
Gammablitze gehören zu den energiereichsten und explosivsten Ereignissen im Universum. Sie sind außerdem kurzlebig und dauern nur wenige Millisekunden bis zu ungefähr einer Minute. Das machte es Astronomen schwer, einen Gammablitz in seinen Einzelheiten zu beobachten.
Mit einer Vielzahl an boden- und weltraumbasierten Teleskopbeobachtungen erstellte ein internationales Forschungsteam und Leitung von Astronomen der University of Maryland eine der bislang detailreichsten Beschreibungen eines Gammablitzes. Das Ereignis mit der Bezeichnung GRB 160625B offenbarte wichtige Einzelheiten über die „Anfangsphase“ von Gammablitzen und die Entwicklung der großen Jets aus Materie und Energie, die sich infolge des Ausbruchs bilden. Die Ergebnisse der Forschungsgruppe wurden in der Nature-Ausgabe vom 27. Juli 2017 veröffentlicht.
„Gammablitze sind katastrophale Ereignisse, die mit der Explosion massereicher Sterne zusammenhängen. Wenn man alle Explosionen im Universum absteigend nach ihrer Energie sortiert auflisten würde, dann kämen Gammablitze direkt nach dem Urknall“, sagte Eleonora Troja, eine Dozentin am Department of Astronomy der University of Maryland. Sie ist die Hauptautorin der Abhandlung. „Binnen Sekunden kann der Prozess so viel Energie emittieren wie ein Stern von der Masse unserer Sonne in seiner gesamten Lebensdauer. Wir sind sehr daran interessiert zu erfahren, wie das möglich ist.“
Die Beobachtungen der Gruppe geben die ersten Antworten auf lange bestehende Fragen darüber, wie sich ein Gammablitz entwickelt, während der sterbende Stern kollabiert und zu einem Schwarzen Loch wird. Die Daten sprechen dafür, dass das Schwarze Loch ein starkes Magnetfeld erzeugt, das die Jets aus Energieemissionen zunächst dominiert. Wenn das Magnetfeld dann zusammenbricht, nimmt die Materie Überhand und beginnt die Jets zu dominieren. Bei den meisten Gammablitzen nahmen Wissenschaftler an, dass die Jets entweder von der Materie oder von dem Magnetfeld dominiert werden, aber nicht von beidem. Die aktuellen Ergebnisse lassen darauf schließen, dass beide Faktoren Schlüsselrollen spielen.
„Es gibt einen Zwiespalt in der Gemeinschaft. Wir finden Anhaltspunkte für beide Modelle, was darauf hindeutet, dass Gammablitze eine duale, hybride Natur haben“, sagte Troja, die auch eine Gastforscherin am Goddard Space Flight Center der NASA ist. „Die Jets beginnen magnetisch, aber während die Jets anwachsen, baut sich das Magnetfeld ab und verliert an Herrschaft. Die Materie nimmt Überhand und dominiert die Jets, auch wenn ein schwacher Rest des Magnetfeldes manchmal überleben könnte.“
Die Daten lassen auch vermuten, dass Synchrotronstrahlung die erste, extrem helle Phase des Ausbruchs (die Anfangsphase) versorgt. Synchrotronstrahlung entsteht, wenn Elektronen entlang gekrümmter Bahnen oder Spiralbahnen beschleunigt werden. Astronomen zogen neben der Synchrotronstrahlung lange zwei andere Hauptkandidaten in Betracht: Schwarzkörperstrahlung (die aus der Wärmestrahlung eines Objekts resultiert) und die inverse Comptonstrahlung (die sich ergibt, wenn ein beschleunigtes Teilchen Energie auf ein Photon überträgt).
„Synchrotronstrahlung ist der einzige Emissionsmechanismus, der denselben Polarisationsgrad und dasselbe Spektrum erzeugen kann, das wir in der Anfangsphase des Blitzes sahen“, sagte Troja. „Unsere Studie liefert überzeugende Belege dafür, dass die anfängliche Emission des Gammablitzes von Synchrotronstrahlung angetrieben wird. Das ist ein beachtlicher Erfolg, weil der physikalische Mechanismus, der Gammablitze auslöst, trotz jahrzehntelanger Forschung noch nicht zweifelsfrei identifiziert wurde.“
Umfangreiche Beobachtungen von GRB 160625B mit einer Vielzahl an Teleskopen, die Daten in verschiedenen Wellenlängenbereichen sammelten, machten diese Schlussfolgerungen möglich, sagte die Forscher.
„Gammablitze treten in kosmologischen Entfernungen auf, wobei manche fast bis an die Geburt des Universums zurückreichen“, sagte Alexander Kutyrev, ein Dozent am Department of Astronomy der University of Maryland und Co-Autor der Studie. „Die Ereignisse sind unvorhersehbar und sowie der Gammablitz auftritt, ist er auch schon wieder vorbei. Wir hatten viel Glück, dass wir auf Beobachtungen verschiedener Teleskope zurückgreifen konnten, insbesondere während der Anfangsphase, die sehr schwer einzufangen ist.“
Das Fermi Gamma-ray Space Telescope der NASA registrierte die Gammaemission von GRB 160625B zuerst. Kurz danach folgte das bodenbasierte MASTER-IAC Teleskop, ein Teil des russischen MASTER-Roboterteleskopnetzwerks am Teide Observatory auf den Kanarischen Inseln (Spanien), mit Beobachtungen in sichtbaren Wellenlängen, als die Anfangsphase noch aktiv war.
MASTER-IAC sammelte entscheidende Daten über den Anteil des polarisierten sichtbaren Lichts relativ zur gesamten Lichtmenge, die während der Anfangsphase produziert wurde. Weil Synchrotronstrahlung eines von nur wenigen Phänomenen ist, die polarisiertes Licht erzeugen können, lieferten diese Daten die entscheidende Verbindung zwischen Synchrotronstrahlung und der Anfangsphase von GRB 160625B.
Ein Magnetfeld kann ebenfalls beeinflussen, wie viel polarisiertes Licht im Verlauf der Zeit emittiert wird, und wie sich der Ausbruch entwickelt. Weil die Forscher in der Lage waren, die Polarisationsdaten zu analysieren, die fast den gesamten Zeitrahmen des Ausbruchs umfassten (eine seltene Leistung), konnten sie die Präsenz eines Magnetfeldes ableiten und verfolgen, wie es sich mit der zeitlichen Entwicklung von GRB 160625B veränderte.
„Es gibt sehr wenig Daten über polarisierte Emissionen von Gammablitzen“, sagte Kutyrev, der auch am Goddard Space Flight Center tätig ist. „Dieser Ausbruch war einzigartig, weil wir den Polarisationszustand in einer frühen Phase einfingen. Das ist schwer, weil es eine sehr schnelle Reaktionszeit erfordert, und weil es relativ wenige Teleskope mit dieser Fähigkeit gibt. Diese Abhandlung zeigt, wie viel getan werden kann, aber um die Ergebnisse konsistent zu machen, werden wir neue Einrichtungen mit schnellen Reaktionszeiten zur Beobachtung von Gammablitzen benötigen.
Neben den Beobachtungen in sichtbaren Wellenlängen und im Gammabereich registrierte der NASA-Satellit Swift Röntgenstrahlung und ultraviolettes Licht. Die Reionization and Transient InfraRed/Optical Project Camera zeichnete Infrarotdaten auf. Die Kamera ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA, des University of California System und der National Autonomous University of Mexico und ist am Observatorio Astrónomico Nacional in Baja California (Mexiko) installiert.
Die Gruppe sammelte zudem Radiodaten mit dem Australia Telescope Compact Array der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation nördlich von Sydney im ländlichen New South Wales und mit dem Very Large Array des National Radio Astronomy Observatory außerhalb von Socorro (New Mexico).
Die Abhandlung „Significant and variable linear polarization during the prompt optical flash of GRB 160625B“ von Eleonora Troja et al. Wurde am 27. Juli 2017 im Journal Nature veröffentlicht.
(THK)
Antworten