
Dank des kombinierten Einsatzes der beiden Weltraumteleskope XMM-Newton von der ESA und Swift von der NASA wurden erstmals die kollidierenden stellaren Winde zweier massereicher Sterne, die sich gegenseitig umkreisen, im Röntgenbereich beobachtet.
Stellare Winde werden durch das intensive Licht eines massereichen Sterns von dessen Oberfläche weggedrückt und können tiefgreifenden Einfluss auf ihre Umgebung haben. An manchen Orten können sie den Kollaps umgebender Gas- und Staubwolken auslösen, wodurch neue Sterne gebildet werden. Anderenorts können sie die Wolken fortblasen, bevor diese die Möglichkeit haben, zu kollabieren.
Jetzt haben XMM-Newton und Swift einen „Rosetta-Stein“ für derartige Winde in einem Doppelsternsystem namens Cyg OB2 #9 in der Cygnus-Sternentstehungsregion gefunden, wo die Winde zweier sich umkreisender, massereicher Sterne mit hohen Geschwindigkeiten kollidieren.
Cyg OB2 #9 war viele Jahre lang ein Rätsel. Seine eigenartige Radioemission konnte nur erklärt werden, wenn das Objekt kein Einzelstern war, sondern aus zwei Sternen bestand – eine Hypothese, die im Jahr 2008 bestätigt wurde. Zum Zeitpunkt der Entdeckung gab es allerdings keinen direkten Beleg für die Kollision der Winde dieser beiden Sterne, obwohl die Röntgensignatur eines solchen Phänomens erwartet wurde.
Video-Link: https://youtu.be/zC5eAWHQLi4
Ausführliches Video über die Beobachtungen. (NASA / Goddard Space Flight Center)
Diese Signatur konnte erst durch die Verfolgung der beiden Sterne gefunden werden, als sie sich dem engsten Punkt ihres 2,4 Jahre dauernden Umlaufs näherten, eine Gelegenheit, die sich zwischen Juni und Juli 2011 bot. Als die Weltraumteleskope sie beobachteten, prallten die starken stellaren Winde mit Geschwindigkeiten von mehreren Millionen Kilometern pro Stunde aufeinander und erzeugten heißes Plasma mit einer Temperatur von einer Million Grad, das dann hell im Röntgenbereich leuchtete.
Die Teleskope verzeichneten einen Anstieg der Energie um das Vierfache, verglichen mit der normalen Röntgenemission, die beobachtet wird, wenn sich die Sterne auf ihrer elliptischen Umlaufbahn weiter voneinander entfernt befinden. „Dies ist das erste Mal, dass wir überzeugende Hinweise für kollidierende Winde in diesem System gefunden haben“, sagt Yael Nazé von der Université de Liège in Belgien und leitender Autor der Studie, die die Ergebnisse in Astronomy & Astrophysics beschreibt.
„Wir haben nur wenige andere Beispiele für kollidierende Winde in Doppelsternsystemen, aber dieses Beispiel kann als Urform für dieses Phänomen angesehen werden.“ Im Gegensatz zu der Handvoll anderer Systeme mit kollidierenden Winden bleibt die Art der Kollision in Cyg OB2 #9 während des gesamten Umlaufs die gleiche – trotz des Intensitätsanstiegs, wenn sich die Winde treffen.
Video-Link: https://youtu.be/dnTvIDDEnAY
Diese Simulation veranschaulicht die Gasdichte der kollidierenden stellaren Winde in dem Doppelsternsystem WR 22. (Univ. of Liège / E. R. Parkin and E. Gosset)
„In anderen Beispielen ist die Kollision turbulent: Die Winde des einen Sterns prallen auf die Winde des anderen, wenn sie sich am nächsten sind und erzeugen einen Abfall der Röntgenemissionen“, sagt Dr. Nazé. „Aber in Cyg OB2 #9 gibt es keine solche Beobachtung, also können wir es als das erste ‚einfache‘ Beispiel ansehen, das entdeckt wurde. Das ist der Schlüssel zur Entwicklung besserer Modelle, die dabei helfen, die Eigenschaften dieser starken stellaren Winde zu verstehen.“
„Dieses besondere Doppelsternsystem repräsentiert ein wichtiges Sprungbrett in unserem Verständnis über Kollisionen stellarer Winde und der damit verbundenen Emissionen und es konnte nur erreicht werden, indem die beiden umkreisenden Sterne mit Röntgenteleskopen beobachtet wurden“, ergänzt Norbert Schartel, Projektwissenschaftler für XMM-Newton.
Quelle: http://www.esa.int/esaCP/SEM3H93S18H_index_0.html
(THK)
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