Kurze Gammablitze sind die Folge von Neutronenstern-Verschmelzungen

Computersimulation eines kurzen Gammablitzes. (Credit: Oregon State University)
Computersimulation eines kurzen Gammablitzes. (Credit: Oregon State University)

Forscher der Oregon State University haben bestätigt, dass die Verschmelzung zweier Neutronensterne im vergangenen Spätsommer tatsächlich einen kurzen Gammablitz auslöste. Die Ergebnisse wurden am 13. Juni 2018 im Fachmagazin Physical Review Letters veröffentlicht und repräsentieren einen wichtigen Schritt vorwärts für das astrophysikalische Wissen bezüglich der Zusammenhänge zwischen Verschmelzungen zweier Neutronensterne, Gravitationswellen und kurzen Gammablitzen.

Gammablitze oder Gammastrahlenausbrüche (gamma-ray burst, GRB) sind schmale Strahlen aus elektromagnetischen Wellen mit den kürzesten Wellenlängen im elektromagnetischen Spektrum. Gammablitze sind die stärksten elektromagnetischen Ereignisse im Universum und treten Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt auf, wobei sie aber in ein paar Sekunden so viel Energie freisetzen können wie die Sonne in ihrer gesamten Lebenszeit.

Gammablitze fallen in zwei Kategorien: langlebige und kurzlebige. Langlebige Gammablitze stehen mit dem Tod eines massereichen Sterns in Zusammenhang, wenn dessen Kern zu einem Schwarzen Loch kollabiert, und können ein paar Sekunden bis hin zu mehreren Minuten andauern.

Kurze Gammablitze haben Vermutungen zufolge in der Verschmelzung zweier Neutronensterne ihren Ursprung, was ebenfalls in einem neuen Schwarzen Loch resultiert – einem Ort, wo die Gravitationskraft der superdichten Materie so stark ist, dass nicht einmal das Licht entkommen kann. Der Zeitrahmen eines kurzen Gammablitzes beträgt bis zu zwei Sekunden.

Der Begriff „Neutronenstern“ bezieht sich auf den gravitationsbedingt kollabierten Kern eines großen Sterns. Neutronensterne sind die kleinsten und dichtesten bekannten Sterne. Laut der NASA ist die Materie eines Neutronensterns so dicht gepackt, dass eine würfelzuckerstückgroße Menge hier auf der Erde mehr als eine Milliarde Tonnen wiegen würde.

Im November 2017 gaben Wissenschaftler US-amerikanischer und europäischer Kollaborationen bekannt, dass sie einen Röntgen/Gammablitz registriert hatten, der mit dem Ausbruch von Gravitationswellen zusammenfiel, gefolgt von sichtbarem Licht einer neuen kosmischen Explosion, einer Kilonova.

Gravitationswellen – Krümmungen im Raumzeitgefüge – wurden erstmals im September 2015 nachgewiesen. Das war ein bedeutendes Ereignis für die Physik und die Astronomie, das eine der Hauptvorhersagen von Albert Einsteins im Jahr 1915 veröffentlichten allgemeinen Relativitätstheorie bestätigte.

„Eine gleichzeitige Beobachtung von Gammastrahlen und Gravitationswellen von der gleichen Position am Himmel war ein wichtiger Meilenstein für unser Verständnis des Universums“, sagte Davide Lazzati, ein theoretischer Astrophysiker am College of Science der Oregon State University. Die Gammastrahlen erlaubten eine präzise Lokalisierung des Ortes, von wo die Gravitationswellen kamen. Die kombinierten Informationen aus Gravitationswellen und elektromagnetischer Strahlung ermöglicht Wissenschaftlern, das dafür verantwortliche System aus zwei Neutronensternen auf beispiellose Weise zu untersuchen.“

Vor Lazzatis neuester Studie war es jedoch eine offene Frage, ob die registrierten elektromagnetischen Wellen ein „kurzer Gammablitz“ waren oder nur ein „kurzer Ausbruch von Gammastrahlen“. Letzteres ist ein anderes, schwächeres Phänomen.

Im Sommer 2017 hatte Lazzatis Team eine Abhandlung veröffentlicht, die im Gegensatz zu früheren Schätzungen der astrophysikalischen Gemeinschaft vorhersagte, dass kurze Gammablitze, welche mit den Gravitationsemissionen zweier verschmelzender Neutronensterne einhergehen, sogar dann beobachtet werden könnten, wenn der Gammablitz nicht direkt in Richtung Erde zeigt.

„Röntgen- und Gammastrahlen sind gebündelt wie das Licht eines Leuchtturms und können nur dann leicht registriert werden, wenn der Strahl in Richtung Erde zeigt“, sagte Lazzati. „Gravitationswellen sind dagegen nahezu isotrop und können immer registriert werden.“ Der Begriff „isotrop“ besagt, dass sie gleichmäßig in alle Richtungen emittiert werden.

„Wir argumentierten, dass die Wechselwirkung des kurzen Gammablitz-Jets mit seiner Umgebung eine zweite Quelle für Emissionen erschafft, einen Kokon“, sagte Lazzati. „Der Kokon ist viel schwächer als der Hauptstrahl und nicht beobachtbar, wenn der Hauptstrahl in Richtung unserer Instrumente zeigt. Er könnte jedoch bei nahen Gammablitzen registriert werden, deren Strahl von uns wegzeigt.“

In den Monaten nach dem Gravitationswellennachweis im November 2017 beobachteten Astronomen weiterhin die Position, von der die Gravitationswellen kamen. „Nach dem Gammablitz kam weitere Strahlung an: Radiowellen und Röntgenstrahlen“, sagte Lazzati. „Sie unterschied sich von dem Nachglühen eines kurzen Gammablitzes. Normalerweise gibt es einen kurzen Ausbruch, ein helles Aufblinken, helle Röntgenstrahlung, dann schwächt es sich mit der Zeit ab. Dieser hatte ein schwaches Aufblinken im Gammabereich, und das Nachglühen war schwach, wurde rasch heller und war dann weg.“

„Aber dieses Verhalten wird erwartet, wenn man es von einem Beobachtungspunkt außerhalb der Achse betrachtet und man nicht direkt in den Jetkanal hineinblickt“, sagte er. „Die Beobachtung entspricht exakt dem Verhalten, das wir vorhergesagt hatten. Wir haben die Mordwaffe nicht gesehen, wir haben kein Geständnis, aber die Indizienbeweise sind überwältigend. Dieser Gammablitz verhält sich genau so, wie wir es von einem jenseits der Achse betrachteten Jet erwartet hatten. Das ist ein überzeugender Beweis dafür, dass Verschmelzungen zweier Neutronensterne und kurze Gammablitze in der Tat miteinander zusammenhängen.“

Quelle

(THK)

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