Ungewöhnliche Sternbahnen im Zentrum der Milchstraße

Hubble-Aufnahme eines Systems, das dem Mikrogravitationslinseneffekt unterliegt. Die Linse und die Quellkomponenten (A und B) sind auf dem späteren Bild gut erkennbar. (Credits: NASA / Hubble)
Hubble-Aufnahme eines Systems, das dem Mikrogravitationslinseneffekt unterliegt. Die Linse und die Quellkomponenten (A und B) sind auf dem späteren Bild gut erkennbar. (Credits: NASA / Hubble)

Die Bahn eines Lichtstrahls wird durch die Präsenz von Masse gebeugt, wie von der allgemeinen Relativitätstheorie erklärt wird. Ein massereicher Körper kann daher wie eine Linse agieren, um das Bild eines Objektes hinter ihm zu verzerren, eine sogenannte Gravitationslinse. Mikrogravitationslinsen sind ein verwandtes, Phänomen: Wenn ein sich bewegender kosmischer Himmelskörper, welcher als Gravitationslinse agiert, die Intensität des Lichts von einem Hintergrundstern kurzzeitig verändert, entsteht ein kurzer Lichtblitz.

Vor etwa 50 Jahren sagten Wissenschaftler voraus, dass eine Parallaxenmessung die Entfernung des dunklen Objekts bestimmen würde, wenn es jemals möglich werden würde, einen Mikrogravitationslinsenblitz von zwei weit auseinander liegenden Punkten zu beobachten. Das Weltraumteleskop Spitzer umkreist die Sonne in der Entfernung der Erde, aber läuft ihr rund ein Viertel ihres Orbits hinterher, und tat genau das in Zusammenarbeit mit bodengestützten Teleskopen. Im letzten Monat wurde es von der NASA aus Kostengründen außer Betrieb gestellt.

Die CfA-Astronomin Jennifer Yee ist Mitglied eines großen internationalen Astronomenteams, das parallaktische Mikrogravitationslinsenmessungen kleiner stellarer Objekte vornimmt. Die Technik ist ein leistungsfähiges Hilfsmittel, um isolierte Objekte wie freie (nicht an einen Stern gebundene) Planeten, Braune Zwerge, massearme Sterne und Schwarze Löcher zu untersuchen. Am unteren Ende des Massenbereichs hat die Mikrogravitationslinsentechnik bereits mehrere freie Planetenkandidaten registriert, darunter mehrere mögliche Objekte mit ungefähr Erdmasse.

Solche Entdeckungen sind entscheidend für die Prüfung von Theorien über den Ursprung und die Entwicklung freier Planeten. Beobachtungen von massereicheren Objekten wie isolierten Braunen Zwergen haben einige Objekte identifiziert, die in gewisser Weise entgegen der Richtung der normalen Sterne in der galaktischen Scheibe kreisen. Objekte mit stellaren Massen, die mittels der Mikrogravitationslinsentechnik gefunden wurden, offenbaren stellare Schwarze Löcher und Neutronensterne.

Neue Parallaxenmessungen mittels des Mikrogravitationslinseneffekts konnten die Massen und Entfernungen von zwei kleinen, isolierten Sternen bestimmen. Einer besitzt eine Masse von 0,6 Sonnenmassen und liegt rund 23.700 Lichtjahre von uns entfernt. Das Modell für den zweiten Planeten ist widersprüchlich: Entweder ist er 0,40 Sonnenmassen schwer und etwa 24.800 Lichtjahre entfernt, oder er ist 0,38 Sonnenmassen schwer und 24.300 Lichtjahre entfernt. Beide Sterne sind Rote Riesen und liegen in der erdnussförmigen, rund zehn Milliarden Jahre alten zentralen Sternansammlung (“Bulge”) der Milchstraßen-Galaxie. Die neuen Ergebnisse und sechs frühere Parallaxenmessungen mit der Mikrogravitationslinsentechnik unterstützen aktuelle Modelle zur Entwicklung unserer Galaxie und ihrer zentralen Sternansammlung.

Abhandlung: “Spitzer Microlensing Parallax Reveals Two Isolated Stars in the Galactic Bulge” von Weicheng Zang et al., ApJ 891, 3, 2020.

Quelle

(THK)

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