Kalte Molekülwolken als Detektoren für kosmische Strahlen

Kompositbild der Dunkelwolke Barndard 68, basierend auf sichtbaren und nahinfraroten Wellenlängen. (Credits: ESO; VLT / ANTU and FORS1)
Kompositbild der Dunkelwolke Barndard 68, basierend auf sichtbaren und nahinfraroten Wellenlängen. (Credits: ESO; VLT / ANTU and FORS1)

Die Ionisation des neutralen Gases in einer interstellaren Molekülwolke spielt eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der Wolke und hilft bei der Regulierung der Aufheizungs- und Abkühlungsprozesse, der chemischen Zusammensetzung und Molekülbildung und der Bindung des Gases an magnetische Felder. Normalerweise liefert Sternlicht diese ultraviolette Strahlung, aber dies ist hauptsächlich auf lokale Regionen in der Nähe massereicher Sterne begrenzt. Beim Großteil des neutralen Gases in der Milchstraßen-Galaxie wird die Ionisation durch kosmische Strahlen von geringer Energie, schnelle Protonen oder Atomkerne gesteuert.

Direkte Beobachtungen von der Erde aus können nur hochenergetische kosmische Strahlen untersuchen, weil der Sonnenwind das Eindringen kosmischer Strahlen in das Sonnensystem verhindert. Aber in den letzten Jahrzehnten wurde die gesamte Ionisationsrate aufgrund kosmischer Strahlen indirekt mit Beobachtungen bestimmter Moleküle und Ionen geschätzt. Diese Werte stützen sich jedoch auf einige unsichere Schätzungen der Gasdichten, der chemischen Reaktionsraten und nicht zuletzt der Menge der dominanten Molekülart – molekularer Wasserstoff.

Die Masse der Molekülwolken wird von molekularem Wasserstoff dominiert. Das Gas in diesen Wolken ist sehr kalt, vielleicht nur einige Zehntel Grad über dem absoluten Nullpunkt, und die Wasserstoffmoleküle befinden sich in ihrem ruhigsten Zustand. Schockwellen, die das Gas durchlaufen, können die Moleküle temporär aufheizen. Die Strahlung, die sie dann bei der Abkühlung emittieren, wird seit Jahrzehnten beobachtet.

Ultraviolettes Licht kann das Gas ebenfalls zum Leuchten anregen. Aber Schockwellen sind selten und ultraviolette Strahlung kann nicht in die Tiefen dieser kalten Wolken vordringen. Kosmische Strahlen können diese Wolken durchdringen, daher vermutet man, dass sie die Ionisation und Anregung des molekularen Wasserstoffs dominieren.

Der Astronom Shmuel Bialy vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) hat die Emissionslinien von molekularem Wasserstoff in kalten, von kosmischen Strahlen angeregten Wolken modelliert. Er stellte fest, dass die hellsten Emissionen von den Linien mit nahinfraroten Wellenlängen stammen und aus den Schwingungen und der Rotation dieser Moleküle hervorgehen. Anhand der Verhältnisse der Linienstärken konnte er bestimmen, ob die Moleküle durch kosmische Strahlen angeregt wurden und deren Stärke feststellen.

Die Beobachtung dieser Linien in Wolken in der Milchstraßen-Galaxie könnte Informationen darüber liefern, wie effektiv die kosmischen Strahlen die Wolken durchdringen und die Wolkenbildungsprozesse begrenzen, und wie sehr die kosmischen Strahlen zwischen den verschiedenen Regionen in der Milchstraßen-Galaxie variieren.
Abhandlung: „Cold Clouds as Cosmic-Ray Detectors“ von Shmuel Bialy, Communications Physics 3:32, 2020.

Quelle

(THK)

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