Diese Spiralgalaxien faszinieren ganz schnell. Man folgt ihren klar definierten, von Sternen durchsetzten Armen bis zu ihren Zentren, wo es alte Sternhaufen oder manchmal auch aktive supermassive Schwarze Löcher geben könnte. Nur das James Webb Space Telescope kann hochgradig detaillierte Szenen naher Galaxien in einer Kombination aus nah- und mittelinfraroten Wellenlängen aufnehmen und eine Reihe dieser Bilder wurde kürzlich veröffentlicht.
Die Webb-Bilder sind Teil eines umfangreichen Langzeitprojekts, dem Physics at High Angular resolution in Nearby GalaxieS (PHANGS) Programm, das von mehr als 150 Astronomen weltweit unterstützt wird. Bevor Webb diese Bilder aufnahm, war PHANGS bereits randvoll mit Daten des Weltraumteleskops Hubble, des Multi-Unit Spectroscopic Explorer am Very Large Telescope und des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array. Dazu gehören Beobachtungen im sichtbaren Spektrum, im Ultraviolett- und im Radiobereich. Webbs nah- und mittelinfrarote Daten haben mehrere neue Teile des Puzzles geliefert.
“Webbs neue Bilder sind außergewöhnlich”, sagte Janice Lee, eine Projektwissenschaftlerin für strategische Initiativen am Space Telescope Science Institute (STScI) in Baltimore. “Sie sind sogar für Forscher verblüffend, die dieselben Galaxien seit Jahrzehnten untersuchen. Blasen und Filamente sind bis in die kleinsten, jemals beobachteten Skalen aufgelöst und erzählen eine Geschichte über den Kreislauf der Sternentstehung.”
Als die Bilder reinkamen, geriet das Team schnell in Aufregung. “Ich fühle mich, als würde unser Team in einem konstanten Zustand der Überwältigung leben, positiv gemeint, aufgrund der Detailfülle in diesen Bildern”, sagte Thomas Williams, ein Postdoktorand an der University of Oxford in Großbritannien.
Den Spiralarmen folgen
Webbs NIRCam (Near-Infrared Camera) fotografierte Millionen Sterne auf diesen Bildern, die in blauen Farbtönen funkeln. Einige Sterne sind in den Spiralarmen zerstreut, aber andere sind in Sternhaufen eng gebunden.
Die Daten von Webbs Mid-Infrared Instrument (MIRI) heben leuchtenden Staub hervor und zeigen uns, wo er um die Sterne und zwischen ihnen existiert. Sie betonen außerdem die Sterne, die noch nicht voll entwickelt sind und noch in die Gas- und Staubhüllen eingebettet sind, die ihr Wachstum nähren, so wie helle rote Samen auf den Spitzen staubiger Gipfel. “Dort finden wir die jüngsten, massereichsten Sterne in den Galaxien”, sagte Erik Rosolowsky, ein Physik-Professor an der University of Alberta in Edmonton (Kanada).
Noch etwas anderes, das Astronomen fasziniert? Die Bilder zeigen große, kugelförmige Hüllen in dem Gas und Staub. “Diese Löcher könnten durch einen oder mehrere explodierende Sterne entstanden sein, die gigantische Löcher in der interstellaren Materie ausgehöhlt haben”, erklärte Adam Leroy, ein Astronomie-Professor an der Ohio State University in Columbus.
Wenn man die Spiralarme zurückverfolgt, findet man große Regionen aus Gas in roten und orangen Farbtönen. “Diese Strukturen tendieren dazu, denselben Mustern in bestimmten Bereichen der Galaxien zu folgen”, sagte Rosolowsky. “Wir betrachten sie als Wellen und ihr Abstand verrät uns viel darüber, wie eine Galaxie ihr Gas und ihren Staub verteilt.” Die Untersuchung dieser Strukturen wird Schlüsseleinblicke in die Art und Weise geben, wie Galaxien die Sternentstehung aufbauen, erhalten und beenden.
In das Innere abtauchen
Die Belege zeigen, dass Galaxien von innen nach außen wachsen. Die Sternentstehung beginnt in den Kernen der Galaxien und breitet sich entlang ihrer Arme spiralförmig vom Zentrum aus. Je weiter ein Stern vom Kern der Galaxie entfernt ist, desto wahrscheinlicher ist er jünger. Im Gegensatz dazu sind die Gebiete nahe der Kerne, die wie von einem blauen Scheinwerfer angestrahlt aussehen, Populationen mit älteren Sternen.
Was ist mit den Galaxienkernen, die pinkfarbene und rote Beugungsspikes aufweisen? “Das ist ein klares Indiz dafür, dass es dort ein aktives supermassereiches Schwarzes Loch geben könnte”, sagte Eva Schinnerer vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg (Deutschland). “Oder die Sternhaufen in Richtung des Zentrums sind so hell, dass sie den Teil des Bildes gesättigt haben.”
Forschung in Hülle und Fülle
Es gibt viele Forschungszweige, die Wissenschaftler mit den kombinierten PHANGS-Daten beschreiten können, aber die beispiellose Anzahl der von Webb aufgelösten Sterne ist ein großartiger Startpunkt. “Sterne können Milliarden oder Billionen Jahre lang existieren”, sagte Leroy. “Durch die präzise Katalogisierung aller Sterntypen können wir einen zuverlässigeren Blick auf ihre Lebenszyklen aufbauen.”
Neben diesen Bildern hat das PHANGS-Team auch den bislang umfangreichsten Katalog von rund 100.000 Sternhaufen veröffentlicht. “Die Menge der Analysen, die mit diesen Bildern durchgeführt werden können, ist wesentlich größer als alles, was unser Team schaffen könnte”, sagte Rosolowsky erfreut. “Wir sind gespannt, die Gemeinschaft zu unterstützen, so dass alle Forscher Beiträge leisten können.
Weitere Versionen der Bilder:
https://webbtelescope.org/contents/news-releases/2024/news-2024-105#section-id-2
(THK)
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