Eines der großen Rätsel in der Wissenschaftswelt ist die Frage, wie sich die Eispanzer auf Antarktika an der Grenze zwischen dem Eozän und dem Oligozän vor 34 Millionen Jahren so schnell bilden konnten. Es gibt zwei konkurrierende Theorien.
Die erste Erklärung basiert auf dem globalen Klimawandel: Wissenschaftler haben gezeigt, dass der Gehalt des atmosphärischen Kohlenstoffdioxids seit Beginn des Känozoikums vor 66 Millionen Jahren stetig zurückging. Als der Kohlenstoffdioxidgehalt erst einmal unter eine kritische Grenze sank, erlaubten kühlere globale Temperaturen die Bildung der Eispanzer auf Antarktika.
Die zweite Theorie konzentriert sich auf dramatische Veränderungen in den Mustern der Meeresströmungen. Die Theorie besagt, dass die dramatische Vertiefung der Drake-Passage (die zwischen der Südspitze Südamerikas und Antarktika liegt) vor 35 Millionen Jahren eine komplette Neuausrichtung der Meereszirkulation auslöste. Das Argument ist, dass die zunehmende Trennung der antarktischen Landmasse von Südamerika zur Entstehung des starken Antarktischen Zirkumpolarstroms führte. Dieser Strom agierte als eine Art Wasserbarriere, die das wärmere, weniger salzige Wasser aus dem Nordatlantik und Zentralpazifik effektiv daran hinderte, südwärts in Richtung der antarktischen Landmasse zu gelangen. Das hatte die Isolation der antarktischen Landmasse und niedrigere Temperaturen zur Folge, was die Bildung der Eispanzer erlaubte.
Niemand hat bisher daran gedacht, diese zwei konkurrierenden Erklärungen zu verbinden. Eine Forschungsgruppe unter Leitung von Wissenschaftlern des Department of Earth and Planetary Sciences der McGill University vermutet nun, dass dies tatsächlich die beste Möglichkeit ist, um die Bildung dieses Phänomens zu verstehen. In einer Abhandlung im Journal Nature Geoscience argumentieren sie,
– dass die Vertiefung der Drake-Passage in einer Veränderung der Ozeanzirkulation resultierte, was wiederum dazu führte, dass warme Gewässer in Strömungsmustern nordwärts geleitet wurden, die jenem im Golfstrom ähnelten, welcher derzeit den Nordwesten Europas erwärmt.
– dass diese Veränderung der Meeresströmungen, als die wärmeren Gewässer nordwärts gezwungen wurden, zu einem Anstieg des Niederschlags führte, der vor etwa 35 Millionen Jahren mit reduzierten Kohlenstoffdioxidleveln in der Atmosphäre einsetzte. Als der Kohlenstoffdioxidgehalt in der Atmosphäre infolge eines Prozesses sank, der als Silikatverwitterung bezeichnet wird, gab es einen so dramatischen Abfall des Kohlenstoffdioxidgehalts in der Atmosphäre, dass er eine Grenze erreichte, bei der sich auf Antarktika rasch Eispanzer bilden konnten. Bei der Silikatverwitterung wird silikathaltiges Gestein langsam durch Regenfälle erodiert, was dazu führt, dass das atmosphärische Kohlenstoffdioxid in Kalkstein gebunden wird.
Meeresströmungen und Klimawandel
Galen Halverson unterrichtet am Department of Earth and Atmospheric Science an der McGill University und wirkte als Autor an der Abhandlung mit. Er glaubt, dass bisher niemand daran dachte, die beiden Theorien zu kombinieren, weil es nicht intuitiv ist, danach zu schauen, wie sich die Effekte der veränderten Meeresströmungsmuster (die über Zeitskalen von tausenden Jahren auftreten) die globale Silikatverwitterung beeinflussen würden, welche wiederum das globale Klima in Zeitskalen von hunderten bis tausenden Jahren steuert.
“Es ist eine interessante Lektion für uns, was den Klimawandel betrifft, weil wir eine minimale Verschiebung zwischen zwei stabilen Klimazuständen in Antarktika bekommen – von gletscherlos zu gletscherbedeckt”, sagte Halverson. “Und was wir sehen, zeigt sowohl wie komplex Klimaveränderungen sein können, als auch welche tiefgreifenden Auswirkungen die Veränderung von Meeresströmungen auf globale Klimazustände haben kann, in geologischen Zeiträumen betrachtet.”
Abhandlung: “Enhanced weathering and CO2 drawdown caused by latest Eocene strengthening of the Atlantic meridional overturning circulation von Geneviève Elsworth, et al in Nature Geoscience: doi:10.1038/ngeo2888
Diese Forschungsarbeit wurde von der Canadian Foundation for Innovation (CFI), dem Canadian Institute for Advanced Research (CIFAR) und dem Natural Sciences and Engineering Research Council of Canada (NSERC) finanziert.
(THK)
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