Hochauflösende Beobachtungen mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) zeigen einen rotierenden, staubhaltigen Gastorus um ein aktives, supermassives Schwarzes Loch. Die Existenz derartiger rotierender, donutförmiger Strukturen wurde bereits vor Jahrzehnten vermutet, aber dies ist das erste Mal, dass eine so deutlich bestätigt wurde. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die parallele Entwicklung von supermassiven Schwarzen Löchern und ihren Heimatgalaxien zu verstehen.
Fast alle Galaxien beherbergen verborgene, riesige Schwarze Löcher in ihren Zentren. Forscher wissen seit langer Zeit, dass das zentrale Schwarze Loch umso schwerer ist, je massereicher die Galaxie ist. Das klingt zunächst plausibel, aber die Heimatgalaxien sind zehn Milliarden Mal größer als das zentrale Schwarze Loch. Für zwei Objekte mit solch unterschiedlichen Größenordnungen sollte es schwierig sein, sich gegenseitig zu beeinflussen. Also wie konnte sich so eine Beziehung entwickeln?
Mit dem Ziel, diese Frage zu klären, nutzte ein Astronomenteam die hohe Auflösung des ALMA-Teleskops, um das Zentrum der Spiralgalaxie M77 zu beobachten. Die Zentralregion von M77 ist ein aktiver galaktischer Kern (active galactic nucleus, AGN), was bedeutet, dass große Mengen Materie in Richtung des zentralen supermassiven Schwarzen Lochs fallen und intensive Strahlung emittieren. Aktive galaktische Kerne können ihre Umgebung stark beeinflussen, deshalb sind diese Objekte von großer Bedeutung, um das Rätsel der parallelen Entwicklung von Galaxien und Schwarzen Löchern zu lösen.
Das Team fotografierte das Gebiet um das supermassive Schwarze Loch in M77 und fand eine kompakte Gasstruktur mit einem Radius von 20 Lichtjahren. Und die Astronomen stellten außerdem fest, dass die kompakte Struktur wie erwartet um das Schwarze Loch rotiert.
“Um verschiedene Eigenschaften von aktiven galaktischen Kernen zu interpretieren, haben Astronomen rotierende, donutähnliche Strukturen aus Staub und Gas um aktive supermassive Schwarze Löcher vermutet. Dies wird als das ‘vereinigte Modell’ eines aktiven galaktischen Kerns bezeichnet”, erklärte Masatoshi Imanishi vom National Astronomical Observatory of Japan (NAOJ). Er ist der Hauptautor eine Studie, die in den Astrophysical Journal Letters veröffentlicht wurde. “Der staubhaltige Gasdonut ist allerdings sehr klein. Mit der hohen Auflösung von ALMA können wir die Struktur jetzt direkt sehen.”
Viele Astronomen haben früher schon das Zentrum von M77 beobachtet, aber bisher war die Rotation des Gasdonuts um das Schwarze Loch nie so deutlich zu sehen. Neben der hervorragenden Auflösung von ALMA war die Auswahl der zu beobachtenden molekularen Emissionslinien der Schlüssel, um die Struktur sichtbar zu machen. Das Team beobachtete bestimmte Mikrowellenemissionen von Cyanwasserstoffmolekülen (HCN) und Aldehydionen (HCO+). Diese Moleküle emittieren nur in dichtem Gas Mikrowellen, wohingegen das häufiger beobachtete Kohlenstoffmonoxid (CO) bei einer Vielzahl von Bedingungen Mikrowellen emittiert. Man vermutet, dass der Torus um den aktiven galaktischen Kern sehr dicht ist, und die Strategie des Teams war korrekt.
“Frühere Beobachtungen haben die Ost-West-Elongation des staubhaltigen Gastorus offenbart. Die anhand unserer ALMA-Daten enthüllte Dynamik stimmt exakt mit der erwarteten Rotationsausrichtung des Torus überein”, sagte Imanishi.
Interessanterweise ist die Verteilung des Gases um das supermassive Schwarze Loch viel komplexer als ein einfaches vereinigtes Modell vorschlägt. Der Torus scheint eine Asymmetrie zu besitzen, und die Rotation folgt nicht nur der Gravitation des Schwarzen Lochs, sondern enthält auch hochgradig zufällige Bewegungen. Diese Tatsachen könnten darauf hinweisen, dass der aktive galaktische Kern eine heftige Vergangenheit hat, zu der möglicherweise eine Verschmelzung mit einer kleineren Galaxie gehört. Trotzdem ist die Identifizierung des rotierenden Torus ein wichtiger Schritt.
Die Milchstraßen-Galaxie, in der wir leben, besitzt ebenfalls ein supermassives Schwarzes Loch in ihrem Zentrum. Dieses Schwarze Loch befindet sich allerdings in einem sehr ruhigen Zustand. Nur kleine Mengen Gas stürzen auf es zu. Um einen aktiven galaktischen Kern zu untersuchen, müssen Astronomen daher die Zentren ferner Galaxien beobachten. M77 enthält einen der nächstgelegenen aktiven galaktischen Kerne und ist ein zweckdienliches Objekt, um detailliert bis in das Zentrum zu blicken.
Diese Beobachtungen werden in der Studie mit dem Titel “ALMA Reveals an Inhomogeneous Compact Rotating Dense Molecular Torus at the NGC 1068 Nucleus” von Imanishi et al. beschrieben, veröffentlicht in den Astrophysical Journal Letters (Ausgabe vom 1. Februar 2018).
Die Teammitglieder sind Masatoshi Imanishi (National Astronomical Observatory of Japan / SOKENDAI), Kouichiro Nakanishi (National Astronomical Observatory of Japan / SOKENDAI), Takuma Izumi (National Astronomical Observatory of Japan) und Keiichi Wada (Kagoshima University).
Diese Forschungsarbeit wurde von der Japan Society for the Promotion of Science KAKENHI (15K05030 und 16H03959) unterstützt.
(THK)
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