Der perfekte Sturm für Forschung auf dem Mars

Vergleich zweier Aufnahmen des Marsrovers Curiosity. Sie demonstrieren die Zunahme des Staubs in der Atmosphäre binnen drei Tagen zwischen dem 7. Juni 2018 (links) und dem 10. Juni 2018 (rechts). (Credits: NASA / JPL-Caltech / MSSS)
Vergleich zweier Aufnahmen des Marsrovers Curiosity. Sie demonstrieren die Zunahme des Staubs in der Atmosphäre binnen drei Tagen zwischen dem 7. Juni 2018 (links) und dem 10. Juni 2018 (rechts). (Credits: NASA / JPL-Caltech / MSSS)

In den vergangenen anderthalb Wochen hat sich einer der dichtesten Staubstürme entwickelt, der jemals auf dem Mars beobachtet wurde. Der Sturm hat dafür gesorgt, dass der NASA-Marsrover Opportunity seine wissenschaftlichen Operationen einstellen musste. Aber er bietet auch eine Möglichkeit für vier andere Marsmissionen, etwas aus dem wirbelnden Staub zu lernen.

Die NASA hat drei Orbiter, die den Roten Planeten umkreisen – jeder ausgestattet mit speziellen Kameras und anderen Instrumenten für Untersuchungen der Atmosphäre. Darüber hinaus hat der NASA-Marsrover Curiosity begonnen, eine Zunahme des Staubs an seiner Position im Gale-Krater zu beobachten.

“Dies ist der ideale Sturm für wissenschaftliche Forschung auf dem Mars”, sagte Jim Watzin, Direktor des Mars Exploration Program der NASA am Hauptquartier der Agentur in Washington. “Wir haben eine historische Zahl an Missionen, die an und auf dem Roten Planeten operieren. Jede bietet einen einzigartigen Einblick darin, wie Staubstürme entstehen und sich verhalten – Wissen, das für zukünftige Roboter- und bemannte Missionen entscheidend sein wird.”

Staubig mit Aussicht auf Staub

Staubstürme sind häufige Ereignisse auf dem Mars und treten in allen Jahreszeiten auf. Gelegentlich können sie sich innerhalb von Tagen zu regionalen Stürmen vergrößern, und manchmal können sie sich sogar so sehr ausbreiten, dass sie fast den gesamten Planeten einhüllen. Diese starken, planetenweiten Stürme treten schätzungsweise einmal alle drei bis vier Marsjahre (sechs bis acht Erdjahre) auf. Der letzte war im Jahr 2007. Sie können Wochen oder längstens sogar Monate andauern.

Der aktuelle Sturm über Opportunity, der immer noch anwächst, bedeckt jetzt etwa 35 Millionen Quadratkilometer der Marsoberfläche – das ist ungefähr ein Viertel des Planeten.

Simulierte Ansichten des Marshimmels mit der von dichter werdendem Staub verdunkelten Sonne am Standort von Opportunity. Das rechte Bild entspricht Opportunitys aktuellem Blick durch den Staubsturm. (Credits: NASA / JPL-Caltech / TAMU)
Simulierte Ansichten des Marshimmels mit der von dichter werdendem Staub verdunkelten Sonne am Standort von Opportunity. Das rechte Bild entspricht Opportunitys aktuellem Blick durch den Staubsturm. (Credits: NASA / JPL-Caltech / TAMU)

Alle Staubstürme, egal welcher Größe, gestalten die Marsoberfläche mit. Die Untersuchung ihrer Physik sei entscheidend, um das frühzeitliche und das heutige Klima auf dem Mars zu verstehen, sagte Rich Zurek, Chefwissenschaftler des Mars Program Office am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena (Kalifornien).

“Jede Beobachtung dieser großen Stürme bringt uns der Möglichkeit näher, diese Ereignisse zu modellieren und sie vielleicht eines Tages sogar vorhersagen zu können”, sagte Zurek. “Das wäre wie die Vorhersage von El-Niño-Ereignissen auf der Erde oder die Stärke der kommenden Hurrikansaison.

Aufgrund der dünnen Atmosphäre unterscheiden sich diese Stürme sehr von allem, was man auf der Erde findet: Im Gegensatz zum Drama “Der Marsianer” würden die stärksten Oberflächenwinde auf dem Mars ein Raumschiff nicht umwerfen, aber sie können wie ein Sandgebläse Staubteilchen in die Atmosphäre wirbeln.

Teamarbeit

Mitglieder der NASA-“Familie” am und auf dem Mars helfen sich oft gegenseitig. Die Orbiter der Agentur senden regelmäßig Daten der NASA-Rover zurück zur Erde. Die Orbiter und Rover bieten auch verschiedene Perspektiven des Geländes auf dem Mars, so dass sich ihre Forschungen einander ergänzen.

Der Mars Reconnaissance Orbiter (MRO) nimmt eine besondere Rolle ein und agiert als ein Frühwarnsystem für Wetterereignisse wie den aktuellen Sturm. Es war die Weitwinkelkamera des Orbiters (der sogenannte Mars Color Imager), die dem Opportunity-Team einen Blick auf den Sturm ermöglichte. Diese Kamera, gebaut und betrieben von Malin Space Science Systems in San Diego, kann täglich globale Karten des Planeten erstellen. Anhand dieser Karten kann die Entwicklung von Stürmen verfolgt werden, ähnlich wie Wettersatelliten die Wirbelstürme hier auf der Erde beobachten.

Die beiden anderen NASA-Orbiter, 2001 Mars Odyssey und MAVEN (Mars Atmosphere and Volatile Evolution), erlauben ebenfalls einzigartige wissenschaftliche Ansichten. Mars Odyssey besitzt eine Infrarotkamera namens THEMIS (Thermal Emission Imaging System), welche die Menge des Staubs unter ihr messen kann. MAVEN wurde dafür entwickelt, um das Verhalten der oberen Atmosphäre und das Entweichen von Gas in den Weltraum zu untersuchen.

Wissenschaftliche Forschung findet natürlich auch auf dem Boden statt. Obwohl er sich auf der anderen Seite des Planeten befindet als der sich entwickelnde Staubsturm, beginnt der Marsrover Curiosity einen erhöhten “tau”-Wert zu registrieren. Der Wert misst den Vorhang aus staubigem Dunst, der das Sonnenlicht während eines Sturms verdunkelt. Seit dem 12. Juni 2018 variierte der tau-Wert innerhalb des Gale-Kraters zwischen 1.0 und 2.0 – das sind durchschnittliche Werte in der Staubsaison, wenngleich diese Mengen normalerweise später in der Saison vorkommen.

Glücklicherweise besitzt Curiosity eine Nuklearbatterie. Das bedeutet, er ist nicht dem gleichen Risiko ausgesetzt wie der mit Sonnenenergie betriebene Rover Opportunity.

Der nächste Große?

Seit 2007 haben Marsforscher geduldig auf ein planetenweites Staubereignis gewartet, das weniger präzise als “globaler” Staubsturm bezeichnet wird, obwohl die Stürme nie wirklich den kompletten Marsglobus bedecken. Im Jahr 1971 kam einer dieser Stürme dem aber sehr nahe, als er nur die Gipfel der Vulkane in der Tharsis-Region aus dem Staub herausragen ließ.

Zeitliche Entwicklung des aktuellen Staubsturms zwischen dem 31. Mai 2018 und dem 11. Juni 2018, basierend auf Daten des Mars Reconnaissance Orbiter (MRO). Die Positionen der Marsrover sind markiert. (Credits: NASA / JPL-Caltech / MSSS)
Zeitliche Entwicklung des aktuellen Staubsturms zwischen dem 31. Mai 2018 und dem 11. Juni 2018, basierend auf Daten des Mars Reconnaissance Orbiter (MRO). Die Positionen der Marsrover sind markiert. (Anklicken für die Animation) (Credits: NASA / JPL-Caltech / MSSS)

Der aktuelle Staubsturm sei der früheste, der bislang in der nördlichen Marshemisphäre beobachtet wurde, sagte Bruce Cantor von Malin Space Science Systems, der stellvertretende wissenschaftliche Leiter des Mars Color Imager. Aber es könnte mehrere Tage dauern, bevor irgendjemand sagen kann, ob der Sturm den Planeten einhüllt. Wenn er “global” wird, wird der Sturm einen völlig neuen Blick auf das Marswetter erlauben. Vier Missionen stehen bereit, um die wissenschaftlichen Daten zu sammeln.

Das Kleingedruckte

Das Jet Propulsion Laboratory (JPL), eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena (Kalifornien), betreibt die Mars Exploration Rover Mission, das Mars Science Laboratory / den Curiosity-Rover, das Mars Reconnaissance Orbiter Project und den 2001 Mars Odyssey Orbiter für das Science Mission Directorate der NASA in Washington.

Das Goddard Space Flight Center in Greenbelt (Maryland) betreibt das MAVEN-Projekt für das Science Mission Directorate der NASA in Washington. MAVENs leitender Forscher ist am Laboratory for Atmospheric and Space Physics der University of Colorado in Boulder tätig.

Lockheed Martin Space Systems in Denver (Colorado) ist der Hauptauftragnehmer für die Odyssey-, MRO-, und MAVEN-Projekte und entwickelte und konstruierte alle drei Orbiter. Die Missionsoperationen für Odyssey und den MRO werden gemeinsam von Lockheed Martin und vom JPL durchgeführt; für MAVEN gemeinsam mit dem Goddard Space Flight Center.

Das Thermal Emission Imaging System (THEMIS) wurde von der Arizona State University in Tempe in Zusammenarbeit mit Raytheon Santa Barbara Remote Sensing entwickelt. Die THEMIS-Beobachtungen werden von Philip Christensen von der Arizona State University geleitet.

Quelle

(THK)

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