Das “First Light” der Zwicky Transient Facility

First Light der Zwicky Transient Facility. Unten rechts ist der Orionnebel zu sehen, etwa in der Bildmitte liegen der Flammennebel und der Pferdekopfnebel. Dies ist eine kleine Version, die Originalauflösung ist unten im Text verlinkt. (Credits: Caltech Optical Observatories)
First Light der Zwicky Transient Facility. Unten rechts ist der Orionnebel zu sehen, etwa in der Bildmitte liegen der Flammennebel und der Pferdekopfnebel. Dies ist eine kleine Version, die Originalauflösung ist unten im Text verlinkt. (Credits: Caltech Optical Observatories)

Eine neue automatische Kamera mit der Fähigkeit, hunderttausende Sterne und Galaxien auf einmal aufzunehmen, hat ihr erstes Bild des Himmels gemacht – ein Ereignis, das Astronomen als “First Light” bezeichnen. Die kürzlich installierte Kamera ist Teil eines neuen, automatisierten Himmelsdurchmusterungsprojekts am Palomar Observatory des California Institute of Technology (Caltech) in den Bergen nahe San Diego, der sogenannten Zwicky Transient Facility (ZTF). Jede Nacht wird die ZTF einen großen Bereich des nördlichen Himmels scannen und dabei Objekte entdecken, die Helligkeitsausbrüche zeigen oder deren Helligkeit variiert. Dazu zählen beispielsweise explodierende Sterne (auch bekannt als Supernovae), Sterne, die von Schwarzen Löchern verschlungen werden, sowie Asteroiden und Kometen.

“Es gibt eine Menge Aktivitäten an unserem Nachthimmel”, sagte Shrinivas “Shri” Kulkarni, der leitende Forscher der ZTF und George Ellery Hale Professor für Astronomie und Planetenforschung am Caltech. “Tatsächlich findet in jeder Sekunde irgendwo im Universum eine Supernova statt. Natürlich können wir sie nicht alle sehen, aber mit der ZTF werden wir in der dreijährigen Laufzeit des Projekts Zehntausende Quellen mit variierender Helligkeit (engl.: Transients) pro Jahr erkennen.”

Von 2009 bis 2017 fing die Vorgängerin der ZTF, die Palomar Transient Factory, das Blinken, Aufflackern und andere Echtzeitveränderungen temporärer Objekte am Himmel auf. Das Projekt nutzte die Tatsache, dass das Palomar Observatory über drei Teleskope verfügt, die alle vom Caltech betrieben werden: das 48-Zoll Samuel Oschin Telescope, das 60-Zoll-Teleskop und das 200-Zoll Hale Telescope. Im Rahmen der Durchmusterungen mit der Palomar Transient Factory agierte das automatisierte Samuel Oschin Telescope als das Instrument, mit dem die Entdeckungen gemacht wurden. Das automatisierte 60-Zoll-Teleskop verfolgte selbständig die gefundenen Ziele und sammelte Informationen über deren Eigenschaften. Ab dann nutzten Astronomen das 200-Zoll Hale Telescope oder das vom Caltech mitgeleitete W.M. Keck Observatory, um die verschiedenen kosmischen Objekte, die unseren Nachthimmel beleben, genauer zu untersuchen.

“Von einem Teleskop zum nächsten zu gehen, erlaubte uns eine Art Ersteinschätzung vorzunehmen und die interessantesten Objekte für weitere Untersuchungen auszuwählen”, sagte Kulkarni. “Der Grund, aus dem wir es die Palomar Transient Factory nannten, lag darin, weil es astronomische Forschung in industriellem Maßstab betrieb.”

Die Zwicky Transient Facility ist die leistungsfähige Nachfolgerin der Palomar Transient Factory. Der Name Zwicky bezieht sich auf den ersten Astrophysiker am Caltech – Fritz Zwicky -, der im Jahr 1925 an der Universität eintraf und der während seiner Lebenszeit 120 Supernovae entdeckte. Die moderne Kamera der ZTF, die kürzlich am Samuel Oschin Telescope installiert wurde, kann 47 Quadratgrad des Himmels auf einmal beobachten – das entspricht dem Flächenäquivalent von 247 Vollmonden. Das ist sieben Mal mehr, als ihre Vorgängerin auf einem einzigen Bild sehen konnte. Darüber hinaus ermöglichen die aktualisierte Elektronik und Teleskopantriebssysteme der Kamera, 2,5 Mal mehr Aufnahmen pro Nacht zu erstellen. Die ZTF wird binnen drei Nächten den gesamten Himmel [der nördlichen Hemisphäre] scannen, sowie die sichtbare Ebene der Galaxie zweimal pro Nacht.

Weil sie den Himmel auf diese Weise viel schneller scannen, werden Astronomen nicht nur eine größere Anzahl an veränderlichen Quellen entdecken, sondern sie werden auch in der Lage sein, die flüchtigsten Ereignisse auszuwählen – jene die rasch erscheinen und schwächer werden.

“Die ZTF wird schneller als ihre Vorgängerin sein, weil jedes Bild einen größeren Himmelsausschnitt hat und Objekte in größeren Entfernungen zeigt”, sagte Richard Dekany, der Projektmanager der ZTF am Caltech. “Jedes von der Kamera gemachte Bild hat eine Auflösung von mehr als 24.000 * 24.000 Pixel.”

Die Bilder sind so riesig, dass sie in voller Auflösung auf Computermonitoren schwer darzustellen sind. Roger Smith, der technische Leiter des Teams am Caltech, hat berechnet, dass 72 Ultra-HD-Monitore erforderlich wären, um ein Bild der ZTF in voller Auflösung darzustellen. “Ich würde das gern bauen, so dass wir die volle Pracht der Auflösung der ZFT wirklich sehen können”, sagte Smith. Smith arbeitet zusammen mit Dekany, Kulkarni und vielen anderen Kollegen an dem Projekt, seit es im Jahr 2014 Fördermittel von der National Science Foundation (NSF) erhielt.

Etwa die Hälfte der ZTF wird von der NSF finanziert. Der Rest kommt von ihren Partnern, darunter dem Weizmann Institute for Science, dem Oskar Klein Center an der Stockholm University, der University of Maryland in College Park, der University of Washington, dem Deutschen Elektronen-Synchrotron, der Humboldt Universität, dem Los Alamos National Laboratory, dem TANGO Consortium of Taiwan, der University of Wisconsin in Milwaukee und dem Lawrence Berkeley National Laboratory.

Die ZTF-Bilder werden am Science and Data Center for Astrophysics and Planetary Studies (IPAC) des Caltech angepasst und kalibriert. IPAC-Software wird die von der ZTF erzeugte Datenflut nach Lichtquellen durchsuchen, insbesondere nach solchen, die sich verändern oder bewegen. Diese Daten werden der gesamten Astronomiegemeinschaft öffentlich zugänglich gemacht.

“Das Datenarchiv wird jede Nacht um vier Terabyte wachsen”, sagte George Helou, der ausführende Direktor des IPAC und Co-Prüfer der NSF-Fördermittel. “Dies ist ein einzigartiges Projekt, das neue Arten von Entdeckungen verspricht.”

Zu den NSF-Mitarbeitern gehören auch Tom Prince vom Caltech (der Ira S. Bowen Professor für Physik) und Bryan Penprase, der Dekan der Fakultät an der Soka University of America. Der ZTF-Projektwissenschaftler ist Matthew Graham vom Caltech.

Smith sagte, dass die Entwicklung und Konstruktion der ZTF für die Aufnahme so großer Bilder besonders anspruchsvoll gewesen sei, wenn man bedenkt, dass die Kamera selbst in den Tubus eines relativ kleinen, 70 Jahre alten Teleskops passen musste. “Die Kamera blockiert das Licht, das durch das Teleskop auf den Hauptspiegel trifft, deshalb mussten wir sie möglichst klein halten, während wir gleichzeitig die Größe des von ihr erfassten Himmelsausschnitts maximierten”, sagte er.

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Video-Link: https://youtu.be/aVhMVwwUwUE

 

Das neue First-Light-Bild der ZTF ist ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird. Es demonstriert die enorme Größe der Bilder (hier in Originalauflösung) und zeigt unten rechts die turbulente Sternentstehungsregion, die als der Orionnebel bekannt ist.

Astronomen sind auf die unerwarteten Funde gespannt. Eine der größten Entdeckungen der Palomar Transient Factory gelang im Jahr 2011, als sie eine Supernova mit der Katalogbezeichnung SN 2011fe nur Stunden nach der Explosion fand. Die ZTF wird unser Wissen über junge Supernovae und eine Reihe anderer kosmischer Objekte noch erweitern, darunter Planeten um junge Sterne, exotische Doppelsternsysteme und erdnahe Asteroiden.

“Die ZTF wird das dynamische Universum scannen wie nie zuvor”, sagte Mansi Kasliwal, Assistenzprofessorin für Astronomie am Caltech und Mitglied des ZTF-Teams. “Mit dieser hohen Geschwindigkeit kann die ZTF bewegte Objekte im Sonnensystem beobachten, etwa erdnahe Asteroiden, aber auch katastrophale Ausbrüche von Sternen, die in unserer Milchstraßen-Galaxie aufblitzen. Die ZTF wird Supernova-Explosionen in weit entfernten Galaxien finden und vielleicht sogar elektromagnetische Entsprechungen zu den von LIGO registrierten Gravitationswellenquellen aufspüren. Sie wird uns eine Schatzkiste voller Entdeckungen bringen.” Kasliwal betont, dass die Gegenstücke zu den Gravitationswellen, wenn sie erst einmal von der ZTF identifiziert wurden, mit dem von ihr geleiteten GROWTH-Projekt (Global Relay of Observatories Watching Transients Happen) detailliert untersucht werden können.

In Zukunft werden noch größere Durchmusterungsprogramme auf den schnellen ZTF-Scans aufbauen. Zu diesen Programmen zählt das kommende Large Synoptic Survey Telescope (LSST), dessen Inbetriebnahme für 2023 geplant ist. “Die ZTF wird zehnmal schneller sein als die Palomar Transient Factory und das kommende LSST wird zehnmal schneller sein als die ZTF”, sagte Kulkarni. “Die ZTF ist ein Schritt in Richtung Zukunft.”

Der Beginn der wissenschaftlichen Phase des ZTF-Projekts ist für Februar 2018 geplant. Das Projekt wird bis Ende 2020 abgeschlossen sein.

Quelle

(THK)

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