Eine neue Distanzmessung zur ungewöhnlichen Galaxie NGC 1052-DF2

Die Zwerggalaxie NGC 1052-DF2, aufgenommen vom Weltraumteleskop Hubble. (Credits: NASA, ESA, and P. van Dokkum (Yale University))
Die Zwerggalaxie NGC 1052-DF2, aufgenommen vom Weltraumteleskop Hubble. (Credits: NASA, ESA, and P. van Dokkum (Yale University))

Die Galaxie NGC 1052-DF2 liegt in einem Galaxienfeld rund 65 Millionen Lichtjahre entfernt. Ihre geringe Masse von nur etwa 200 Millionen Sonnenmassen macht sie zu einer Zwerggalaxie mit circa 15.000 Lichtjahren Durchmesser. Sie ist als eine ultradiffuse Galaxie klassifiziert. Sie unterscheidet sich auch dadurch, dass sie eine große Population heller Kugelsternhaufen besitzt.

Vor zwei Jahren wurde in ihrer Nähe eine zweite ähnlich schwache Zwerggalaxie entdeckt, und die relativen Bewegungen dieser beiden Galaxien sprechen sehr dafür, dass sie nur wenig oder gar keine Dunkle Materie besitzen. Zum Vergleich: In der Milchstraßen-Galaxie (einer normalen Galaxie) umfasst die Dunkle Materie fast zehnmal mehr Masse als die stellare Materie.

Astronomen erkannten auch, dass diese Massen- und Bewegungsmessungen (sofern sie präzise sind) genutzt werden könnten, um eine lange bestehende Alternative zu Einsteins Relativitätstheorie zu bestätigen oder zu widerlegen. Aber zuerst muss die Entfernung zu der Galaxie genauer bekannt sein, weil sich die Werte für viele ihrer Eigenschaften wie Bewegung, Helligkeit und abgeleitete Masse auf die vermutete Entfernung stützen.

Der Astronom Charlie Conroy vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) war Mitglied eines Teams, das eine neue Entfernungsmessung an der Galaxie vorgenommen hat. Anstatt sich auf ihre Geschwindigkeit und Rotverschiebung zu stützen, um die Distanz zu bestimmen (ein Wert, durch ihre lokale Bewegung innerhalb der Galaxiengruppe verschleiert werden könnte), leiteten die Forscher die Distanz aus der Helligkeit schwacher roter Riesensterne auf der Spitze des Rote-Riesen-Astes im Hertzsprung-Russell-Diagramm ab. Das ist eine etablierte Standardmethode, wenn Sterne hell genug sind, um gut untersucht werden zu können. Wenn ein massearmer Stern fast all seinen Wasserstoff verbrannt hat und in seinem Kern die Fusion von Helium beginnt, wird der Übergang von einem Schrumpfen der Größe und einem raschen Anstieg der Kerntemperatur begleitet, gefolgt von einer Verschiebung in eine bläulichere Farbe und einem plötzlichen Abfall der Helligkeit.

Diese schnelle Helligkeitsveränderung ist in optischen und nahinfraroten Wellenlängen deutlich erkennbar. Die absoluten Helligkeiten dieser Sterne können dann festgestellt werden und anhand ihrer scheinbaren Helligkeiten kann anschließend die Entfernung berechnet werden. Die Astronomen nutzten 40 Umkreisungen des Weltraumteleskops Hubble, um die Helligkeit der roten Riesensterne in NGC 1052-DF2 zu messen. Aus diesen Daten leiteten sie ihren Wert für die Entfernung ab: 72,7 Millionen Lichtjahre ± fünf Prozent.

Diese neue Distanz bestätigt zum einen die ungewöhnlichen Eigenschaften der Galaxie inklusive ihres rätselhaften Mangels an Dunkler Materie und zum anderen die außergewöhnliche Helligkeit ihrer Kugelsternhaufen (die neue Messung macht sie sogar noch heller). Das Ergebnis bedeutet auch, dass die Daten nicht für die vorgeschlagenen Prüfungen der alternativen Gravitationstheorie geeignet sein werden.

Abhandlung: „A Tip of the Red Giant Branch Distance of 22.1±1.2Mpc to the Dark Matter Deficient Galaxy NGC 1052–DF2 from 40 Orbits of Hubble Space Telescope Imaging“ von Zili Shen, Shany Danieli, Pieter van Dokkum, Roberto Abraham, Jean P. Brodie, Charlie Conroy, Andrew E. Dolphin, Aaron J. Romanowsky, J. M. Diederik Kruijssen und Dhruba Dutta Chowdhury, The Astrophysical Journal Letters 914, L12, 2021.

Quelle

(THK)

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