Eine etwa 23 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxie ist der Ort dieses beeindruckenden, anhaltenden Feuerwerks. Anstelle von Pappe, Schießpulver und Feuer sind an dieser galaktischen Lichtshow jedoch ein gigantisches Schwarzes Loch, Schockwellen und umfangreiche Gasvorkommen beteiligt.
Das hier gezeigte galaktische Feuerwerk findet in NGC 4258 (auch bekannt als M106) statt, einer Spiralgalaxie wie unserer Milchstraßen-Galaxie. Diese Galaxie ist allerdings für etwas berühmt, was unsere Galaxie nicht hat: zwei zusätzliche Spiralarme, die in optischen Wellenlängen, Röntgenwellenlängen und Radiowellenlängen leuchten. Diese Strukturen – anormale Spiralarme – sind nicht an der Ebene der Galaxie ausgerichtet, sondern durchschneiden sie.
Die anormalen Spiralarme sind auf diesem neuen Kompositbild von NGC 4258 zu sehen, wobei die Röntgendaten des Chandra X-ray Observatory der NASA blau gekennzeichnet sind. Radiodaten des Karl Jansky Very Large Array der National Science Foundation sind in violett dargestellt und optische Daten des Hubble Space Telescope sind gelb und blau markiert. Infrarotdaten des Spitzer Space Telescope sind rot.
Eine neue Untersuchung dieser anormalen Spiralarme mit Spitzer zeigt, dass Schockwellen, die mit Überschallknallen von Überschallflugzeugen vergleichbar sind, große Mengen Gas (äquivalent zu rund zehn Millionen Sonnenmassen) aufheizen. Was erzeugt diese Schockwellen?
Die Radiodaten zeigen, dass das supermassive Schwarze Loch im Zentrum von NGC 4258 energiereiche Jets aus hochenergetischen Teilchen produziert. Wissenschaftler vermuten, dass diese Jets die Scheibe der Galaxie treffen und Schockwellen erzeugen. Diese Schockwellen heizen wiederum einen Teil des Gases, welches hauptsächlich aus Wasserstoffmolekülen besteht, auf tausende Grad Celsius auf. Wie in dem untenstehenden Kompositbild zu erkennen ist, stammen die Anhaltspunkte für diesen Aufheizungsprozess teilweise aus der Übereinstimmung zwischen den Positionen der Wasserstoff- und der Röntgenemissionen, die vermutlich beide durch Schockwellen und die Radiojets erzeugt werden.
Die Chandra-Aufnahme enthüllt riesige Blasen aus heißem Gas ober- und unterhalb der galaktischen Ebene. Die Blasen sprechen dafür, dass ein Großteil des Gases, das ursprünglich in der Scheibe der Galaxie vorhanden war, auf Millionen Grad Celsius aufgeheizt und durch die Jets des Schwarzen Lochs in die äußeren Bereiche geschleudert wurde.
Der durch die Jets hervorgerufene Ausstoß von Gas aus der Scheibe hat starke Auswirkungen auf das Schicksal dieser Galaxie. Forscher schätzen, dass all das übriggebliebene Gas innerhalb der nächsten 300 Millionen Jahre (in kosmischen Maßstäben sehr bald) ausgestoßen werden wird, sofern es nicht irgendwie wieder aufgefüllt wird. Weil das meiste Gas in der Galaxie bereits ausgestoßen wurde, steht weniger Gas für die Bildung neuer Sterne zur Verfügung. Die Forscher verwendeten Spitzer, um abzuschätzen, dass die Sternentstehungsrate in den Zentralregionen von NGC 4258 etwa zehnmal kleiner ist als jene in unserer Milchstraßen-Galaxie.
Das Herschel Space Observatory der European Space Agency (ESA) wurde benutzt, um die Schätzung zu bestätigen, die anhand der Spitzer-Daten von der geringen Sternentstehungsrate in den Zentralregionen von NGC 4258 erstellt wurde. Herschel wurde außerdem dazu verwendet, eine unabhängige Schätzung darüber abzugeben, wie viel Gas im Zentrum der Galaxie verblieben ist. Nachdem die Schockwellen den starken Anstieg von Infrarotemissionen erzeugt hatten, stellten die Forscher fest, dass die Gasmasse zehnmal geringer ist, als sie bislang angenommen hatten.
Video-Link: https://youtu.be/QyK6wj5Ffw4
Podcast: A Tour of M106 (NASA / JPL-Caltech)
Weil NGC 4258 relativ nah an der Erde liegt, können Astronomen detailliert untersuchen, wie dieses Schwarze Loch seine Galaxie beeinflusst. Das supermassive Schwarze Loch im Zentrum von NGC 4258 ist etwa zehnmal massereicher als das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraßen-Galaxie und sammelt Materie mit einer höheren Rate an, was seinen Einfluss auf die Entwicklung seiner Heimatgalaxie möglicherweise verstärkt.
Die Ergebnisse der Studie wurden am 20. Juni 2014 in den Astrophysical Journal Letters veröffentlicht und sind online verfügbar. Die Autoren sind Patrick Ogle, Lauranne Lanz und Philip Appleton vom California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena (Kalifornien).
Das Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville (Alabama) leitet das Chandra-Programm für das Science Mission Directorate in Washington. Das Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge (Massachusetts) steuert die Wissenschafts- und Flugoperationen Chandras.
Quelle: http://www.chandra.harvard.edu/photo/2014/m106/
(THK)
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