Der Halo, der unsere eigene Milchstraßen-Galaxie umgibt, ist viel heißer, als Wissenschaftler einst vermutet hatten – und er könnte unter Galaxien nicht einzigartig sein. Die neuen Ergebnisse wurden auf einem Treffen der American Astronomical Society (AAS) präsentiert, das aufgrund der COVID-19-Pandemie online abgehalten wurde.
In früheren Arbeiten stellten Forscher der Ohio State University fest, dass Teile des Halos unserer Milchstraßen-Galaxie mindestens zehnmal heißer sind als bis dato angenommen wurde. Der Halo ist die Struktur aus Staub, Gas und Dunkler Materie, die einige Galaxien umgibt.
Diese neue Forschungsarbeit ergab Smitha Mathur zufolge, dass die extremen Temperaturen, die die Forscher in ihrer ursprünglichen Analyse feststellten (bis zu 10 Millionen Kelvin) möglicherweise im gesamten Halo herrschen könnten. Mathur ist Professorin für Astronomie an der Ohio State University.
“Wir können nicht mit Sicherheit sagen, dass sie überall so hoch ist, weil wir nicht den gesamten Halo analysiert haben”, sagte Mathur. “Aber wir wissen, dass die Temperatur, die wir in der ersten Studie sahen, definitiv nicht einmalig ist, und das ist sehr spannend.”
Mathur, als Seniorforscherin an den drei vorgestellten Studien beteiligt, sagte, die Ergebnisse könnten Astronomen dabei helfen, mehr darüber zu erfahren, wie die Milchstraße und andere ähnliche Galaxien entstanden und wachsen.
“Wir versuchen etwas über die Elemente zu erfahren, die diese Halos bilden, und über die dort herrschenden Temperaturen”, sagte Mathur. “Diese Dinge zu kennen, kann uns helfen zu verstehen, wie sich die Galaxien mit dem Rest des Universums verbinden, wie sie entstanden und woher die Elemente gekommen sein könnten.”
Mehr über den Halo zu erfahren, der die letzte Verbindung zwischen einer Galaxie und dem umgebenden Weltraum darstellt, könnte Forschern helfen zu verstehen, wie eine Galaxie wächst und sich im Lauf der Zeit verändert. Die von dem Team analysierten Daten stammen von einem Röntgenobservatorium der European Space Agency (ESA). Dieses Teleskop, genannt XMM-Newton, sammelt Daten in Röntgenwellenlängen, die sonst von der Erdatmosphäre blockiert werden. Das Teleskop sammelte diese Daten von der Milchstraße, wobei es nur in eine Richtung blickte.
“Es zeigte uns, dass der Halo viel heißer ist, als wir bis dato wussten, aber es zeigte uns nicht, ob dies in der gesamten Galaxie der Fall war, oder ob das Teleskop eine Anomalie aufgefangen hatte, verursacht durch eine unbekannte Kraft aus der Richtung, in die das Teleskop zeigte”, sagte Mathur.
Anjali Gupta, eine Gastforscherin an der Ohio State University, analysierte Daten des japanischen Röntgensatelliten Suzaku, der Spektren des Milchstraßen-Halos in vier verschiedenen Richtungen aufnahm. Diese Analyse bestätigte ihr früheres Ergebnis, laut dem der Halo viel heißer ist als ursprünglich angenommen. Außerdem zeigte es, dass andere Bereiche des Halos wahrscheinlich auch so heiß sind.
Die Wissenschaftler fragten sich, ob die von ihnen gefundenen Temperaturen des Milchstraßen-Halos auch in anderen Galaxien gemessen werden könnten.
Mathur und Sanskriti Das, ein Doktorand an der Ohio State University, der als Co-Autor an den früheren Studien über den Milchstraßen-Halo mitwirkte, analysierten Daten von einer rund 200 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie. Diese Galaxie namens NGC 3221 ähnelt in Form und Größe unserer Milchstraßen-Galaxie. Die Analyse ergab, dass der Halo, der diese Galaxie umgibt, so heiß ist wie der Milchstraßen-Halo.
Mathur, Das und Gupta stellten ihre Ergebnisse in verschiedenenen Präsentationen auf dem Treffen der AAS vor.
(THK)
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