Aktuelle Messergebnisse des kosmischen Mikrowellenhintergrunds

Das Keck Array (links) und BICEP2 (rechts) in der Amundsen-Scott-Station am Südpol. (Credits: Wikipedia / Christopher Michel / CC BY SA 2.0)
Das Keck Array (links) und BICEP2 (rechts) in der Amundsen-Scott-Station am Südpol. (Credits: Wikipedia / Christopher Michel / CC BY SA 2.0)

Das Universum entstand vor etwa 13,8 Milliarden Jahren in einem Lichtblitz, dem Urknall. Rund 380.000 Jahre später, nachdem die Materie (hauptsächlich Wasserstoff) sich genug abgekühlt hatte, um neutrale Atome zu bilden, konnte sich das Licht ungehindert im Universum ausbreiten. Dieses Licht, die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung, kommt gleichförmig aus jeder Richtung am Himmel zu uns. Diesen Eindruck machte es anfangs. In den letzten Jahrzehnten haben Astronomen entdeckt, dass die Strahlung schwache Ungleichmäßigkeiten und Helligkeitsabfälle in der Größenordnung von einem Hunderttausendstel aufweist. Das waren die Samenkörner für zukünftige Strukturen wie Galaxien.

Astronomen haben festgestellt, dass diese Störungen auch Spuren eines anfänglichen Expansionsschubs enthalten, der sogenannten Inflation. Während der Inflation expandierte das Universum in nur 10-33 Sekunden um 33 Größenordnungen. Hinweise zur Inflation sollten in der Art und Weise zu finden sein, wie sich die Störungen kräuseln – ein Effekt aufgrund der Gravitationswellen in der kosmischen Kindheit, die Vermutungen zufolge vielleicht 100 Mal schwächer sind als die Störungen selbst.

Der Kräuselungseffekt erzeugt Muster im Licht, die als B-Mode-Polarisation bezeichnet werden, und ist außerordentlich schwach. Andere exotische Prozesse, die im Universum ablaufen, machen diese anspruchsvolle Messung sogar noch schwieriger. Der größte Faktor ist dabei das schwache Leuchten von Staubteilchen in unserer Galaxie, die sich an den Magnetfeldern ausgerichtet haben. Dieses Licht ist ebenfalls polarisiert und kann durch Magnetfelder gedreht werden, um B-Mode-Polarisationsmuster zu erzeugen. Radiowellen aus unserer Galaxie können ähnliche Effekte verursachen.

Vor sechs Jahren berichteten Astronomen des Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA), dass sie am Südpol die ersten Belege für solche gekräuselten B-Mode-Polarisationen gefunden hatten, deren Stärke mit einfachen Modellen der Inflation übereinstimmten. Aber nachfolgende Messungen in anderen Mikrowellenfrequenzen offenbarten, dass das Signal durch galaktischen Staub erklärbar war.

In den Jahren seit diesen ersten Messungen der B-Mode-Polarisation haben Astronomen ihre sorgfältigen Beobachtungen fortgesetzt und mit neuen Teleskopen am Südpol weitere Daten in vielen verschiedenen Frequenzen gesammelt.

Die CfA-Astronomen D. Barkats, H. Boenish, J. Connors, J. Cornelison, M. Dierickx, M. Eiben, D.C. Goldfinger, P. Grimes, S. Harrison, K.S. Karkare, J. M. Kovac, B. Racine, S. Richter, B.L. Schmitt, T. St. Germaine, C. Verges, C.L. Wong, L. Zeng und ein großes Team haben gerade eine Analyse sämtlicher Daten von BICEP2, dem Keck Array und BICEP3 bis 2018 abgeschlossen und korrelieren die Ergebnisse mit Ergebnissen der Weltraummissionen Planck und WMAP. Obwohl die Datensammlung dieser Missionen 2013 beziehungsweise 2010 endete, dauert die Datenverarbeitung noch an, und die Wissenschaftler nutzten die Veröffentlichung aus dem Jahr 2018. Die neuen Ergebnisse verbessern die bislang engsten Grenzen des Kräuselungseffekts um den Faktor Zwei. Sie bieten jetzt eine leistungsfähige Führung zu der Art von Inflationsmodellen, die die frühesten Momente des Universums beschreiben könnten.

Eine große Klasse einfacher Modelle ist jetzt größtenteils ausgeschlossen. Das Team berichtet, dass das am meisten bevorzugte Modell der restlichen Modellklasse primordiale Gravitationswellen in Größenordnungen vorhersagt, die innerhalb der nächsten zehn Jahre mit verbesserten Teleskopen am Südpol registriert (oder ausgeschlossen) werden sollten. Das Team ist bereits dabei, das BICEP-System zu verbessern und geht davon aus, innerhalb der nächsten fünf Jahre drei weitere Verbesserungen vornehmen zu können – genug, um den Inflationsmodellen strikte Grenzen zu setzen.

Abhandlung: “Improved Constraints on Primordial Gravitational Waves using Planck, WMAP, and BICEP/Keck Observations through the 2018 Observing Season” von P. A. R. Ade et al., Physical Review Letters, 127, 151301, 2021.

Quelle

(THK)

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