Neue Studie zur minimalen Masse einer protoplanetaren Scheibe

Die junge Sternentstehungsregion IC 348 im Sternbild Perseus, aufgenommen von den Infrarotkameras an Bord des Weltraumteleskops Spitzer. (NASA, ESA, J. Muzerolle (STScI), E. Furlan (NOAO and Caltech), K. Flaherty (Univ. of Arizona / Steward Observatory), Z. Balog (Max Planck Institute for Astronomy), and R. Gutermuth (Univ. of Massachusetts, Amherst))
Die junge Sternentstehungsregion IC 348 im Sternbild Perseus, aufgenommen von den Infrarotkameras an Bord des Weltraumteleskops Spitzer. (NASA, ESA, J. Muzerolle (STScI), E. Furlan (NOAO and Caltech), K. Flaherty (Univ. of Arizona / Steward Observatory), Z. Balog (Max Planck Institute for Astronomy), and R. Gutermuth (Univ. of Massachusetts, Amherst))

Astronomen schätzen, dass die protoplanetare Scheibe des Sonnensystems bei dessen Entstehung das Äquivalent von etwa 20 Jupitermassen an Gas und Staub enthielt. Die minimale Masse des Sonnennebels (Minimum Mass Solar Nebula, MMSN) wird aus der aktuellen Masse der Gesteinsplaneten und Berechnungen ihres Entstehungsprozesses abgeleitet. Eine minimale Masse wird für den Fall verwendet, dass der Planetenbildungsmechanismus aus irgendeinem Grund weniger effizient ist als erwartet. Einige frühere Schätzungen ergaben MMSN-Werte von bis zu 100 Jupitermassen. Wenn ein solcher Nebel altert und seine Planeten sich entwickeln, nimmt die Masse der Scheibe ab. Derzeitige Modelle besagen, dass ein Planetensystem in weniger als fünf Millionen Jahren entstehen kann.

Der Astronom Sean Andrews vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und seine Kollegen untersuchen die frühesten Phasen von planetenbildenden Nebeln um andere Sterne. Dafür nutzen sie die Tatsache, dass solche Scheiben kalt sind und Strahlung hauptsächlich im Infrarot- und Submillimeterbereich emittieren. Das Team verwendete die Submillimeter-Kamera des James Clerk Maxwell Telescope auf Hawaii, um den emittierenden Staub in einem jungen Sternhaufen namens IC 348 zu kartieren. Der Sternhaufen liegt rund 1.000 Lichtjahre von der Erde entfernt in der Perseus-Molekülwolke. Sein Alter wird auf etwa zwei bis drei Millionen Jahre geschätzt, und die in ihm vorhandenen Planetensysteme sollten deswegen bereits teilweise entwickelt sein.

Die Wissenschaftler fanden in der Wolke 13 Punktquellen im Submillimeterbereich, was auf die Präsenz von Materiescheiben hinweist. Die Gesamtpopulation liegt bei ungefähr 370 bekannten Objekten. Anhand der beobachteten Helligkeit können die Forscher die Masse einer Scheibe abschätzen, und sie stellten fest, dass diese Scheiben im Massenbereich zwischen 1,5 und 16 Jupitermassen liegen – kleiner als eine MMSN. Ihre Ergebnisse sprechen dafür, dass Scheiben mit der Masse des frühen Sonnensystems zumindest bis zu diesem Alter sehr selten sind. Davon ausgehend, dass die unentdeckten Quellen kleinere und schwächere Scheiben besitzen, kombinierten sie die Beobachtungen aller Quellen für eine Schätzung der durchschnittlichen Scheibenmasse: Sie beträgt etwa eine halbe Jupitermasse.

Die Astronomen schlussfolgern, dass weniger als ein Prozent der Sterne eine MMSN-Scheibe besitzt. Wenn die meisten Scheiben mit dem Minimalwert beginnen, müssen sie sich sehr schnell entwickelt haben, um bereits nach wenigen Millionen Jahren einen Großteil ihrer Masse verloren zu haben.

Abhandlung: „A SCUBA-2 850-μm Survey of Protoplanetary Discs in the IC 348 Cluster“ von L. Cieza, J. Williams, E. Kourkchi, S. Andrews, S. Casassus, S. Graves und M. R. Schreiber, MNRAS 454, 1909, 2015.

Quelle: https://www.cfa.harvard.edu/news/su201542

(THK)

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