Gravitationslinsen als Hilfsmittel zur Massenbestimmung kompakter Objekte

Negativ einer Hubble-Aufnahme des Weißen Zwergs PM I12506+4110E (das helle Objekt) und seiner Umgebung, zu dem die beiden fernen Sterne PM12-MLC1 & 2 gehören. Die gepunkteten Linien zeigen zwei mögliche Bahnen, denen der Weiße Zwerg folgen wird. Eine liegt so nah an einem Stern, dass ein Gravitationslinseneffekt auftreten könnte. (Credit: Harding et al. / NASA / HST)
Negativ einer Hubble-Aufnahme des Weißen Zwergs PM I12506+4110E (das helle Objekt) und seiner Umgebung, zu dem die beiden fernen Sterne PM12-MLC1 & 2 gehören. Die gepunkteten Linien zeigen zwei mögliche Bahnen, denen der Weiße Zwerg folgen wird. Eine liegt so nah an einem Stern, dass ein Gravitationslinseneffekt auftreten könnte. (Credit: Harding et al. / NASA / HST)

Die Masse eines Himmelskörpers zu messen, ist eine der anspruchsvollsten Aufgaben in der beobachtenden Astronomie. Die erfolgreichste Methode nutzt Doppelsysteme, weil die Orbitalparameter des Systems von den Massen der beiden Komponenten abhängen. Im Fall von Schwarzen Löchern, Neutronensternen und Weißen Zwergen, den Endstadien der Sternentwicklung, gibt es allerdings viele isolierte Objekte, und die meisten davon sind zudem sehr lichtschwach.

Infolgedessen kennen Astronomen noch immer nicht die Verteilung ihrer Massen. Das ist jedoch von großem Interesse, weil sie an dramatischen Ereignissen wie der Akkretion von Materie, der Emission energiereicher Strahlung oder an Verschmelzungen beteiligt sind, die Gravitationswellen, Gammablitze oder Typ-Ia-Supernovae auslösen können. All das hängt von der Masse eines Objekts ab.

Die Astronomen Alexander Harding, Rosanne Di Stefano und Claire Baker vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) sowie drei Kollegen stellen eine neue Methode zur Massenbestimmung isolierter, kompakter Objekte vor: Gravitationslinsen. Die Bahn eines Lichtstrahls wird durch die Anwesenheit von Masse gekrümmt – ein Effekt, der mit der allgemeinen Relativitätstheorie berechnet wird.

Ein massereicher Himmelskörper wird wie eine Linse agieren und das Bild eines hinter ihm liegenden Objekts verzerren, wenn sie sich entlang unserer Sichtlinie ausrichten. Die Eigenschaften der Bildverzerrungen werden von der Masse des Himmelskörpers abhängen. Die Astronomen beschreiben die Aussichten für die Vorhersage von Gravitationslinsenereignissen, die von nahen, kompakten Objekten hervorgerufen werden, wenn deren Eigenbewegung sie durch ein Gebiet mit Hintergrundsternen führt.

Das Team schätzt, dass die nahe Population aus kompakten Objekten etwa 250 Neutronensterne, fünf Schwarze Löcher und rund 35.000 Weiße Zwerge umfasst, die für diese Studie geeignet sind. Wenn sie die allgemeinen Bewegungen der Weißen Zwerge am Himmel kennen, erhalten sie eine statistische Schätzung von etwa 30-50 Gravitationslinsenereignissen pro Jahrzehnt, die von Hubble, Gaia, oder dem neuen James Webb Space Telescope beobachtet werden könnten. Der nächste Schritt bei diesem Ansatz ist die Verwendung aktueller Himmelsdurchmusterungsprogramme wie dem der Gaia-Mission, um die Positionen und Bewegungen der Himmelskörper genauer einzugrenzen und vorhersagen zu können, welche speziellen Objekte man für Gravitationslinseneffekte überwachen könnte.

Abhandlung: „Predicting Gravitational Lensing by Stellar Remnants“ von Alexander J. Harding, R. Di Stefano, S. Lepine, J. Urama, D. Pham and C. Baker, MNRAS 475, 79, 2018.

Quelle

(THK)

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