Kometenschweif könnte neues Licht auf die Aufheizung des Sonnenwinds werfen

Verklumpungen aus Materie im Gasschweif des Kometen Encke werden von dem turbulenten Sonnenwind beeinflusst. Die Kreise markieren die einzelnen Materieklumpen, die für die aktuelle Studie beobachtet und verfolgt wurden. (Image Courtesy of NASA / SwRI)
Verklumpungen aus Materie im Gasschweif des Kometen Encke werden von dem turbulenten Sonnenwind beeinflusst. Die Kreise markieren die einzelnen Materieklumpen, die für die aktuelle Studie beobachtet und verfolgt wurden. (Image Courtesy of NASA / SwRI)

Wir können den Sonnenwind nicht sehen, aber wir können etwas über ihn erfahren, indem wir Dinge beobachten, die von ihm weggeblasen werden. Durch die Untersuchung von Veränderungen in dem hellen Gas- und Ionenschweif eines Kometen sind Wissenschaftler auf der Spur, um zwei große Rätsel um den Sonnenwind zu lösen. Der Sonnenwind ist der überschallschnelle Strom aus elektrisch geladenen Teilchen, der von der Millionen Grad heißen oberen Sonnenatmosphäre, der Korona, ausgeht.

Ein Forschungsteam unter Leitung der Sonnenphysikgruppe am Southwest Research Institute (SwRI) hat Beobachtungen des Schweifs des Kometen Encke genutzt, die mit dem Solar and Terrestrial Relations Observatory (STEREO) gemacht wurden. Sie zeigen, dass der Sonnenwind auf ähnliche Weise durch das Vakuum des interplanetaren Raums strömt, wie der Wind auf der Erde bläst: nicht gleichmäßig, sondern mit böigen Turbulenzen und Wirbeln.

Diese Turbulenzen können helfen, zwei der seltsamsten Eigenschaften des Winds zu erklären: seine veränderliche Natur und seine unerwartet hohen Temperaturen. Eine Abhandlung über die STEREO-Ergebnisse wurde am 13. Oktober 2015 im Astrophysical Journal veröffentlicht.

“Der Sonnenwind ist bei der Erde etwa 70 Mal heißer als man aufgrund der Temperatur der Sonnenkorona und seiner Ausbreitung während der Bewegung durch den Raum erwarten würde”, sagte Dr. Craig DeForest, ein Sonnenphysiker am SwRI in Boulder (Colorado) und Hauptautor der Studie. “Die Quelle dieser zusätzlichen Wärme war seit mehreren Jahrzehnten ein Rätsel der Sonnenwindphysik.”

Forscher wissen eine Menge über die Eigenschaften und das Verhalten des Sonnenwinds, aber sie stimmen nicht bei der Frage überein, wie er beschleunigt wird – insbesondere auf seine schnellsten Geschwindigkeiten. Darüber hinaus kann der Sonnenwind hochgradig veränderlich sein, so dass Messungen, die zeitlich oder räumlich nur wenig auseinanderliegen, recht unterschiedliche Ergebnisse liefern können. Er ist außerdem sehr, sehr heiß – heißer, als er in derart großen Entfernungen von der Sonnenkorona sein sollte.

Das vom SwRI geführte Team nutzte einige der ungewöhnlicheren Eigenschaften des Kometen Encke, um den Sonnenwind zu untersuchen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Kometen besitzt der Komet Encke etwas, das als kompakter Schweif bezeichnet wird. Anstatt sich locker auszubreiten und ein breit gefächertes Gebiet mit Ionen zu erzeugen, entströmt der Ionenschweif von Encke in einem schmalen, hellen Band aus leuchtendem Gas mit kompakten Strukturen.

Mit dem Heliospheric Imager an Bord der STEREO-Satelliten untersuchten die Wissenschaftler die Bewegungen von hunderten dichter “Klumpen” aus leuchtendem, ionisiertem Gas innerhalb des Kometenschweifs von Encke, der im Jahr 2007 an STEREO vorbeiflog. Fluktuationen im Sonnenwind spiegeln sich in Veränderungen des Schweifs wider. Durch die Verfolgung dieser Klumpen waren die Forscher in der Lage, die Bewegung des Sonnenwinds zu rekonstruieren und einen beispiellosen Blick auf seine Turbulenzen zu erhalten.

Turbulenzen im Sonnenwind könnten eine der Antworten auf das rätselhafte Aufheizen des Sonnenwinds geben. Basierend auf Analysen der Kometenschweifbewegungen berechneten die Forscher, dass großräumige Turbulenzen genügend kinetische Energie bereitstellen, um die in dem Sonnenwind beobachteten hohen Temperaturen zu erzeugen. Die Turbulenzen könnten zudem die Veränderlichkeit des Sonnenwinds erklären. “Turbulente Bewegungen bringen den Sonnenwind durcheinander, was zu den schnellen Veränderungen führt, die wir auf der Erde sehen”, sagte DeForest.

“Messungen an Ort und Stelle sind eingeschränkt, weil sie den Turbulenzen auf ihrer Bahn nicht folgen können”, sagte William Matthaeus, ein Professor für Physik und Astronomie an der University of Delaware und Co-Autor der Studie. “Jetzt haben wir erstmals die turbulenten Bewegungen entlang ihrer komplexen Bahnen beobachtet und die Größenordnung der Vermischung beziffert. “Wir sehen die Turbulenz tatsächlich.”

Diese Beobachtungen geben eine Vorschau auf das, was die NASA etwas direkter mit ihrer Solar Probe Plus Mission zu untersuchen plant, welche innerhalb einer Distanz von zehn Sonnenradien von der Sonne arbeiten wird. Weil Kometen sich näher an die Sonne bewegen können als irgendeine Raumsonde es könnte, liefern sie wertvolle Informationen über den Sonnenwind und den interplanetaren Weltraum.

STEREO ist die dritte Mission des Solar Terrestrial Probes Program der NASA, das vom Goddard Space Flight Center für das Science Mission Directorate geleitet wird.

Quelle: http://www.swri.org/9what/releases/2015/swri-encke-comet-tail-solar-wind.htm

(THK)

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