
Schönheit und unvorstellbare Gewalt: Das Astro-Bild der Woche vermittelt einen Eindruck davon, welche Kräfte bei der Entstehung von Sternen am Werk sind. Die Entstehung junger Sterne gehört sicherlich zu den faszinierendsten Dingen, die man im Universum beobachten kann. Im Allgemeinen sind die zeitlichen Maßstäbe aber auch hier so groß, dass die Bildung eines neuen Sterns nicht vollständig verfolgt werden kann. Eine kleine Ausnahme sind die sogenannten Herbig-Haro-Objekte, die bereits im Zeitraum von mehreren Jahren beachtliche Veränderungen erfahren können.
Herbig-Haro-Objekte wurden nach den beiden Astronomen benannt, die sie in den 1940er Jahren erstmals genauer erforschten, George Herbig und Guillermo Haro. Bei den Objekten handelt es sich um Gasstrukturen, die durch komplexe Wechselwirkungen entstehen, wenn die von einem Stern abgestoßene Materie auf umgebende Gaswolken trifft und dort Schockwellen auslöst. Auf den ersten Blick mag es widersprüchlich klingen, dass ein neu entstehender Stern Materie abstößt statt ansammelt. Dieses Verhalten hat physikalische Ursachen: Ein vergleichsweise geringer Teil der einfallenden Materie wird durch Magnetfelder und andere Interaktionen stark beschleunigt und entlang der Rotationsachse des Sterns in entgegengesetzte Richtungen wieder abgestoßen. Etwas Ähnliches läuft beispielsweise auch bei den Materiejets von (supermassiven) Schwarzen Löchern ab – nur in viel größerem Maßstab.
Im Vergleich zu den meisten anderen kosmischen Phänomenen besitzen Herbig-Haro-Objekte eine recht kurze Lebensdauer: Sie beträgt nur ein paar tausend Jahre. Mit entsprechend leistungsfähigen Instrumenten können daher bereits innerhalb weniger Jahre signifikante Veränderungen in den Erscheinungsbildern dieser Objekte beobachtet werden. Ein solches Instrument ist das Weltraumteleskop Hubble, wie das unten eingebundene Video eindrucksvoll belegt.
Das obenstehende Bild wurde jedoch mit Hilfe eines anderen, leistungsfähigen Teleskops gemacht. Das Weltraumteleskop Spitzer beobachtet den Himmel in infraroten Wellenlängen, die für das menschliche Auge nicht sichtbar sind. Die Bearbeitung dieser Daten bringt daher Einzelheiten hervor, die auf herkömmlichen Aufnahmen verborgen bleiben.
Im Fall des hier gezeigten Herbig-Haro-Objekts Nr. 34 (kurz HH 34) offenbaren die Infrarotbeobachtungen einen zweiten Materiejet, der auf Bildern in sichtbaren Wellenlängen von dichten Staubwolken verdeckt wird und nicht erkennbar ist. Das langwelligere Infrarotlicht ist in der Lage den Staub zu durchdringen und kann so Informationen über die Prozesse liefern, die hinter den Staubwolken ablaufen. Herbig-Haro 34 liegt ungefähr 1.500 Lichtjahre entfernt in Richtung des Sternbildes Orion. Damit gehört es zum Orionkomplex, einer gigantischen Molekülwolke, in der es zahlreiche Sternentstehungsregionen gibt, allen voran eine der bekanntesten: der Orionnebel.
Wie eingangs erwähnt, ist die Entstehung eines Sterns ein Prozess, der nicht vollumfänglich „live“ mitverfolgt werden kann, weil er viel zu lange dauert. Die Sterne in den stellaren Kinderstuben entstehen aber nicht alle gleichzeitig, daher kann man in Sternentstehungsregionen verschiedene Entwicklungsstadien vorfinden. Die Kombination der Beobachtungen ermöglicht es den Astronomen, ihre theoretischen Modelle zu ergänzen und anzupassen. Die detaillierte Untersuchung von Herbig-Haro-Objekten wie HH 34 trägt ihren Teil dazu bei.
Video-Link: https://youtu.be/ftujtQW5e2E
Diese Animation zeigt die zeitliche Entwicklung des Herbig-Haro-Objekts HH-34 basierend auf Beobachtungen des Weltraumteleskops Hubble aus den Jahren 1994, 1998 und 2007. (NASA, ESA, P. Hartigan (Rice University), G. Bacon (STScI))
Eine größere Version der Aufnahme gibt es unter:
http://photojournal.jpl.nasa.gov/jpeg/PIA13930.jpg
Anmerkung der Redaktion
Die anderen drei Vorschläge für das Astro-Bild der Woche waren:
Bild 2: Die Sternentstehungsregion BFS 29 mit dem Überriesen CE Camelopardalis
Bild 3: Asteroidenspuren im Virgo-Galaxienhaufen
Bild 4: Eine partielle Sonnenfinsternis auf dem Mars
(THK)
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