Chandra beobachtet den jungen Supernova-Überrest und Pulsar Kes 75

Der Supernova-Überrest Kes 75, basierend auf Röntgendaten von Chandra und optischen Daten. (Credits: X-ray: NASA / CXC / NCSU / S. Reynolds; Optical: PanSTARRS)
Der Supernova-Überrest Kes 75, basierend auf Röntgendaten von Chandra und optischen Daten. (Credits: X-ray: NASA / CXC / NCSU / S. Reynolds; Optical: PanSTARRS)

Wissenschaftler haben mit Daten des NASA-Weltraumteleskops Chandra die Identität des jüngsten bekannten Pulsars in der Milchstraßen-Galaxie bestätigt. Dieses Ergebnis könnte Astronomen neue Informationen darüber geben, wie manche Sterne ihr Leben beenden.

Wenn manche massereiche Sterne ihren nuklearen Brennstoff aufgebraucht haben, kollabieren sie und explodieren als Supernovae, wobei sie dichte stellare Überreste zurücklassen, die als Neutronensterne bezeichnet werden. Rasch rotierende und hochgradig magnetisierte Neutronensterne produzieren Strahlen ähnlich denen eines Leuchtturms, die Astronomen als Pulse registrieren, wenn sie aufgrund der Rotation des Pulsars die Erde überstreichen.

Seitdem Jocelyn Bell Burnell, Antony Hewish und ihre Kollegen in den 1960er Jahren zum ersten Mal Pulsare anhand ihrer Emissionen entdeckten, wurden über 2.000 dieser exotischen Objekte identifiziert. Allerdings gibt es noch viele Rätsel um Pulsare, darunter ihre vielfältigen Verhaltensweisen und die Natur der Sterne, aus denen sie entstehen.

Neue Daten von Chandra helfen dabei, einige dieser Fragen anzugehen. Ein Astronomenteam hat bestätigt, dass der Supernova-Überrest Kes 75, rund 19.000 Lichtjahre von der Erde entfernt, den jüngsten bekannten Pulsar in der Milchstraßen-Galaxie enthält.

Die schnelle Rotation und das starke Magnetfeld des Pulsars haben einen Wind aus energiereicher Materie und Antimaterieteilchen erzeugt, der mit annähernd Lichtgeschwindigkeit von dem Pulsar wegströmt. Dieser Pulsarwind hat eine große, magnetisierte Blase aus hochenergetischen Teilchen erschaffen, die den Pulsar umgibt – einen sogenannten Pulsarwindnebel. Auf dem Bild ist der Pulsarwindnebel als blaue Region erkennbar.

Auf diesem Kompositbild von Kes 75 ist die von Chandra registrierte hochenergetische Röntgenstrahlung blau dargestellt und hebt den Pulsarwindnebel hervor, der den Pulsar umgibt. Röntgenstrahlung mit geringerer Energie erscheint violett und zeigt die Überreste der Explosion. Ein optisches Bild des Sloan Digital Sky Survey offenbart Sterne in dem Gebiet.

Die Chandra-Daten aus den Jahren 2000, 2006, 2009 und 2016 zeigen Veränderungen des Pulsarwindnebels im Laufe der Zeit. Zwischen 2000 und 2016 enthüllen die Chandra-Beobachtungen, dass der äußere Rand des Pulsarwindnebels mit der bemerkenswerten Geschwindigkeit von einer Million Meter pro Sekunde oder mehr als 3,2 Millionen Kilometern pro Stunde expandiert.

Diese hohe Geschwindigkeit könnte darin begründet sein, dass der Pulsarwindnebel in eine Umgebung mit relativ geringer Dichte expandiert. Genauer gesagt vermuten Astronomen, dass er in eine Gasblase aus radioaktivem Nickel expandiert, die sich bei der Explosion bildete und dann abgestoßen wurde. Das Nickel ließ die Supernova auch strahlen, weil es in diffuses gasförmiges Eisen zerfiel, das die Blase füllte. Wenn das korrekt ist, gibt es Astronomen Einblicke in das Herz des explodierten Sterns und die Elemente, die er hervorbrachte.

Die Expansionsrate verrät Astronomen auch, dass Kes 75 von der Erde aus betrachtet vor etwa fünf Jahrhunderten explodierte. Das Objekt ist etwa 19.000 Lichtjahre entfernt, aber Astronomen beziehen sich auf den Zeitpunkt, als das Licht auf der Erde eintraf. Im Gegensatz zu anderen Supernova-Überresten aus dieser Zeit, etwa die Supernova-Überreste Tycho und Kepler, gibt es keine Belege aus historischen Aufzeichnungen, dass die Explosion, die Kes 75 erschuf, damals beobachtet wurde.

Warum wurde Kes 75 von der Erde aus nicht beobachtet? Die Chandra-Beobachtungen und frühere Beobachtungen mit anderen Teleskopen sprechen dafür, dass interstellarer Staub und Gas in unserer Galaxie in Blickrichtung des explodierten Sterns sehr dicht sind. Das hätte ihn zu schwach gemacht, um von der Erde aus vor mehreren Jahrhunderten gesehen zu werden.

Die Helligkeit des Pulsarwindnebels hat sich von 2000 bis 2016 um zehn Prozent verringert, hauptsächlich im nördlichen Gebiet. In einem hellen Knoten wurde eine 30-prozentige Abschwächung verzeichnet. Die schnellen Veränderungen, die im Pulsarwindnebel von Kes 75 beobachtet wurden, und dessen ungewöhnliche Struktur weisen auf die Notwendigkeit neuer Modelle hin, die die Entwicklung von Pulsarwindnebeln beschreiben.

Eine Abhandlung, die diese Ergebnisse beschreibt, erschien im Astrophysical Journal und ist online verfügbar. Die Autoren sind Stephen Reynolds, Kazimierz Borokowski und Peter Gwynne von der North Carolina State University. Das Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville (Alabama) leitet das Chandra-Programm für das Science Mission Directorate der Agentur in Washington. Das Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge (Massachusetts) steuert Chandras Wissenschafts- und Flugoperationen.

Quelle

(THK)

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