Auf der Spur der magnetischen Rekonnexion in extremen Umgebungen

Matthew Goodbred, der Co-Autor der neuen Studie über rasche Rekonnexion in der Nähe extrem kompakter Himmelskörper. (Photo by Katie Lenhart)
Matthew Goodbred, der Co-Autor der neuen Studie über rasche Rekonnexion in der Nähe extrem kompakter Himmelskörper. (Photo by Katie Lenhart)

Neutronensterne und Schwarze Löcher mögen stellare Leichen sein, aber sie gehören zu den aktivsten Himmelskörpern. Sie produzieren mit die energiereichste Strahlung, die jemals beobachtet wurde, und Wissenschaftler haben lange über die Physik gerätselt, die den Prozessen hinter ihren energiereichen Emissionen zugrunde liegt.

In einer kürzlich im Journal Physical Review Letters veröffentlichten Studie haben ein Physik-Student und ein Assistenzprofessor vom Dartmouth College eine neue Theorie vorgeschlagen, die erklärt, wie magnetische Energie sehr rasch als Explosionsenergie in Form von geladenen Teilchen in diesen extremen Umgebungen freigesetzt werden kann.

Vergleichbare magnetische Explosionen treten auch näher an unserer Heimat auf und erzeugen Flares auf der Sonne und infolge dessen Nordlichter auf der Erde. Sie können beobachtet werden, wo geladene Gase – Plasma genannt – vorkommen; sogar in einem Labor, sagte Matthew Goodbred, der Hauptautor der Studie.

Die Elektronen und Ionen in einem Plasma bewegen sich entlang magnetischer Feldlinien, die normalerweise getrennt bleiben. Wenn die Linien, die in entgegengesetzte Richtungen weisen, sich einander nähern, können sie jedoch verschmelzen und auseinanderspringen, was eine große Menge Energie freisetzt, die die Plasmateilchen auf sehr hohe Geschwindigkeiten beschleunigt. Das ist ein gut untersuchtes Phänomen, welches als magnetische Rekonnexion bezeichnet wird.

In diesem Jahr präsentierte der Assistenzprofessor für Physik und Astronomie und Co-Autor Yi-Hsin Liu eine Erklärung für den Prozess, der die Rekonnexionsrate in Sonneneruptionen beschleunigt. Auf dieser Arbeit aufbauend wollte Goodbred die Rekonnexionsmechanismen von einigen der dichtesten Objekte im Universum untersuchen – zum Beispiel von Neutronensternen, die durch den Kollaps massereicher Sterne entstehen, nachdem sie ihren Brennstoff aufgebraucht haben.

“Astrophysikalische Umgebungen, insbesondere um Neutronensterne und Schwarze Löcher, sind wegen ihrer starken Magnetfelder besonders”, sagte Goodbred, der während der Pandemie im Sommer 2020 die Zusammenarbeit mit Liu begann.

Ihr Plasma ist ebenfalls anders und besteht aus Elektronen und ihren Antimaterie-Pendants, die beide dieselbe Masse besitzen. Das solare Plasma besteht dagegen aus Protonen und Elektronen, die sehr unterschiedliche Massen haben, so dass die Physik in den beiden Szenarien verschieden ist.

Für eine mathematische Beschreibung der Rekonnexion in solchen Umgebungen betrachtete Goodbred den Energiefluss am Ort der Rekonnexion. Sein Modell sagt voraus, dass die Umkehr des unterstützenden Magnetfeldes bei einem extrem starken Magnetfeld nur möglich ist, wenn es dort eine große Menge schneller Teilchen gibt, die elektrischen Strom transportieren können.

Die Stromträger in dem Plasma tragen einen Großteil der Energie weg und erzeugen einen Unterdruck, der rasch das umgebende Magnetfeld “anzieht” und damit den Weg zur sehr schnellen Rekonnexion bereitet.

“Diese neue Ableitung liefert die erste Theorie, die einzig von den grundlegenden physikalischen Gesetzen ausgeht, welche die schnelle Rekonnexionsrate in solchen Systemen erklären und die in allen bisherigen kinetischen Simulationen beobachtet, aber nicht wirklich erklärt wurde”, sagte Liu.

Die Vorhersagen des Modells wurden auch durch Simulationen unterstützt, die die Autoren durchführten.

“Ich finde dieses Phänomen der Rekonnexion wirklich sehr faszinierend – insbesondere wenn es auf astrophysikalische Situationen angewandt wird, bei denen es so schwer ist, sich die Maßstäbe und die Kraft dieser explosiven Ereignisse vorzustellen, die überall im Universum stattfinden”, sagte Goodbred.

Goodbred, der bei Nashville (Tennessee) aufwuchs, plant nach dem Abschluss ein Brückenjahr und freut sich darauf, seine Liebe für die Natur zu vertiefen, während er sich auf die Graduiertenschule vorbereitet und einen Doktortitel anstrebt. Er genießt die theoretische Arbeit, weil es sich kreativ anfühlt. “Es gibt bei der Lösung eines Problems viele mögliche Wege zu erkunden und es ist erfreulich, diese Möglichkeiten zu einer endgültigen Theorie einzugrenzen”, sagte er.

Quelle

(THK)

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