Astronomen finden wahrscheinlich ein unsichtbares Schwarzes Loch

Das Fred L. Whipple Observatory. (Credits: SAO / TRES)
Das Fred L. Whipple Observatory. (Credits: SAO / TRES)

Paradoxerweise werden Schwarze Löcher, die aufgrund ihres starken Gravitationsfeldes kein Licht emittieren, regelmäßig anhand ihrer hellen Röntgenemissionen entdeckt. Die Röntgenemissionen entstehen, wenn sich Materie in einem Torus um ein Schwarzes Loch ansammelt und dort auf hohe Temperaturen aufgeheizt wird. Es sind tausende Röntgenstrahlung emittierende Schwarze Löcher bekannt. Ihre Größe reicht von kleinen stellaren Schwarzen Löchern bis hin zu supermassiven Schwarzen Löchern in den Zentren von Galaxien (wie der kürzlich fotografierte Schatten des gigantischen Schwarzen Lochs in M87 mit fast einer Milliarde Sonnenmassen).

Die bemerkenswerten Messungen der Gravitationswellenemissionen von verschmelzenden dichten Objekten (darunter Schwarzen Löchern) veranschaulichen, wie auch nicht-elektromagnetische Strahlung für die Entdeckung Schwarzer Löcher verwendet werden kann. Astronomen denken jedoch, dass viele und vielleicht sogar die meisten Schwarzen Löcher momentan weder Materie ansammeln noch in den letzten Stadien einer Verschmelzung sind. Wie soll man sie dann entdecken, wenn sie keine Strahlung abgeben?

Jetzt wurde wahrscheinlich das erste stellare Schwarze Loch entdeckt, das keine nachweisbare Strahlung abgibt. Die Entdeckung gelang einem Forschungsteam, zu dem auch die Astronomen Dave Latham, Allyson Bieryla, Gilbert Esquerdo, Perry Berlind und Michale Calkins vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) gehörten. Ihre Methode bestand darin, nach einem Stern zu suchen, dessen Wackeln darauf hindeutete, dass er ein massereiches, unsichtbares Begleitobjekt umkreist, vermutlich ein Schwarzes Loch. Dieses Radialgeschwindigkeitsmethode ist dieselbe, die bei der Suche nach Planeten um andere Sterne verwendet wird – eine Technik, bei der Astronomen des CfA federführend waren.

Der Stern 2MASSJ05215658+4359220 (sein langer Name bezeichnet seine Position am Himmel) ist ein Riesenstern in Richtung des Sternbildes Auriga (Fuhrmann) und rund 12.000 Lichtjahre entfernt. Das Team entdeckte, dass der Stern mit einer Periode von etwa 83 Tagen mit einer Geschwindigkeitsveränderung von circa 80 km/s “wackelte”.

Das besondere Verhalten des Sterns wurde erstmals anhand infrarotspektroskopischer Daten des Apache Point Observatory Galactic Evolution Experiment (APOGEE) erkannt. Daraufhin folgte die Suche nach Lichtveränderungen mit dem All-Sky Automated Survey for Supernovae (ASAS-SN) Instrument und anschließend mit präziseren spektroskopische Daten mit des Tillinghast Reflector Echelle Spectrograph (TRES) am Fred L. Whipple Observatory.

Die Kombination der Datensätze aus diesen Beobachtungskampagnen erlaubte den Wissenschaftlern, die Masse des Sterns auf etwa 3,2 Sonnenmassen zu bestimmen. Die Masse seines unsichtbaren Begleiters hat eine untere Grenze (weil die Neigung seiner Umlaufbahn nicht bekannt ist) in ungefähr demselben Bereich, circa 3,3 Sonnenmassen. Das Schwarze Loch dieser Größe ist selbst eine wichtige Entdeckung, weil die Größe in die sogenannte “Massenlücke” kompakter Objekte zwischen Neutronensternen und typischeren stellaren Schwarzen Löchern fällt.

Das unsichtbare Objekt könnte im Prinzip ein Neutronenstern sein, aber weil seine Masse größer als die Masse des massereichsten bekannten Neutronensterns (2,0 Sonnenmassen) ist, und weil sie mit einigen Modellen über die Größen von Schwarzen Löchern übereinstimmt, argumentiert das Team, dass das unsichtbare Objekt vermutlich ein Schwarzes Loch ist – das erste, das ohne elektromagnetische Emissionen entdeckt wurde.

Abhandlung: “A Noninteracting Low-Mass Black Hole–Giant Star Binary System” von Todd A. Thompson, Christopher S. Kochanek, Krzysztof Z. Stanek, Carles Badenes, Richard S. Post, Tharindu Jayasinghe, David W. Latham, Allyson Bieryla, Gilbert A. Esquerdo, Perry Berlind, Michael L. Calkins, Jamie Tayar, Lennart Lindegren, Jennifer A. Johnson, Thomas W.-S. Holoien, Katie Auchett, Kevin Covey, Science 366, 637, 2019.

Quelle

(THK)

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