Fermi bestätigt Supernova-Überrest als Quelle für extreme kosmische Teilchen

Illustration des Fermi Gamma-ray Space Telescope bei der Arbeit. (Credits: NASA's Goddard Space Flight Center Conceptual Image Lab)
Illustration des Fermi Gamma-ray Space Telescope bei der Arbeit. (Credits: NASA's Goddard Space Flight Center Conceptual Image Lab)

Astronomen haben lange nach den Startrampen für einige der energiereichsten Protonen in unserer Galaxie gesucht. Jetzt bestätigt eine Studie basierend auf zwölf Beobachtungsjahren mit dem Fermi Gamma-ray Space Telescope der NASA, dass ein Supernova-Überrest genau so etwas ist.

Fermi hat gezeigt, dass die Schockwellen explodierter Sterne Teilchen auf annähernd Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Diese Teilchen werden als kosmische Strahlen bezeichnet und sind meistens Protonen, aber es können auch Atomkerne oder Elektronen sein. Weil sie alle eine elektrische Ladung tragen, werden ihre Bahnen verändert, während sie sich durch das Magnetfeld unserer Galaxie bewegen. Weil wir nicht mehr sagen können, aus welcher Richtung sie ursprünglich kamen, wird ihre Herkunft dadurch verschleiert. Aber wenn diese Teilchen mit interstellarem Gas in der Nähe des Supernova-Überrests kollidieren, produzieren sie ein verräterisches Leuchten im Gammabereich, der energiereichsten Form von Licht.

“Theoretiker vermuten, dass die energiereichsten Protonen von kosmischen Strahlen in der Milchstraße eine Million Milliarden Elektronenvolt (Petaelektronenvolt, PeV) erreichen”, sagte Ke Fang, eine Assistenzprofessorin für Physik an der University of Wisconsin in Madison. “Die genaue Natur ihrer Quellen, die wir als PeVatronen bezeichnen, war schwer zu ermitteln.”

Die Teilchen werden von chaotischen Magnetfeldern gefangen und durchqueren wiederholt die Schockwelle der Supernova, so dass sie mit jeder Passage an Geschwindigkeit und Energie gewinnen. Letztendlich kann der Supernova-Überrest sie nicht länger halten und sie entkommen in den interstellaren Weltraum. Beschleunigt auf das Zigfache der Energie des weltweit leistungsfähigsten Teilchenbeschleunigers, dem Large Hadron Collider, sind PeV-Protonen nah daran, unsere Galaxie zu verlassen.

Astronomen haben einige vermutete PeVatronen identifiziert, darunter eins im Zentrum unserer Galaxie. Supernova-Überreste stehen auf der Liste der Kandidaten ganz oben. Trotzdem hat man unter den etwa 300 bekannten Überresten nur ein paar gefunden, die Gammastrahlen mit ausreichend hohen Energien emittieren.

Ein besonderer Supernova-Überrest hat viel Aufmerksamkeit von Astronomen bekommen, die Gammastrahlung untersuchen. G106.3+2.7, so seine Katalogbezeichnung, ist eine kometenförmige Wolke rund 2.600 Lichtjahre entfernt im Sternbild Kepheus. Ein heller Pulsar liegt am nördlichen Ende des Supernova-Überrests und Astronomen vermuten, dass beide Objekte bei derselben Explosion entstanden.

Fermis Large Area Telescope (LAT), sein Hauptinstrument, registrierte Gammastrahlen im Bereich von einer Milliarde Elektronenvolt (Gigaelektronenvolt, GeV) aus dem Schweif des Supernova-Überrests. Zum Vergleich: Die Energie von sichtbarem Licht liegt zwischen zwei und drei Elektronenvolt. Das Very Energetic Radiation Imaging Telescope Array System (VERITAS) am Fred Lawrence Whipple Observatory im Süden Arizonas zeichnete sogar noch energiereichere Gammastrahlen aus derselben Region auf. Und sowohl das High-Altitute Water Cherenkov Gamma-Ray Observatory in Mexiko als auch das Tibet AS-Gamma Experiment in China haben Photonen mit Energien von 100 Billionen Elektronenvolt (Teraelektronenvolt, TeV) aus dem von Fermi und VERITAS beobachteten Gebiet registriert.

“Dieses Objekt ist jetzt seit einer Weile von großem Interesse, aber um es als PeVatron zu krönen, müssen wir beweisen, das es Protonen beschleunigt”, erklärte die Co-Autorin Henrike Fleischhack von der Catholic University of America in Washinton und dem Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). “Der Haken ist, dass Elektronen, die auf ein paar Hundert Teraelektronenvolt beschleunigt wurden, ebenfalls die gleiche Emission produzieren können. Jetzt, mit der Hilfe von zwölf Fermi-Beobachtungsjahren, denken wir Gründe dafür geliefert zu haben, dass G106.3+2.7 tatsächlich ein PeVatron ist.”

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Video-Link: https://youtu.be/oYm-0MX_3HE

 

Eine von Fang geleitete Studie, die die Ergebnisse detailliert beschreibt, wurde am 10. August 2022 im Journal Physical Review Letters veröffentlicht.

Der Pulsar J2229+6114 emittiert seine eigenen Gammastrahlen während er rotiert, ähnlich wie ein Leuchtturm. Sein Leuchten dominiert die Region bis in Energien von einigen Gigaelektronenvolt. Der Großteil seiner Emission tritt in der ersten Hälfte seiner Rotation auf. Das Team schaltete den Pulsar effektiv ab, indem es nur Gammastrahlen analysierte, die aus dem letzten Teil der Rotation stammten. Unterhalb von zehn Gigaelektronenvolt gibt es keine signifikanten Emissionen aus dem Schweif des Supernova-Überrests.

Oberhalb dieser Energie sind die Interferenzen des Pulsars vernachlässigbar und die zusätzliche Quelle wird ständig sichtbar. Die genaue Analyse des Teams bevorzugt PeV-Protonen als die Teilchen, die diese Gammaemissionen hervorrufen.

“Bislang ist G106.3+2.7 einzigartig, aber er könnte sich als das hellste Mitglied einer neuen Population von Supernova-Überresten herausstellen, die Gammastrahlen im Bereich von TeV-Energien emittieren”, sagte Fang. “Durch zukünftige Beobachtungen mit Fermi und anderen Gamma-Observatorien könnten weitere gefunden werden.”

Quelle

(THK)

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