Swift registriert Superflares auf einem nahen roten Zwergstern

Künstlerische Darstellung eines roten Zwergsterns im Doppelsternsystem DG CVn. Der Stern entfesselte eine Reihe starker Flares, die von dem NASA-Satelliten Swift beobachtet wurden. (NASA / Goddard Space Flight Center / S. Wiessinger)
Künstlerische Darstellung eines roten Zwergsterns im Doppelsternsystem DG CVn. Der Stern entfesselte eine Reihe starker Flares, die von dem NASA-Satelliten Swift beobachtet wurden. (NASA / Goddard Space Flight Center / S. Wiessinger)

Am 23. April 2014 registrierte der NASA-Satellit Swift die stärkste, heißeste und längste Sequenz von stellaren Flares, die bislang auf einem nahen roten Zwergstern beobachtet wurde. Der erste Ausbruch dieser rekordbrechenden Explosionsserie war 10.000 Mal energiereicher als der stärkste solare Flare, der jemals aufgezeichnet wurde.

„Wir dachten bisher, dass starke Eruptionssequenzen von roten Zwergsternen nicht länger als einen Tag andauern, aber Swift registrierte mindestens sieben starke Ausbrüche über einen Zeitraum von etwa zwei Wochen“, sagte Stephen Drake, ein Astrophysiker vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). Er stellte den „Superflare“ anlässlich eines Treffens der High Energy Astrophysics Division der American Astronomical Society im August vor. „Das war ein sehr komplexes Ereignis“, sagte er. Auf dem Gipfel seiner Intensität erreichte der Flare Temperaturen von 200 Millionen Grad Celsius – das ist mehr als zwölfmal heißer als das Zentrum der Sonne.

Der „Superflare“ stammte von einem der Sterne eines nahen Doppelsternsystems namens DG Canum Venaticorum (kurz DG CVn), das ungefähr 60 Lichtjahre entfernt ist. Beide Sterne sind schwache Rote Zwerge mit Massen und Größen, die etwa einem Drittel der Sonnenmasse bzw. -größe entsprechen. Sie umkreisen einander in rund der dreifachen durchschnittlichen Distanz zwischen Sonne und Erde. Das ist zu nah, so dass Swift nicht feststellen kann, welcher Stern ausgebrochen war.

„Dieses System ist nicht gut untersucht, weil es nicht auf unserer Beobachtungsliste jener Sterne stand, die starke Flares produzieren können“, sagte Rachel Osten, eine Astronomin am Space Telescope Science Institute in Baltimore und stellvertretende Projektwissenschaftlerin des in der Konstruktionsphase befindlichen James Webb Space Telescope. „Wir wussten nicht, dass DG CVn zu so etwas fähig ist.“

Die meisten Sterne innerhalb eines Radius von 100 Lichtjahren um unser Sonnensystem sind – wie die Sonne – mittelalte Sterne. Aber durch diese Region driften rund 1.000 junge Rote Zwerge, die anderswo geboren wurden, und diese Sterne bieten den Astronomen die beste Gelegenheit für detaillierte Untersuchungen der hochenergetischen Aktivität, welche die stellare Jugend normalerweise begleitet. Astronomen schätzen, dass DG CVn vor circa 30 Millionen Jahren geboren wurde – damit besitzt das System weniger als 0,7 Prozent des Alters unseres Sonnensystems.

Sterne zeigen Flare-Eruptionen aus dem gleichen Grund wie die Sonne. Um aktive Regionen in der Sternatmosphäre werden magnetische Felder verdreht und verzerrt. Ähnlich wie das Spannen eines Gummibandes erlauben diese Felder, Energie zu sammeln. Letztendlich destabilisiert ein Prozess namens magnetische Rekonnexion die Felder, was in der explosiven Freisetzung der gespeicherten Energie resultiert: Wir beobachten dies als Flare. Die Ausbrüche emittieren Strahlung im gesamten Bereich des elektromagnetischen Spektrums, von Radiowellen über sichtbares und ultraviolettes Licht bis hin zu Röntgenstrahlung.

Am 23. April 2014 um 17:07 Uhr EDT löste die ansteigende Welle von Röntgenstrahlen des Superflares Swifts Burst Alert Telescope (BAT) aus. Im Rahmen einer mehrere Sekunden langen Registrierung eines starken Strahlungsausbruchs berechnet das BAT eine Ursprungsposition und entscheidet, ob die Aktivität eine Untersuchung durch weitere Instrumente verdient. Falls dem so ist, sendet es die Position an den Satelliten. In diesem Fall schwenkte Swift, um die Quelle detaillierter zu beobachten und informierte gleichzeitig Astronomen rund um den Globus darüber, dass gerade ein starker Ausbruch stattfindet.

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Video-Link: https://youtu.be/PJqt2qqe5ig

Videobeitrag über den Superflare im Doppelsternsystem DG CVn. (NASA / Goddard Space Flight Center)

„Etwa drei Minuten nach der Auslösung des BAT war die Röntgenhelligkeit des Superflares höher als die kombinierte Helligkeit beider Sterne bei allen Wellenlängen unter normalen Bedingungen“, betonte Adam Kowalski vom Goddard Space Flight Center, der eine detaillierte Studie über das Ereignis leitet. „So starke Flares von Roten Zwergen sind außerordentlich selten.“

Die Helligkeit des Sterns in sichtbaren und ultravioletten Wellenlängen, gemessen von bodenbasierten Observatorien und Swifts Optical/Ultraviolet Telescope, stieg um das Zehnfache bzw. um das Hundertfache an. Die anfängliche Röntgenabstrahlung des Flares, so wie sie von Swifts X-Ray Telescope gemessen wurde, stellte sogar die bislang stärkste aufgezeichnete Sonnenaktivität in den Schatten.

Die stärksten Sonneneruptionen werden als Eruptionen der X-Klasse bezeichnet, basierend auf ihren Röntgenemissionen. „Der größte Flare, den wir bis jetzt auf der Sonne gesehen haben, fand im November 2003 statt und war als X45 klassifiziert“, erklärte Drake. „Der Flare auf DG CVn wäre rund 10.000 Mal stärker gewesen und hätte die Stärke X100.000 zugeordnet bekommen, wenn er von einem Planeten beobachtet worden wäre, der so weit von dem Stern entfernt ist wie die Erde von der Sonne.“

Aber es war noch nicht vorbei. Drei Stunden nach dem ersten Ausbruch, als die Röntgenstrahlung am Abklingen war, eruptierte in dem System ein weiterer Flare genauso stark wie der erste. Diese ersten beiden Explosionen könnten ein Beispiel für einen kaskadierenden Eruptionsprozess sein, bei dem ein Ausbruch in einer aktiven Region eine Eruption in einer anderen Region hervorruft.

Während der folgenden elf Tage registrierte Swift eine Reihe schwächerer Ausbrüche. Osten vergleicht die abklingende Serie von Flares mit der Kaskade von Nachbeben, die einem starken Erdbeben folgen. Insgesamt brauchte der Stern 20 Tage, um sich zu beruhigen und wieder sein normales Röntgenstrahlungsniveau zu erreichen.

Wie kann ein Stern mit nur einem Drittel der Sonnengröße eine solch gigantische Eruption produzieren? Der Schlüsselfaktor ist seine rasche Rotation, eine entscheidende Voraussetzung für die Verstärkung von magnetischen Feldern. Der eruptierende Stern in DG CVn rotiert einmal in weniger als einem Tag – das ist rund 30 Mal schneller als unsere Sonne. Die Sonne rotierte in ihrer Jugend ebenfalls viel schneller und könnte gut möglich eigene Superflares erzeugt haben, aber zu unserem Glück scheint sie dazu nicht länger fähig zu sein.

Astronomen analysieren jetzt die Daten der Flares von DG CVn, um das Ereignis im Besonderen und junge Sterne im Allgemeinen besser zu verstehen. Sie vermuten, dass das System wahrscheinlich zahlreiche kleinere, aber häufigere Flares freisetzt, und sie planen, mit Hilfe des NASA-Satelliten Swift seine zukünftigen Eruptionen zu beobachten.

Quelle: http://www.nasa.gov/content/goddard/nasas-swift-mission-observes-mega-flares-from-a-mini-star/index.html

(THK)

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