetfeldstruktur können sie immer noch kleine bis mittelschwere Störungen im irdischen Magnetfeld verursachen.
Um den Ursprung der Stealth CMEs zu ergründen, entwickelten die Wissenschaftler ein Modell der solaren Magnetfelder, das ihre Stärke und Bewegungen in der Sonnenatmosphäre simuliert. Kern des Modells war die differenzielle Rotation der Sonne, was bedeutet, dass unterschiedliche Punkte auf der Sonne mit verschiedenen Geschwindigkeiten rotieren. Im Gegensatz zur Erde, die als ein fester Körper rotiert, dreht sich die Sonne am Äquator schneller als an ihren Polen.
Das Modell zeigte, dass die differenzielle Rotation die solaren Magnetfelder mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausdehnen und ausbreiten lässt. Die Forscher demonstrierten, dass dieser konstante Prozess genug Energie erzeugt, um über einen Zeitraum von rund zwei Wochen Stealth CMEs zu bilden. Die Rotation der Sonne belastet die Magnetfeldlinien zunehmend und verdreht sie letztendlich in eine verzerrte Spirale aus Energie. Wenn sich genug Spannung aufgebaut hat, expandiert die Spirale, schießt in einer massereichen Blase aus verdrehten Magnetfeldern davon und die Stealth CME verlässt ohne Vorwarnung ruhig die Sonne.
Solche Computermodelle können Forschern helfen besser zu verstehen, wie die Sonne den erdnahen Weltraum beeinflusst. Außerdem können sie unsere Fähigkeiten zur Weltraumwettervorhersage verbessern, wie es von der U.S. National Oceanic and Atmospheric Administration praktiziert wird. Eine Abhandlung, veröffentlicht am 5. November 2016 im Journal of Geophysical Research, fasst diese Arbeit zusammen.
Diese Gif-Animation zeigt die Entwicklung einer Stealth CME basierend auf den Simulationen:
https://www.nasa.gov/sites/default/files/thumbnails/image/stealthcme2a.gif
(THK)
Antworten