Chandra gibt neue Einblicke in die Entstehung von Sternhaufen

Diese Aufnahme des Flammennebels basiert auf Röntgen- und Infrarotdaten verschiedener Teleskope, darunter auch die Weltraumteleskope Chandra und Spitzer. (X-ray: NASA / CXC / PSU / K. Getman, E. Feigelson, M. Kuhn & the MYStIX team; Infrared: NASA / JPL-Caltech)
Diese Aufnahme des Flammennebels basiert auf Röntgen- und Infrarotdaten verschiedener Teleskope, darunter auch die Weltraumteleskope Chandra und Spitzer. (X-ray: NASA / CXC / PSU / K. Getman, E. Feigelson, M. Kuhn & the MYStIX team; Infrared: NASA / JPL-Caltech)

Mit Daten des Chandra X-ray Observatory und mehrerer Infrarotteleskope haben Astronomen einen wichtigen Fortschritt dabei gemacht, die Entstehung von Sternhaufen zu verstehen.

Die Daten zeigen, dass frühere Annahmen darüber, wie Sternhaufen entstehen, nicht korrekt sein können. Die einfachste Theorie ist, dass sich Sterne zu Sternhaufen zusammenfinden, wenn eine riesige Gas- und Staubwolke kondensiert. Das Zentrum der Wolke zieht Materie aus ihrer Umgebung an, bis es dicht genug wird, um die Bildung von Sternen auszulösen. Dieser Prozess findet zuerst im Zentrum der Wolke statt, was nahe legt, dass die Sterne in der Mitte des Sternhaufens zuerst entstehen und daher die ältesten sind.

Die neuesten Daten von Chandra sprechen allerdings dafür, dass etwas anderes geschieht. Die Forscher untersuchten zwei Sternhaufen, in denen sich gerade sonnenähnliche Sterne bilden: NGC 2024 im Zentrum des Flammennebels und der Sternhaufen im Orionnebel. Im Rahmen dieser Untersuchung entdeckten sie, dass die Sterne in den Randgebieten der Sternhaufen die ältesten sind. “Unsere Ergebnisse stehen entgegen der Intuition”, sagte Konstantin Getman von der Pennsylvania State University, der Leiter der Studie. “Es bedeutet, dass wir schärfer nachdenken und andere Theorien über die Entstehung von Sternen wie unserer Sonne entwickeln müssen.”

Getman und seine Kollegen entwickelten einen neuen zweiphasigen Ansatz, der zu dieser Entdeckung führte. Zunächst verwendeten sie Chandra-Daten über die Helligkeit der Sterne im Röntgenbereich, um deren Massen zu bestimmen. Dann maßen sie mit bodenbasierten Teleskopen und Daten des Spitzer Space Telescope, wie hell diese Sterne im Infrarotbereich waren. Durch die Kombination dieser Informationen mit theoretischen Modellen schätzten sie das Alter der Sterne in den beiden Sternhaufen.

Die Ergebnisse standen im Widerspruch zu den Voraussagen des Basismodells. Im Zentrum von NGC 2024 waren die Sterne etwa 200.000 Jahre alt, während die Sterne in den Randgebieten rund 1,5 Millionen Jahre alt waren. Der Altersbereich der Sterne des Sternhaufens im Orionnebel reichte von 1,2 Millionen Jahren im Zentrum bis fast zwei Millionen Jahre in der Nähe des Randes. “Eine wichtige Schlussfolgerung aus unserer Studie ist, dass wir das Basismodell verwerfen können, laut dem sich die Sternhaufen von innen heraus bilden”, sagte der Co-Autor Eric Feigelson von der Pennsylvania State University. “Wir müssen also komplexere Modelle in Betracht ziehen, die jetzt anhand der Sternentstehungsstudien entwickelt werden.”

Erklärungen für die neuen Ergebnisse können in drei große Modelle eingeordnet werden. Das erste ist, dass die Sternentstehung in den inneren Regionen anhält, weil das Gas in den inneren Regionen einer sternbildenden Wolke dichter ist als in den diffuseren Außengebieten. Die inneren Regionen enthalten mehr Materie, aus der sich Sterne entwickeln können. Falls die Dichte unter eine bestimmte Grenze fällt, so dass es nicht mehr kollabieren kann, um Sterne zu bilden, wird die Sternentstehung in den äußeren Regionen mit der Zeit zum Erliegen kommen. Gleichzeitig werden in den inneren Regionen weiterhin neue Sterne gebildet, was dort zu einer Konzentration jüngerer Sterne führt.

Eine andere Theorie besagt, dass ältere Sterne mehr Zeit hatten, um aus den Zentren der Sternhaufen wegzudriften, oder dass sie durch Interaktionen mit anderen Sternen nach außen katapultiert wurden.

Die letzte Annahme ist, dass die Beobachtungen erklärt werden könnten, wenn sich junge Sterne in massereichen Gasfilamenten bilden, welche in das Zentrum des Sternhaufens fallen. Vorherige Studien des Sternhaufens im Orionnebel haben Anhaltspunkte für diese umgekehrte Altersausbreitung offenbart, aber diese früheren Studien basierten auf kleinen oder unausgewogenen Stichproben.

Diese neueste Forschungsarbeit liefert den ersten Beleg für solche Altersunterschiede im Flammennebel. “Die nächsten Schritte werden sein, zu sehen, ob wir den gleichen Altersbereich in anderen jungen Sternhaufen finden”, sagte der Doktorand Michael Kuhn von der Pennsylvania State University, der ebenfalls an der Studie mitwirkte.

Die Ergebnisse werden in zwei separaten Abhandlungen im Astrophysical Journal veröffentlicht und sind online einsehbar. Sie sind Teil des MYStIX-Projekts (Massive Young Star-Forming Complex Study in Infrared and X-ray), das von Astronomen der Pennsylvania State University geleitet wird. Das Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville (Alabama) leitet das Chandra-Programm für das Science Mission Directorate in Washington. Das Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge (Massachusetts) kontrolliert die Wissenschafts- und Flugoperationen Chandras.

Abhandlungen:
1: “Age Gradients in the Stellar Populations of Massive Star Forming Regions Based on a New Stellar Chronometer” von Konstantin V. Getman et al.
2: “Core-Halo Age Gradients and Star Formation in the Orion Nebula and NGC~2024 Young Stellar Clusters” von Konstantin V. Getman et al.

Quelle: http://chandra.harvard.edu/press/14_releases/press_050714.html

(THK)

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