Neue Erkenntnisse über den Röntgendoppelstern Nova Muscae 1991

Künstlerische Darstellung eines Röntgenstrahlung emittierenden Doppelsternsystems mit einem Schwarzen Loch. (NASA / ESA)
Künstlerische Darstellung eines Röntgenstrahlung emittierenden Doppelsternsystems mit einem Schwarzen Loch. (NASA / ESA)

Ein Schwarzes Loch ist der traditionellen Theorie zufolge dadurch charakterisiert, dass es “keine Haare” besitzt: Es ist so einfach, dass es mit nur drei Parametern vollständig beschrieben werden kann – seiner Masse, seinem Drehimpuls und seiner elektrischen Ladung. Auch wenn es sich aus einem komplexen Gemisch aus Materie und Energie gebildet hat, gehen all diese spezifischen Einzelheiten verloren, wenn es zu einem Punkt kollabiert.

Dieser Punkt wird von einem “Horizont” umgeben, und wenn irgendetwas – Materie oder Licht (Energie) – diesen Horizont erst einmal überquert hat, kann es nicht mehr entkommen. Deswegen erscheint die Singularität schwarz. Außerhalb dieses Horizonts kann eine rotierende Akkretionsscheibe ungehindert Strahlung emittieren.

Astronomen können die Rotation von Schwarzen Löchern messen, indem sie die Röntgenstrahlung aus der Umgebung auf zwei mögliche Arten modellieren: Entweder passt sie zum Kontinuumemissionsspektrum, oder sie modellieren die Form einer Eisenemissionslinie von hochgradig ionisiertem Eisen. Bis jetzt wurde die Rotation von zehn stellaren Schwarzen Löchern bestimmt, und die Robustheit der Kontinuum-Methode wurde gut demonstriert.

Kürzlich stellte man fest, dass ein helles Schwarzes Loch, “Nova Muscae 1991”, entgegen der Richtung seiner Akkretionsscheibe rotiert. Das ist ein sehr ungewöhnliches und seltsames Ergebnis, weil das Schwarze Loch und die Scheibe den Erwartungen nach gemeinsam entstanden. Die Rotation dieses Schwarzen Lochs wurde vorher bereits als klein bestimmt – etwa zehn Prozent des von der Relativität erlaubten Grenzwertes.

Die Astronomen Jeff McClintock, James Steiner und Jainfeng Wu vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und ihre Kollegen haben Archivdaten dieser Quelle neu verarbeitet und deutlich bessere Messungen für die drei Schlüsselparameter erhalten, die für die Kontinuum-Methode erforderlich sind: die Masse (elf Sonnenmassen), die Neigung der Scheibe (43,2 Grad) und die Entfernung (16.300 Lichtjahre). Dabei weist jede Messung eine entsprechende aber geringe Unsicherheit auf.

Die Wissenschaftler verwendeten die neuen Werte, um das Rotationsmodell von Nova Muscae 1991 neu zu erstellen und berichten, dass die Rotation tatsächlich etwa fünfmal schneller ist als bislang geschätzt. Noch bedeutender ist das Ergebnis, dass die Rotation definitiv prograd erfolgt (gemeinsam mit der Rotationsrichtung der Scheibe) und nicht retrograd (entgegen der Scheibe). Die neuen Ergebnisse lösen ein potenzielles Rätsel und bieten eine Bestätigung der allgemeinen Methoden zur Simulation Schwarzer Löcher.

Abhandlung: “The Spin of The Black Hole in the X-ray Binary Nova Muscae 1991” von Zihan Chen, Lijun Gou, Jeffrey E. McClintock, James F. Steiner, Jianfeng Wu, Weiwei Xu, Jerome A. Orosz und Yanmei Xiang, ApJ 825, 45, 2016.

Quelle: https://www.cfa.harvard.edu/news/su201629

(THK)

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