Forscher reproduzieren die Dynamiken astrophysikalischer Schockwellen

Ein von der NASA aufgezeichneter Sonnenflare. (Credits: NASA)
Ein von der NASA aufgezeichneter Sonnenflare. (Credits: NASA)

Hochenergetische Schockwellen von Sonnenflares und koronalen Massenauswürfen der Sonne durchqueren das Sonnensystem. Sie entfesseln magnetische Stürme im Weltraum, die Satelliten beschädigen, Kommunikationsnetze stören und Blackouts bei Stromnetzen auf der Erde hervorrufen können. Auch der Sonnenwind treibt hochenergetische Wellen an. Der Sonnenwind ist ein Plasmastrom, der kontinuierlich von der Sonne wegströmt und auf das schützende Magnetfeld der Erde trifft.

Jetzt haben Experimente von Forschern des Princeton Plasma Physics Laboratory (PPPL) des US-Energieministeriums am Princeton Center for Heliophysics erstmals den Prozess hinter der Quelle solcher Schockwellen nachgebildet. Die Ergebnisse schließen eine Lücke zwischen Labor- und Satellitenbeobachtungen und verbessern das Wissen darüber, wie das Universum funktioniert.

Plötzliche Sprünge

Die Experimente werden in den Physical Review Letters beschrieben und zeigen, wie die Interaktion des Plasmas (der Materiezustand aus freien Elektronen und Atomkernen oder Ionen) plötzliche Sprünge beim Druck und der magnetischen Feldstärke verursachen kann, was Teilchen bis auf annähernd Lichtgeschwindigkeit beschleunigen kann. Solche Schockwellen sind „kollisionslos“, weil sie durch die Wechselwirkungen von Wellen und Plasmateilchen entstehen und nicht durch Kollisionen zwischen den Teilchen selbst.

Die Forschungsarbeit erstellte Messungen der kompletten Entstehungsweise der Schockwellen. „Direkte Messungen sind ein eleganter Weg, um zu sehen, wie sich die Teilchen bewegen und interagieren“, sagte der Physiker Derek Schaeffer vom PPPL und der Princeton University, der Leiter der Studie. „Unsere Abhandlung zeigt, dass wir eine leistungsfähige Diagnostik anwenden können, um die Teilchenbewegungen zu untersuchen, die zu Schockwellen führen.“

Die Studie wurde mit der Omega Laser Facility an der University of Rochester durchgeführt. Dort wurde ein lasergetriebenes Plasma (ein sogenanntes Piston-Plasma) erzeugt, das mit Überschallgeschwindigkeit (mehr als 1,6 Millionen Kilometer pro Stunde) durch das vorher existierende ruhige Plasma expandierte. Die Expansion beschleunigte Ionen in dem ruhigen Plasma auf Geschwindigkeiten von rund 0,8 Millionen Kilometer pro Stunde und simulierte den Wegbereiter für kollisionslose Schockwellen, die im gesamten Universum auftreten.

Die Forschung lief in mehreren Phasen ab

Zuerst reproduzierte die Erschaffung des Pison-Plasmas die Überschallplasmen, die im fernen Weltraum entstehen. Das Piston-Plasma agierte wie ein Schneepflug und fegte Ionen auf, die in dem ruhigen Plasma innerhalb eines Magnetfeldes eingebettet waren.

Als mehr dieser Ionen zusammenkamen, bildeten sie eine Barriere, die das Piston-Plasma davon abhielt, weiter zu agieren. „Wenn man erst einmal genug ‚Schnee‘ aufgetürmt hat, entkoppelt sich die Schockwelle von dem Piston-Plasma“, sagte Schaeffer.

Das gestoppte Piston-Plasma übertrug die Bildung der Schockwelle auf das hochgradig komprimierte, magnetisierte Plasma, das die plötzlichen, kollisionslosen Sprünge auslöste.

Die Forscher nutzten eine Diagnostik namens Thompson-Streuung, um diese Entwicklungen zu verfolgen. Die Diagnostik registriert Laserlicht, das von den Elektronen im Plasma gestreut wird, was die Messungen der Temperatur und Dichte der Elektronen, sowie der Geschwindigkeit der Ionen ermöglicht. Die Ergebnisse zeigen den Autoren zufolge, dass Laborexperimente das Verhalten von Plasmateilchen im Vorläufer von kollisionslosen, astrophysikalischen Schockwellen untersuchen können. „Sie können die Grenzen vergleichbarer Messungen von Satellitenmissionen ergänzen und in manchen Fällen übertreffen“, so die Forscher.

Das große Ziel

Während diese Forschung den Prozess nachbildete, der Schockwellen auslöst, besteht das große Ziel darin, die von den Schockwellen beschleunigten Teilchen selbst zu messen. Für diesen Schritt könne laut Schaeffer die gleiche Diagnostik genutzt werden, wenn sie erst einmal die Fähigkeit entwickelt haben, ausreichend starke Schockwellen zu erzeugen. „Als Bonus ist diese Diagnostik vergleichbar damit, wie Satelliten Teilchenbewegungen in Schockwellen im Weltraum messen, daher können zukünftige Ergebnisse direkt verglichen werden.“

An dieser Forschungsarbeit waren Wissenschaftler des PPPL, der University of Rochester, der University of Michigan, des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der University of New Hampshire beteiligt. Unterstützung wurde vom Office of Science des US-Energieministeriums gegeben, wobei die Simulationen auf dem Titan Supercomputer an der Oak Ridge Leadership Computing Facility durchgeführt wurden, einer Einrichtung des Office of Science am Oak Ridge National Laboratory.

Quelle

(THK)

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