
Die Struktur des Universums wird oft als kosmisches Netz aus Filamenten, Knoten und Voids beschrieben, wobei die Knoten Galaxienhaufen sind, die größten bekannten gravitativ gebundenen Objekte. Man vermutet, dass diese Knoten durch geringe Dichtefluktuationen entstanden sind, ähnlich wie sie im kosmischen Mikrowellenhintergrund beobachtet werden. Diese Fluktuationen wuchsen, bis sie zu den heute beobachteten Strukturen kollabierten.
Obwohl der kosmische Mikrowellenhintergrund gut verstanden ist und die Merkmale heutiger Galaxienhaufen gut beschrieben sind, mangelt es an genügend Beobachtungen der Zwischenschritte, um die Modelle einzugrenzen. Traditionelle Suchprojekte für Galaxienhaufen setzen voraus, dass diese Objekte genug Zeit hatten, so dass sich das intergalaktische Gas ausreichend aufheizen konnte, um im Röntgenbereich registriert zu werden. Um die weiter entfernten Galaxien und Protogalaxienhaufen zu registrieren, die zu schwach für den Nachweis im Röntgenbereich sind, nutzen Astronomen stattdessen ihre hellen Infrarot- oder Submillimeteremissionen.
Der Supergalaxienhaufen SPT2349-56 wurde vom South Pole Telescope im Submillimeterband entdeckt und ist so weit entfernt, dass sein Licht mehr als zwölf Milliarden Jahre benötigte, um uns zu erreichen. Er beherbergt mehr als 30 Galaxien, die hell im Submillimeterbereich leuchten, sowie Dutzende anderer heller und/oder spektroskopisch bestätigter sternbildender Galaxien. Er ist eine der aktivsten sternbildenden Strukturen und produziert mehr als 10.000 Sterne pro Jahr.
Eine seiner hellen Quellen scheint die Verschmelzung von über 20 Galaxien zu sein. Die stellare Masse des Systems war allerdings nicht bekannt, was es beispielsweise unmöglich macht zu wissen, ob die enorme Sternentstehungsrate die Folge einer außerordentlichen Effizienz war, oder ob sie einfach aus der extremen Größe des Systems hervorging.
Der Astronom Matthew Ashby vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) war Mitglied eines Teams, das jetzt sehr tiefe Beobachtungen in optischen und infraroten Wellenlängen abgeschlossen hat, um die stellaren Massen durch Analysen der spektralen Energieverteilung zu messen. Das Team nutzte das Gemini-Teleskop und das Weltraumteleskop Hubble, um optische und nahinfrarote Messungen vorzunehmen, sowie Spitzers IRAC-Kamera für Messungen im Infrarotbereich. Um die spektrale Energieverteilung zu modellieren, müssen die vielen registrierten Punktquellen in allen Wellenlängen aufeinander abgebildet werden. Das ist eine komplexe Aufgabe und die Wissenschaftler beschreiben die Prozesse dafür, während sie ein Überblendungsproblem angingen, das aufgrund unpassender räumlicher Auflösung im Infrarotbereich auftreten kann.
Die Astronomen stellten fest, dass die stellare Masse in diesem primordialen Galaxienhaufen in Bezug auf seine Sternentstehungsrate nah an dem Wert liegt, der in nahen („normalen“) Galaxien gemessen wird. Das ist eine Schlussfolgerung, die darauf hinweist, dass die ablaufenden Sternentstehungsprozesse vergleichbar mit jenen im lokalen Universum sind. Die Galaxienhaufen zeigt jedoch ein Defizit an molekularem Gas, was dafür spricht, dass sich die Aktivität dem Ende dieser turbulenten Phase nähert, weil das Rohmaterial für die Sterne entzogen wird.
Abhandlung: „Rapid Build-up of the Stellar Content in the Protocluster Core SPT2349 −56 at Z = 4.3“ von Ryley Hill, Scott Chapman, Kedar A. Phadke, Manuel Aravena, Melanie Archipley, Matthew L. N. Ashby, Matthieu Bethermin, Rebecca E. A. Canning, Anthony Gonzalez, Thomas R. Greve,Gayathri Gururajan, Christopher C. Hayward, Yashar Hezaveh, Sreevani Jarugula, Duncan MacIntyre, Daniel P. Marrone, Tim Miller, Douglas Rennehan, Cassie Reuter, Kaja M. Rotermund, Douglas Scott, Justin Spilker, Joaquin D. Vieira, George Wang und Axel Weiß, MNRAS 512, 4352, 2022.
(THK)
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