ALMA beobachtet zwei Schwarze Löcher bei einer Galaxienverschmelzung

Die Galaxie NGC 6240, beobachtet von ALMA (oben) und Hubble (unten). (Credits: ALMA (ESO / NAOJ / NRAO), E. Treister; NRAO / AUI / NSF, S. Dagnello; NASA / ESA Hubble)
Die Galaxie NGC 6240, beobachtet von ALMA (oben) und Hubble (unten). (Credits: ALMA (ESO / NAOJ / NRAO), E. Treister; NRAO / AUI / NSF, S. Dagnello; NASA / ESA Hubble)

Ein internationales Astronomenteam hat das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) verwendet, um das bislang detailreichste Bild des Gases um zwei supermassive Schwarze Löcher in einer verschmelzenden Galaxie zu erstellen.

Ungefähr 400 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt in Richtung des Sternbildes Ophiuchus (Schlangenträger) kollidieren zwei Galaxien miteinander und bilden eine Galaxie, die wir als NGC 6240 kennen. Diese Galaxie mit einer besonderen Form wurde viele Male beobachtet, weil sie relativ nahe liegt. Aber NGC 6240 ist komplex und chaotisch. Der Kollisionsprozess zwischen den Galaxien hält noch an und bringt zwei wachsende supermassive Schwarze Löcher einander näher, die wahrscheinlich zu einem größeren Schwarzen Loch verschmelzen werden.

Um zu verstehen, was in NGC 6240 geschieht, möchten Astronomen den Staub und das Gas um die Schwarzen Löcher detailliert beobachten. Allerdings waren die bisherigen Bilder nicht scharf genug, um das zu ermöglichen. Neue ALMA-Beobachtungen haben die Auflösung der Bilder um den Faktor Zehn erhöht und zeigen erstmals die Struktur des kalten Gases in der Galaxie, sogar innerhalb des Einflussbereichs der Schwarzen Löcher.

„Der Schlüssel zum Verständnis dieses Galaxiensystems ist das molekulare Gas“, erklärte Ezequiel Treister von der Pontificia Universidad Católica in Santiago (Chile). „Dieses Gas ist der Treibstoff, der für die Bildung von Sternen benötigt wird, aber er nährt auch die supermassiven Schwarzen Löcher, was ihnen erlaubt zu wachsen.“

Der Großteil des Gases befindet sich in einer Region zwischen den beiden Schwarzen Löchern. Weniger detaillierte, frühere Beobachtungen deuteten darauf hin, dass dieses Gas eine rotierende Scheibe sein könnte. „Wir finden keine Belege dafür“, sagte Treister. „Stattdessen sehen wir chaotische Gasströme mit Filamenten und Blasen zwischen den Schwarzen Löchern. Ein Teil dieses Gases wird mit Geschwindigkeiten von bis zu 500 Kilometern pro Sekunde fortkatapultiert. Wir wissen noch nicht, was diese Abströmungen verursacht.“

Ein anderer Grund, das Gas so detailliert zu beobachten, liegt darin, dass es bei der Bestimmung der Masse der Schwarzen Löcher hilft. „Frühere Modelle, basierend auf umgebenden Sternen, sprachen dafür, dass die Schwarzen Löcher viel massereicher als erwartet sind – rund eine Milliarde Sonnenmassen“, sagte Anne Medling von der University of Toledo (Ohio). „Aber diese neuen ALMA-Bilder zeigen uns erstmals, wie viel Gas innerhalb des Einflussbereichs der Schwarzen Löcher eingefangen wird. Diese Masse ist beträchtlich und deshalb schätzen wir jetzt, dass die Massen der Schwarzen Löcher geringer sind: etwa ein paar hundert Millionen Sonnenmassen. Ausgehend davon vermuten wir, dass die meisten früheren Messungen der Schwarzen Löcher in Systemen wie diesem um 5-90 Prozent daneben liegen könnten.“

Es stellte sich auch heraus, dass das Gas näher an den Schwarzen Löchern liegt, als die Astronomen erwartet hatten. „Es befindet sich in einer sehr extremen Umgebung“, erklärte Medling. „Wir denken, dass es letztendlich in das Schwarze Loch fallen oder mit hoher Geschwindigkeit fortkatapultiert werden wird.“

Die Astronomen finden keine Belege für ein drittes Schwarzes Loch in der Galaxie, was ein anderes Team kürzlich als Entdeckung vermeldet hatte. „Wir sehen kein molekulares Gas, das mit diesem vermuteten dritten Nukleus zusammenhängt“, sagte Treister. „Anstatt ein Schwarzes Loch könnte es ein lokaler Sternhaufen sein, aber wir müssen es viel genauer untersuchen, um etwas mit Sicherheit sagen zu können.“

ALMAs hohe Empfindlichkeit und Auflösung sind entscheidend, um mehr über supermassive Schwarze Löcher und die Rolle des Gases in interagierenden Galaxien zu erfahren. „Diese Galaxie ist so komplex, dass wir ohne die detaillierten Radiobilder nie erfahren hätten, was in ihr geschieht“, sagte Loreto Barcos-Muñoz vom National Radio Astronomy Observatory in Charlottesville (Virginia). „Jetzt haben wir einen besseren Eindruck der dreidimensionalen Struktur der Galaxie, was uns die Möglichkeit gibt zu verstehen, wie sich Galaxien während der letzten Phasen einer Verschmelzung entwickeln. In ein paar hundert Millionen Jahren wird diese Galaxie völlig anders aussehen.“

Das National Radio Astronomy Observatory ist eine Einrichtung der National Science Foundation und wird im Rahmen eines Kooperationsvertrags von Associated Universities, Inc. betrieben.

Quelle

(THK)

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