Eine neue Methode zur Massenbestimmung junger Pulsare

Schematische Darstellung eines Pulsars mit seinem Magnetfeld und der emittierten elektromagnetischen Strahlung. (NASA)
Schematische Darstellung eines Pulsars mit seinem Magnetfeld und der emittierten elektromagnetischen Strahlung. (NASA)

Forscher der University of Southampton haben eine neue Methode entwickelt, um die Masse von Pulsaren zu messen. Pulsare sind stark magnetisierte, rotierende Neutronensterne – Überreste von massereichen Sternen, die nach einer Supernova-Explosion zurückbleiben.

Bis jetzt haben Wissenschaftler die Masse von Sternen, Planeten und Monden gemessen, indem sie deren Bewegung in Relation zu anderen nahen Objekten untersuchten. Als Grundlage für ihre Berechnungen diente die gravitative Anziehung zwischen den Objekten. Für junge Pulsare haben Mathematiker der University of Southampton jetzt eine neue Möglichkeit gefunden, um deren Massen zu bestimmen, sogar wenn sich ein Stern allein durch den Weltraum bewegt.

Dr. Wynn Ho von der mathematischen Fakultät an der University of Southampton leitete die Forschungsarbeit und sagte: „Bei Pulsaren konnten wir statt der Gravitation Prinzipien aus der Kernphysik nutzen, um ihre Massen zu bestimmen – ein aufregender Durchbruch, der das Potenzial hat, die Art und Weise zu revolutionieren, wie wir diese Berechnungen durchführen.“

Dr. Cristobal Espinoza von der Pontificia Universidad Catolica de Chile erklärte weiter: „Alle bisherigen präzisen Messungen von Pulsarmassen wurden an Sternen durchgeführt, die ein anderes Objekt umkreisen. Dabei kamen die gleichen Techniken zum Einsatz, die für die Bestimmung der Massen von Erde und Mond oder für die Entdeckung der ersten Exoplaneten verwendet wurden. Unsere Methode ist ganz anders und kann für isolierte Pulsare genutzt werden.“

Pulsare emittieren einen rotierenden Strahl aus elektromagnetischer Strahlung, der von Teleskopen registriert werden kann, wenn er die Erde überstreicht, ähnlich wie die Beobachtung des Lichtstrahls von einem Leuchtturm. Sie sind für ihre unglaublich stabile Rotationsgeschwindigkeit bekannt, aber junge Pulsare erfahren gelegentlich sogenannte „Glitches“, bei denen sie für eine sehr kurze Zeitperiode beschleunigen. Die vorherrschende Theorie besagt, dass diese Glitches entstehen, wenn ein schnell rotierendes Suprafluid innerhalb des Sterns seine Rotationsenergie auf die Kruste des Sterns überträgt. Die Kruste ist die Komponente, die bei den Beobachtungen untersucht wird.

Nils Andersson, Professor für angewandte Mathematik an der University of Southampton, erklärte: „Man stelle sich den Pulsar wie eine Suppenschüssel vor, wobei die Schüssel mit einer Geschwindigkeit rotiert und die Suppe darin sich schneller dreht. Reibung zwischen der Innenseite der Schüssel und ihrem Inhalt – der Suppe – wird die Schüssel beschleunigen lassen. Je mehr Suppe dort ist, desto schneller wird die Schüssel rotieren.“

Dr. Ho hat mit seinem Kollegen Professor Andersson und den externen Forschern Dr. Espinoza und Dr. Danai Antonopoulou von der University of Amsterdam zusammengearbeitet und neue Radio- und Röntgendaten genutzt, um ein neues mathematisches Modell zu entwickeln, das zur Bestimmung der Masse von Pulsaren mit Glitches eingesetzt werden kann. Die Theorie stützt sich auf ein genaues Verständnis der Suprafluidität. Die Intensität und Frequenz der Pulsarglitches hängen von der Menge des Suprafluids in dem Stern und von der Mobilität der suprafluiden Wirbel in ihm ab. Durch Kombination von Beobachtungsdaten und der beteiligten Kernphysik kann man die Masse des Sterns bestimmen.

Die Ergebnisse des Teams haben bedeutende Auswirkungen auf die nächste Generation von Radioteleskppen, die derzeit von großen, internationalen Kollaborationen entwickelt werden, beispielsweise das Square Kilometre Array (SKA) und das Low Frequency Array (LOFAR). Die University of Southampton ist eine Partneruniversität der Projekte in Großbritannien. Die Entdeckung und Überwachung vieler weiterer Pulsare ist eines der wissenschaftlichen Hauptziele dieser Projekte.

„Unsere Ergebnisse liefern einen spannenden neuen Zusammenhang zwischen der Untersuchung entfernter astronomischer Objekte und der Laborarbeit sowohl in der Hochenergie- als auch in der Niedrigtemperaturphysik. Sie sind ein großartiges Beispiel für interdisziplinäre Wissenschaft“, sagte Professor Andersson.

Das Team unter Leitung der University of Southampton hat eine Abhandlung verfasst, welche die Arbeit beschreibt. Sie wurde im Journal Science Advances veröffentlicht und trägt den Titel „Pinning down the superfluid and measuring masses using pulsar glitches„.

Quelle: http://www.southampton.ac.uk/news/2015/10/weigh-a-star.page

(THK)

Werbung

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*