Kepler wird Zeuge eines Zwergnova-Superausbruchs

Illustration des neu entdeckten Zwergnova-Systems, in dem ein Weißer Zwerg Materie von einem begleitenden Braunen Zwerg abzieht. (Credits: NASA and L. Hustak (STScI))
Illustration des neu entdeckten Zwergnova-Systems, in dem ein Weißer Zwerg Materie von einem begleitenden Braunen Zwerg abzieht. (Credits: NASA and L. Hustak (STScI))

Das NASA-Weltraumteleskop Kepler wurde entworfen, um Exoplaneten zu entdecken, indem es die Helligkeitsveränderungen von Sternen während eines Planetentransits beobachtet. Zufälligerweise macht die gleiche Technik das Teleskop ideal für die Beobachtung anderer astronomischer Phänomene, die ihre Helligkeit verändern – solche, die mit der Zeit heller oder schwächer werden. Eine neue Sichtung von Kepler-Archivdaten hat einen ungewöhnlichen Superausbruch einer bislang unbekannten Zwergnova ans Tageslicht gebracht. Das System wurde in weniger als einem Tag um den Faktor 1600 heller, bevor es sich langsam abschwächte.

Das fragliche Sternsystem besteht aus einem Weißen Zwerg mit einem begleitenden Braunen Zwerg, der etwa ein Zehntel der Masse des Weißen Zwergs besitzt. Ein Weißer Zwerg ist der zurückgebliebene Kern eines alten, ehemaligen sonnenähnlichen Sterns und enthält etwa eine Sonnenmasse Materie in einer Kugel von der Größe der Erde. Ein Brauner Zwerg ist ein Objekt mit einer Masse zwischen zehn und 80 Jupitermassen, das zu klein ist, um eine stabile Wasserstofffusion zu zünden.

Der Braune Zwerg umkreist den Weißen Zwerg alle 83 Minuten in einer Entfernung von nur etwa 400.000 Kilometern – das entspricht ungefähr der Distanz zwischen Erde und Mond. Sie liegen so nah beieinander, dass die starke Gravitationskraft des Weißen Zwergs Materie von dem Braunen Zwerg abzieht. Die abgezogene Materie bildet eine Scheibe, während sie auf den Weißen Zwerg zuspiralt, eine sogenannte Akkretionsscheibe.

Es war purer Zufall, dass Kepler in die richtige Richtung blickte, als dieses System einen Superausbruch erfuhr und um mehr als das Tausendfache heller wurde. Kepler war tatsächlich das einzige Instrument, dass den Ausbruch beobachten konnte, weil das System zu dem Zeitpunkt von der Erde aus betrachtet zu nah an der Sonne stand. Keplers schnelle Beobachtungsreihen, durchgeführt alle 30 Minuten, waren entscheidend dafür, jedes Detail des Ausbruchs festzuhalten.

Das Ereignis blieb im Kepler-Archiv verborgen, bis ein Team unter Leitung von Ryan Ridden-Harper vom Space Telescope Science Institute (STScI) in Baltimore (Maryland) und der Australian National University in Canberra (Australien) es identifizierte. “In gewisser Weise entdeckten wir das System durch Zufall. Wir waren nicht auf der Suche nach einem Superausbruch. Wir haben nach jeder Art von sich verändernden Quellen gesucht”, sagte Ridden-Harper.

Kepler zeichnete das gesamte Ereignis auf und beobachtete einen langsamen Helligkeitsanstieg, gefolgt von einer schnellen Intensivierung. Obwohl das plötzliche Aufleuchten von Theorien vorausgesagt wird, bleibt die Ursache für den langsamen Beginn ein Rätsel. Standardtheorien zur Physik von Akkretionsscheiben sagen dieses Phänomen nicht voraus, das später auch bei zwei anderen Zwergnova-Superausbrüchen registriert wurde.

“Diese Zwergnova-Systeme werden seit Jahrzehnten untersucht, deshalb ist die Entdeckung von etwas Neuem recht kompliziert”, sagte Ridden-Harper. “Wir sehen Akkretionsscheiben überall – von neu entstehenden Sternen bis hin zu supermassiven Schwarzen Löchern. Deswegen ist es wichtig, sie zu verstehen.”

Die Theorien besagen, dass ein Superausbruch ausgelöst wird, wenn die Akkretionsscheibe einen Kipppunkt erreicht. Wenn sie Materie ansammelt, wächst ihre Größe, bis ihr äußerer Rand in gravitative Resonanzen mit dem umkreisenden Braunen Zwerg gerät. Das könnte eine thermale Instabilität und infolge dessen eine starke Aufheizung der Scheibe auslösen. Die Beobachtungen zeigen in der Tat, dass die Temperatur der Scheibe von etwa 2.700-5.300 Grad Celsius in ihrem Normalzustand auf 9.700-11.700 Grad Celsius zur Spitzenzeit des Superausbruchs anstieg.

Dieser Zwergnova-Typ ist relativ selten; bislang sind nur etwa 100 Systeme bekannt. Bei einzelnen Systemen können zwischen den Ausbrüchen Jahre oder Jahrzehnte vergehen, weshalb es schwer ist, sie während eines Ausbruchs zu erwischen. “Die Beobachtung dieses Objekts nährt die Hoffnung, in den Kepler-Daten weitere verborgene, seltene Ereignisse zu finden”, sagte der Co-Autor Armin Rest vom STScI.

Das Team plant, die Sichtung von Kepler-Daten und Daten eines anderen Exoplaneten-Jägers, dem Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS), fortzusetzen und nach anderen Systemen zu suchen. “Die kontinuierlichen Beobachtungen dieser dynamischen Sternsysteme durch Kepler/K2 und jetzt TESS erlauben uns, die ersten Stunden des Ausbruchs zu untersuchen – ein Zeitraum, der für bodengestützte Observatorien fast unmöglich zu erreichen ist”, sagte Peter Garnavich von der University of Notre Dame in Indiana.

Die Forschungsarbeit wurde am 21. Oktober 2019 in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht.

Quelle

(THK)

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