Astronomen beobachten eine überraschend stabile kosmische Kaltfront

Die Kaltfront im Perseus-Galaxienhaufen, basierend auf Daten der Weltraumteleskope Chandra, XMM-Newton und ROSAT. (Credits: NASA / CXC / GSFC / S. Walker, ESA / XMM, ROSAT)
Die Kaltfront im Perseus-Galaxienhaufen, basierend auf Daten der Weltraumteleskope Chandra, XMM-Newton und ROSAT. (Credits: NASA / CXC / GSFC / S. Walker, ESA / XMM, ROSAT)

Mithilfe von Daten des Chandra X-ray Observatory haben Astronomen eine riesige und stabile “Kaltfront” im Perseus-Galaxienhaufen untersucht. Das kosmische “Wettersystem” erstreckt sich über zwei Millionen Lichtjahre und ist seit mehr als fünf Milliarden Jahren in Bewegung – länger als unser Sonnensystem existiert.

Die nebenstehende Grafik zeigt die Kaltfront im Perseus-Galaxienhaufen. Das Bild basiert auf Röntgendaten von Chandra (für die Gebiete nahe des Zentrums des Galaxienhaufens), sowie auf Daten des ESA-Satelliten XMM-Newton und des mittlerweile außer Betrieb gestellten ROSAT für die äußeren Regionen. Die Chandra-Daten wurden speziell verarbeitet, um den Kontrast der Ränder aufzuhellen und feine Details besser erkennbar zu machen.

Die Kaltfront ist die lange, vertikale Struktur auf der linken Seite des Bildes. Sie ist ungefähr zwei Millionen Lichtjahre lang und entfernt sich mit rund 480.000 Kilometern pro Stunde vom Zentrum des Galaxienhaufens.

Das unten eingebundene Bild stellt eine Nahansicht der Kaltfront dar. Es ist eine Temperaturkarte, in der blaue Farbtöne relativ kühle Regionen (circa 30 Millionen Grad) kennzeichnen, wohingegen rote Nuancen auf die heißeren Regionen (circa 80 Millionen Grad) hinweisen.

Nahansicht der Kaltfront im Perseus-Galaxienhaufen mit Temperaturdaten. (Credits: NASA / CXC / GSFC / S.Walker, ESA / XMM, ESA / ROSAT)
Nahansicht der Kaltfront im Perseus-Galaxienhaufen mit Temperaturdaten. (Credits: NASA / CXC / GSFC / S.Walker, ESA / XMM, ESA / ROSAT)

Die Kaltfront hat nicht nur mehr als ein Drittel des Alters unseres Universums überstanden, sondern sie ist in der Zeit auch überraschend scharf begrenzt geblieben und hat sich in zwei verschiedene Teile aufgespalten. Astronomen sind davon ausgegangen, dass eine so alte Kaltfront sich mit der Zeit zerstreut hätte oder erodiert worden wäre, weil sie Milliarden Jahre lang eine harsche Umgebung mit Schallwellen und Turbulenzen durchquerte, die von Ausbrüchen des riesigen Schwarzen Lochs im Zentrum des Perseus-Galaxienhaufens ausgingen.

Stattdessen spricht die scharfe Abgrenzung der Kaltfront dafür, dass die Struktur durch starke Magnetfelder bewahrt wurde, die sich um sie geschlungen haben. Der Vergleich der Chandra-Röntgendaten mit theoretischen Modellen gibt den Wissenschaftlern auch erstmals einen Eindruck von der Stärke der Magnetfelder in der Kaltfront.

Während Kaltfronten in der Erdatmosphäre von der Rotation des Planeten angetrieben werden, liegt die Ursache für Kaltfronten in den “Atmosphären” von Galaxienhaufen in Kollisionen zwischen dem Galaxienhaufen und anderen Galaxienhaufen. Diese Kollisionen treten üblicherweise auf, weil die Gravitation des Hauptgalaxienhaufens die kleineren Galaxienhaufen in Richtung seines Zentrums zieht. Wenn sich die kleineren Galaxienhaufen nahe an dem zentralen Kern vorbeibewegen, verwirbeln die gravitativen Wechselwirkungen zwischen den beiden Strukturen das Gas in dem Kern wie Wein in einem geschwenkten Glas. Die Verwirbelungen erzeugen ein Spiralmuster aus Kaltfronten, die sich durch das Gas im Galaxienhaufen nach außen bewegen.

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Video-Link: https://youtu.be/wMVD9agap-c

Aurora Simionescu und ihre Mitarbeiter entdeckten die Kaltfront im Perseus-Galaxienhaufen ursprünglich im Jahr 2012 mit Daten des ROSAT-Satelliten, des ESA-Satelliten XMM-Newton und des japanischen Suzaku-Röntgensatelliten. Chandras hochauflösender Röntgenblick erlaubte die Durchführung dieser detailreicheren Forschungsarbeit über die Kaltfront.

Die Ergebnisse dieser Studie erscheinen in einer Abhandlung, die in der April-Ausgabe des Journals Nature Astronomy veröffentlicht wird. Die Autoren der Abhandlung sind Stephen Walker (Goddard Space Flight Center), John ZuHone (Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics), Jeremy Sanders (Max-Planck-Institut für extraterrestriche Physik) und Andrew Fabian (Institute of Astronomy in Cambridge, England).

Das Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville (Alabama) leitet das Chandra-Programm für das Science Mission Directorate der Agentur in Washington. Das Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge (Massachusetts) steuert Chandras Wissenschafts- und Flugoperationen.

Quelle

(THK)

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