Ein Magnetar hat wahrscheinlich eine feste Oberfläche

Künstlerische Darstellung eines Magnetars im Sternhaufen Westerlund 1. (Credit: ESO / L. Calçada)
Künstlerische Darstellung eines Magnetars im Sternhaufen Westerlund 1. (Credit: ESO / L. Calçada)

Eine Signatur, die von einem hochgradig magnetisierten toten Stern im Röntgenbereich emittiert wurde, spricht dafür, dass der Stern – ein sogenannter Magnetar – eine feste Oberfläche ohne Atmosphäre hat. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie eines internationalen Forschungsteams unter Mitleitung von Wissenschaftlern des University College London.

Die Studie wurde im Journal Science veröffentlicht und nutzt Daten des NASA-Satelliten IXPE (Imaging X-ray Polarimetry Explorer), der im letzten Dezember gestartet wurde. Der Satellit ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen der NASA und der Italian Space Agency und bietet eine neue Möglichkeit zur Betrachtung von Röntgenlicht im Weltraum, indem er dessen Polarisation misst. Die Polarisation ist die Schwingungsrichtung der Lichtwellen.

Das Team analysierte IXPE-Beobachtungen des Magnetars 4U 0142+61, der rund 13.000 Lichtjahre von der Erde entfernt in Richtung des Sternbildes Cassiopeia liegt. Dies war das erste Mal, dass polarisiertes Röntgenlicht eines Magnetars beobachtet wurde.

Magnetare sind Neutronensterne – sehr dichte Kerne von massereichen Sternen, die am Ende ihres Lebens als Supernovae explodierten. Im Gegensatz zu anderen Neutronensternen besitzen sie ein immens starkes Magnetfeld – das stärkste im Universum. Sie emittieren Röntgenstrahlung und zeigen Perioden intensiver Aktivität, wobei die Ausbrüche und Flares in einer Sekunde mehr Energie freisetzen können als unsere Sonne in einem Jahr abstrahlt. Man vermutet, dass sie von ihren ultrastarken Magnetfeldern angetrieben werden, die 100-1.000 Mal stärker sind als jene von normalen Neutronensternen.

Das Forschungsteam fand einen viel geringeren Anteil an polarisiertem Licht, als man erwarten würde, wenn die Röntgenstrahlen eine Atmosphäre durchquert hätten. Polarisiertes Licht ist Licht, das in derselben Ebene schwingt – das heißt, die elektrischen Felder schwingen nur in eine Richtung. Eine Atmosphäre agiert als ein Filter, der nur einen Polarisationszustand des Lichts passieren lässt.

Das Team stellte auch fest, dass der Polarisationswinkel der Lichtteilchen bei höheren Energien um exakt 90 Grad gegenüber dem Licht in geringeren Energien kippte. Das stimmt mit den Vorhersagen theoretischer Modelle überein, wenn der Stern eine feste Kruste hätte und von einer externen Magnetosphäre mit elektrischen Strömen umgeben wäre.

Professorin Silvia Zane (UCL Mullard Space Science Laboratory), ein Mitglied des IXPE-Wissenschaftsteams, sagte: “Das kam völlig unerwartet. Ich war überzeugt, dass es dort eine Atmosphäre geben würde. Das Gas des Sterns hat einen Kipppunkt erreicht und wurde fest, ähnlich wie sich Wasser in Eis verwandeln kann. Dies ist die Folge des unglaublich starken Magnetfeld des Sterns.”

“Aber wie bei Wasser ist auch die Temperatur ein Faktor: Ein heißeres Gas wird ein stärkeres Magnetfeld erfordern, um fest zu werden. Ein nächster Schritt besteht darin, heißere Neutronensterne mit einem ähnlichen Magnetfeld zu beobachten und zu untersuchen, wie das Wechselspiel zwischen der Temperatur und dem Magnetfeld die Eigenschaften der stellaren Oberfläche beeinflusst”, sagte Zane.

Der leitende Autor Dr. Roberto Taverna von der University of Padova sagte: “Das aufregendste Merkmal, das wir beobachten konnten, ist der energieabhängige Wechsel der Polarisationsrichtung, wobei der Polarisationswinkel um exakt 90 Grad schwingt. Das stimmt mit dem überein, was theoretische Modelle voraussagen und bestätigt, dass Magnetare tatsächlich mit ultrastarken Magnetfeldern ausgestattet sind.”

Die Quantentheorie sagt voraus, dass Licht, welches sich in einer stark magnetisierten Umgebung ausbreitet, in zwei Richtungen polarisiert ist: parallel und senkrecht zu dem Magnetfeld. Die Menge und Richtung der beobachteten Polarisation enthält den Abdruck der Magnetfeldstruktur und des physikalischen Zustands der Materie in der Nähe des Neutronensterns. Das gibt Informationen preis, die ansonsten nicht zugänglich wären.

Man vermutet, dass die Photonen (Lichtteilchen) dominieren, die bei hohen Energien senkrecht zu dem Magnetfeld polarisiert sind, was in dem festgestellten Wechsel des Polarisationswinkels um 90 Grad resultiert.

Professor Roberto Turolla von der University of Padova und Honorarprofessor am UCL Mullard Space Science Laboratory sagte: “Die Polarisation bei geringen Energien sagt uns, dass das Magnetfeld wahrscheinlich so stark ist, dass es die Atmosphäre um den Stern in einen festen oder flüssigen Zustand verwandelt – ein Phänomen, das als magnetische Kondensation bekannt ist.”

Die feste Kruste des Sterns besteht vermutlich aus einem Ionengitter, das durch das Magnetfeld zusammengehalten wird. Die Atome wären nicht kugelförmig, sondern länglich entlang der Richtung des Magnetfeldes. Es wird noch untersucht, ob Magnetare und andere Neutronensterne Atmosphären besitzen oder nicht. Allerdings ist die neue Studie die erste Beobachtung eines Neutronensterns, bei dem eine feste Kruste eine zuverlässige Erklärung ist.

Professor Jeremy Heyl von der University of British Columbia (UBC) sagte: “Es ist auch bemerkenswert, dass die Einbeziehung von quantenelektrodynamischen Effekten, so wie wir es taten, Ergebnisse liefert, die zu den IXPE-Beobachtungen passen. Trotzdem untersuchen wir auch alternative Modelle, um die IXPE-Daten zu erklären, aber für die existieren noch keine guten numerischen Simulationen.”

Quelle

(THK)

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