Neue Erkenntnisse zur Rotation von Sagittarius A*

Weitfeldansicht des Zentrums unserer Milchstraßen-Galaxie in sichtbaren Wellenlängen. (Credit: ESO and Digitized Sky Survey 2. Acknowledgment: Davide De Martin and S. Guisard)
Weitfeldansicht des Zentrums unserer Milchstraßen-Galaxie in sichtbaren Wellenlängen. (Credit: ESO and Digitized Sky Survey 2. Acknowledgment: Davide De Martin and S. Guisard)

Das riesige Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraßen-Galaxie erweist sich wieder einmal als seltsamer als Science-Fiction. Eine neue Studie von Wissenschaftlern des Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und des Center for Interdisciplinary Exploration and Research in Astrophysics (CIERA) an der Northwestern University hat ergeben, dass das supermassive Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraßen-Galaxie nicht schnell rotiert. Das untermauert die Theorie, dass es wahrscheinlich keinen Jet besitzt. Die Studie wurde in den Astrophysical Journal Letters veröffentlicht.

Supermassive Schwarze Löcher wie Sagittarius A*, das riesige Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraßen-Galaxie, werden durch zwei Parameter charakterisiert: Die Masse und den Drehimpuls. Aber diese Parameter haben einen entscheidenden Einfluss auf die Entstehung und Entwicklung von Galaxien. Laut Dr. Avi Loeb, dem Frank B. Baird Jr. Professor of Science an der Harvard University und Astronom am CfA, setzen Schwarze Löcher eine gigantische Menge Energie frei, die das Gas aus Galaxien reißt und dadurch ihre Sternentstehungsgeschichte gestaltet. Loeb ist Co-Autor der Studie.

Obwohl Forscher wissen, dass die Masse von zentralen Schwarzen Löchern einen entscheidenden Einfluss auf ihre Heimatgalaxie hat, ist es nicht einfach, den Einfluss ihres Drehimpulses zu messen. „Der Effekt des Drehimpulses von Schwarzen Löchern auf die Umlaufbahnen naher Sterne ist gering und schwer direkt zu messen“, wie Loeb es formuliert.

Um besser zu verstehen, wie Sagittarius A* die Entstehung und Entwicklung der Milchstraßen-Galaxie beeinflusst hat, untersuchten Loeb und Dr. Giacomo Fragione vom CIERA stattdessen die stellaren Umlaufbahnen und die räumliche Verteilung von S-Sternen, um den Drehimpuls des Schwarzen Lochs einzugrenzen. S-Sterne sind die nächsten Sterne im Umkreis von Sagittarius A* und bewegen sich mit bis zu ein paar Prozent der Lichtgeschwindigkeit. „Wir schlussfolgerten, dass das supermassive Schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxie langsam rotiert“, sagte Fragione. „Das kann bedeutende Auswirkungen auf den Nachweis von Aktivitäten im Zentrum unserer Galaxie und zukünftige Beobachtungen des Event Horizon Telescope haben.“

Die S-Sterne scheinen sich in zwei bevorzugten Ebenen zu befinden. Loeb und Fragione zeigten, dass die bevorzugten Orbitalebenen der Sterne bei der Geburt in der Zwischenzeit gestört worden wären, wenn Sagittarius A* einen großen Drehimpuls hätte. „Für unsere Studie nutzten wir die kürzlich entdeckten S-Sterne, um zu zeigen, dass der Drehimpuls des Schwarzen Lochs Sagittarius A* kleiner als zehn Prozent seines Maximalwertes sein muss. Der Maximalwert entspricht einem Schwarzen Loch, das mit Lichtgeschwindigkeit rotiert“, sagte Loeb. „Anderenfalls würden die Orbitalebenen dieser Sterne nicht während ihrer Lebenszeit stabil bleiben, so wie wir es heute beobachten.“

Die Ergebnisse der Studie weisen auch auf eine andere wichtige Eigenschaft von Sagittarius A* hin: Es besitzt wahrscheinlich keinen Jet. „Man vermutet, dass Jets durch rotierende Schwarze Löcher entstehen, die als riesige Schwungräder agieren“, sagte Loeb. „In der Tat gibt es keinen Beleg für Jetaktivität in Sagittarius A*. Kommende Analysen von Daten des Event Horizon Telescope werden mehr Licht auf diesen Sachverhalt werfen“, ergänzte Fragione.

Die Ergebnisse wurden nur Tage vor der Bekanntgabe des Physik-Nobelpreises 2020 veröffentlicht, der zum Teil den Forschern Reinhard Genzel und Andrea Ghez für ihre bahnbrechende Forschung verliehen wurde. Sie demonstrierten, dass Sagittarius A* ein Schwarzes Loch ist. „Genzel und Ghez verfolgten die Bewegungen der Sterne um Sagittarius A*“, sagte Loeb. „Sie maßen dessen Masse aber nicht dessen Drehimpuls. Wir haben die ersten engen Grenzen für den Drehimpuls von Sagittarius A* abgeleitet“, sagte Loeb und ergänzte, dass die Entdeckung ohne Genzels und Ghez Arbeit nicht möglich gewesen wäre.

Diese Studie wurde teilweise von einem CIERA-Stipendiat an der Northwestern University und die Black Hole Initiative der Harvard University unterstützt, die mit Fördermitteln der John Templeton Foundation und der Gordon and Betty Moore Foundation finanziert wird.

Abhandlung: „An upper limit on the spin of SgrA* based on stellar orbits in its vicinity“ von G. Fragione und A. Loeb, The Astrophysical Journal Letters

(Anm. d. Red.: Zur vollständigen Beschreibung eines Schwarzen Lochs sind drei Parameter notwendig. Der im Text nicht genannte Parameter ist die elektrische Ladung. Im Normalfall nimmt man aber an, dass supermassive Schwarze Löcher elektrisch neutral sind und keine elektrische Ladung besitzen.)

Quelle

(THK)

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