Astronomen untersuchen seltenes Pulsar-Doppelsternsystem

Computerbasierte Darstellung des Pulsar-Doppelsternsystems PSR J1906+0746. (Joeri van Leeuwen / ASTRON)
Computerbasierte Darstellung des Pulsar-Doppelsternsystems PSR J1906+0746. (Joeri van Leeuwen / ASTRON)

Ein Professor der West Virginia University hat als Mitglied eines internationalen Astronomenteams dazu beigetragen, die Präzession eines jungen Neutronensterns erfolgreich zu messen, kurz bevor selbiger für uns unbeobachtbar wurde.

Duncan Lorimer, Professor am Department of Physics and Astronomy, spielte im Jahr 2004 eine Schlüsselrolle bei der Entdeckung des Pulsar-Doppelsternsystems namens PSR J1906+0746 oder kurz J1906. Der Pulsar rotiert und emittiert alle 144 Millisekunden einen Strahl aus Radiowellen, im Prinzip ähnlich wie ein Leuchtturm. Er umkreist einen anderen Neutronenstern oder einen Weißen Zwerg in etwas weniger als vier Stunden. Die Ergebnisse wurden am 8. Januar 2015 auf dem 225. Treffen der American Astronomical Society in Seattle vorgestellt.

Der Pulsar und ein Begleitstern umkreisen sich gegenwärtig, was ein „Wackeln“ hervorruft. Das liegt an der immensen Gravitation des Begleitsterns, die die Raumzeit um den Pulsar krümmt und seine Sichtbarkeit für Beobachter auf der Erde beeinflusst. Dieser Effekt wird als geodätische Präzession bezeichnet.

„Der Begleitstern sorgt dafür, dass sich die Richtung des Pulsarstrahls stetig ändert“, sagte Lorimer. Die Ausrichtung des Strahls hat sich durch den Begleitstern so stark verändert, dass er bis zu 160 Jahre lang von der Erde aus nicht sichtbar sein wird.

Pulsare entstehen durch Supernova-Explosionen massereicher Sterne. Diese katastrophalen Ereignisse finden in unserer Milchstraßen-Galaxie etwa einmal pro Jahrhundert statt und zerstören meistens jedes vorangegangene Doppelsternsystem, was den Pulsar als isoliertes Objekt zurücklässt. Einen Pulsar auf diese Art und Weise mit einem anderen Stern interagieren zu sehen, ist außergewöhnlich selten.

Das Team verfolgte die Bewegung des Pulsars über fünf Jahre mit Teleskopen auf der ganzen Welt, unter anderem mit dem Robert C. Byrd Green Bank Telescope in West Virginia, dem Arecibo Telescope (USA), dem Nançay Telescope (Frankreich), dem Lovell Telescope (Großbritannien) und dem Westerbork Synthesis Radio Telescope (Niederlande). Die Beobachtungskampagne registrierte jede der rund eine Milliarde Rotationen während dieser Zeitspanne.

Nur bei einer Handvoll anderer Neutronen-Doppelsterne wurden die Massen gemessen, und J1906 ist mit Abstand der jüngste. Weil die Supernova-Explosion, durch die J1906 entstand, erst vor 100.000 Jahren stattfand, ist das Doppelsternsystem in einem bemerkenswert unberührten und unentwickelten Zustand. Normale Pulsare sind einige Millionen Jahre alt. Sie können dann „recycled“ werden, indem sie Materie von einem Begleitstern aufnehmen und eine weitere Milliarde Jahre überstehen. Wenn der Begleiter von J1906 ein Neutronenstern ist, wurde er wahrscheinlich schon recycled, wobei er nicht in unsere Richtung zu leuchten scheint.

„Durch die Auswirkungen der extrem starken Gravitationskraft hat die Rotationsachse des Pulsars jetzt so stark gewackelt, dass die Strahlen die Erde nicht länger erreichen“, sagte der Studienleiter Joeri van Leeuwen, ein Astrophysiker vom Netherlands Institute for Radio Astronomy (ASTRON) und der University of Amsterdam. „Der Pulsar ist jetzt sogar für die größten Teleskope auf der Erde unsichtbar. „Dies ist das erste Mal, dass ein so junger Pulsar mittels Präzession aus der Sicht gerät.“ Obwohl dieser spezielle Pulsar vor unseren Blicken verborgen ist, könnten andere bald sichtbar für uns werden.

„Wir können davon ausgehen, dass andere Pulsare in unser Blickfeld präzedieren“, sagte Lorimer. „Wir hier an der West Virginia University und an anderen Einrichtungen suchen den Himmel kontinuierlich nach dieser Art von Sternsystem ab. Mehr über die Demografie dieser Systeme zu erfahren, wird uns Informationen darüber liefern, wie massereiche Sterne ihre Existenzen beenden.“

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Video-Link: https://youtu.be/sWmaLQo1lJA

Videoanimation der Bewegungen im Doppelsternsystem PSR J1906+0746. Die Rotationsachse des Pulsars präzediert aufgrund der Gravitation seines Begleiters. (Joeri van Leeuwen / ASTRON)

Quelle: http://eberly.wvu.edu/eberly_news/2015/01/14/wvu-professor-involved-in-an-international-effort-using-the-green-bank-telescope-helps-probe-the-strong-gravity-in-a-binary-neutron-star-system

(THK)

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