
Kosmische Strahlen sind Teilchen aus dem Weltraum, hauptsächlich Protonen, die sich fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Wenn die energiereichsten dieser Teilchen auf die Atmosphäre unseres Planeten treffen, interagieren sie mit Atomkernen in der Atmosphäre und produzieren zahlreiche Sekundärteilchen, die auf die Erdoberfläche regnen. Diese Luftschauer, wie sie genannt werden, ähneln den Teilchenschauern, die durch Kollisionen in Teilchenbeschleunigern wie dem Large Hadron Collider (LHC) am CERN produziert werden. Im kommenden Betriebslauf des LHC, beginnend im Jahr 2021, soll das kleinste der LHC-Experimente – das LHCf-Experiment – die ersten Interaktion untersuchen, die diese kosmischen Schauer auslösen.
Beobachtungen von Luftschauern werden im Allgemeinen mithilfe Computersimulationen interpretiert, in denen ein Modell beschreibt, wie kosmische Strahlen mit Atomkernen in der Atmosphäre interagieren. Aber es gibt verschiedene Modelle, und es ist unklar, welches das am besten passende ist. Das LHCf-Experiment ist in einer idealen Position, um diese Modelle zu prüfen und dabei zu helfen, Licht auf die Interaktionen kosmischer Strahlen zu werfen.
Im Gegensatz zu den LHC-Hauptexperimenten, die Teilchen messen, welche in großen Winkeln von der Kollisionslinie emittiert werden, misst das LHCf-Experiment Teilchen, die frontal herausfliegen, also in kleinen Winkeln von der Kollisionslinie. Diese Teilchen, die einen großen Teil der Kollisionsenergie tragen, können verwendet werden, um die kleinen Winkel und die hohen Energien zu untersuchen, bei denen die Voraussagen der unterschiedlichen Modelle nicht übereinstimmen.
Mit Daten von Proton-Proton-Kollisionen am LHC bei einer Energie von 13 Teraelektronenvolt hat das LHCf-Experiment kürzlich gemessen, wie die Anzahl der frontal emittierten Photonen und Neutronen mit der Teilchenenergie bei hohen Energien variiert. Diese Messungen stimmen mit manchen Modellen besser überein als mit anderen und werden von Simulationsexperten momentan eingepflegt.
Beim nächsten LHC-Betriebslauf sollte das LHCf-Experiment aufgrund der höheren Kollisionsenergie den Bereich der untersuchten Teilchenenergien erweitern. Dank aktueller Verbesserungsarbeiten sollte das Experiment außerdem die Anzahl und den Typ der registrierten und untersuchten Teilchen erhöhen.
Darüber hinaus plant das Experiment die Messung von Teilchen, die frontal bei Kollisionen von Protonen mit leichten Ionen emittiert werden, höchstwahrscheinlich Sauerstoffionen. An den ersten Interaktionen, die Luftschauer in der Atmosphäre auslösen, sind hauptsächlich leichte Atomkerne wie Sauerstoff und Stickstoff beteiligt. Das LHCf-Experiment könnte daher beim nächsten Betriebslauf eine solche Interaktion registrieren und neues Licht auf Modelle zur Interaktion von kosmischen Strahlen bei hohen Energien werfen.
(THK)
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