Kleine Neuronengruppen im Hippocampus speichern episodische Erinnerungen

Schematische Darstellung des Hippocampus in einem menschlichen Gehirn. (Credit: Salk Institute)
Schematische Darstellung des Hippocampus in einem menschlichen Gehirn. (Credit: Salk Institute)

Forscher der University of California in San Diego und der UC San Diego School of Medicine berichten gemeinsam mit Kollegen in Arizona und Louisiana, dass episodische Erinnerungen im Hippocampus des menschlichen Gehirns in einzelnen, wenigen Neuronengruppen kodiert werden. Das bestätigt frühere Computermodelle. Die Ergebnisse wurden am 15. Januar 2018 in der PNAS Online Early Edition veröffentlicht.

Das episodische Gedächtnis sind Erinnerungen an vergangene Ereignisse, die an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit stattfanden. Es ähnelt einer Art mentalen Zeitreise, um sich beispielsweise an eine vergangene Geburtstagsfeier oder an ein Gespräch mit einem Freund zu erinnern. Die Kodierung episodischer Erinnerungen spielt sich im Hippocampus ab – das sind zwei kleine, seepferdchenförmige Regionen tief im Zentralbereich des Gehirns. Allerdings war der genaue Mechanismus und die Anzahl der beteiligten Neuronen bislang unklar.

„Wissenschaftler sind an diesen Fragestellungen nicht nur wegen ihrer Auswirkungen auf Gedächtnismodelle interessiert, sondern auch aus gesundheitlichen Gründen“, sagte der Erstautor Dr. John Wixted, Lehrprofessor am Department of Psychology der UC San Diego. „Zum Beispiel ist die Degeneration in dieser Region des Gehirns für den Gedächtnisverlust in den frühen Stadien der Alzheimer-Erkrankung verantwortlich.“

Wixted untersuchte zusammen mit Larry Squire (Lehrprofessor für Psychiatrie, Neurowissenschaften und Psychologie an der UC San Diego School of Medicine) und Kollegen die Hirnfunktionen von 20 epileptischen Patienten mittels intrakranialer Überwachung für klinische Zwecke.

Sie zeichneten die Aktivität einzelner Neuronen auf, während die Teilnehmer einen kontinuierlichen Strom aus Wörtern vorlasen, von denen manche wiederholt vorkamen. Die Teilnehmer wurden gebeten, die Worte als „neu“ beziehungsweise „alt“ zu bezeichnen, falls sie sich daran erinnerten, das Wort früher schon gesehen zu haben. Starke neurale Aktivität im Hippocampus, die mit wiederholten Wörtern in Zusammenhang steht, aber nicht mit neuen Wörtern, wurde als Hinweis auf Aktivitäten erachtet, die mit dem episodischen Gedächtnis verbunden sind.

Die Forscher stellten fest, dass individuelle episodische Erinnerungen durch die starke Aktivität kleiner (weniger als 2,5 Prozent) und normalerweise nicht überlagernder Gruppen von Neuronen im Hippocampus kodiert werden. Das ist eine Erkenntnis, die vielleicht hilft zu erklären, warum frühere Forschungsansätze beim Nachweis dieses Prozesses scheiterten. Zur gleichen Zeit bemerkten die Forscher, dass die Zündungsraten oder die Aktivität der restlichen Neuronen im Hippocampus (etwa 97,5 Prozent) unterdrückt wurden – ein Phänomen, das als „Neural Sharpening“ bezeichnet wird. Diese Ergebnisse sind entscheidend, weil sie bestätigen, was Wissenschaftler lange vermutet hatten, aber wofür direkte Belege fehlten.

Die Forscher suchten auch nach zugehöriger Aktivität in der Amygdala, einer benachbarten Hirnregion, die mit Emotionen und emotionalen Erinnerungen zusammenhängt. Modelle sagen nicht voraus, dass episodische Erinnerungen durch wenige Neuronengruppen in der Amygdala kodiert werden und tatsächlich fanden die Wissenschaftler dort keine derartige Aktivität.

„Wenn Behandlungen und Präventionsmöglichkeiten für Gedächtnisprobleme und für gedächtnisbeeinträchtigende Krankheiten entwickelt werden sollen, wird es wichtig sein zu wissen, wie das Gehirn das Lernen und Speichern von Erinnerungen bewerkstelligt: Welche Hirnstrukturen sind für das Gedächtnis wichtig und welche Aufgaben haben sie? In unserer Studie stellten wir etwas fest, das leicht übersehen worden wäre, gäbe es nicht die theoretischen Gedächtnismodelle, die früher entwickelt worden waren.“

Die Co-Autoren sind: Stephen D. Goldinger (Arizona State University), Joel R. Kuhn (UC San Diego), Megan H. Papesh (Louisiana State University), sowie Kris A. Smith, David M. Treiman und Peter N. Steinmetz (Barrow Neurological Institute).

Die Finanzierung für diese Forschungsarbeit wurde teilweise von der McKnight Foundation, dem Medical Research Service of the Department of Veterans Affairs (5101CX000359), dem National Institute of Child Health and Human Development (HD075800-04) und dem National Institute of Neurological and Communicative Disorders and Stroke (DC009781) bereitgestellt.

Quelle

(THK)

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